13.01.2012

Der abrahamitische Bund: Ich will segnen … und verfluchen - Teil 4

«Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf der Erde!» (1.Mo 12,3).
Sowohl Jesaja als auch Hesekiel enthalten lange Passagen mit Prophetien von Gottes Gericht über die Heiden, die Israel angegriffen hatten. Beide Propheten stellen also nicht nur die Sünde Judas bzw. Israels bloss, sondern verkündigen entsprechend 1. Mose 12,3 das Gericht über alle Nationen, die bis dahin Israel attackiert hatten. Es sollte uns nicht mehr überraschen, dass Gott ausführt, was Er bezüglich der Feinde Israels versprochen hat. Allerdings verkündete Er zuerst Sein Gericht über Israel, und obwohl manches dafür spricht, dass das Gericht über die einzelnen heidnischen Völker nahe bevorstand, sahen beide Propheten weit über ihre Zeit hinaus auf das von Gott angekündigte Endgericht. Dem Abschnitt Jesaja 13-23 folgt mit Jesaja 24-27 die sogenannte «Apokalypse des Jesaja» auf dem Fuss; in diesen Kapiteln finden wir viele Parallelen zu den Ereignissen, die Gott später in der Offenbarung an Johannes enthüllte.
In diesen Prophetien über die Heiden finden zwei der Feinde Israels besondere Beachtung: Babylon (Jes 13-14) und Tyrus (Hes 26-28), eine Küstenstadt nördlich von Israel und meist mit ihrer Nachbarstadt Zidon in einem Atemzug genannt. Diese beiden Passagen weisen viele Ähnlichkeiten auf: Erstens sprechen beide Prophetien die Nation selbst an (Jes 13; Hes 26-27), gefolgt von einem Kapitel, in dem ein spezifischer Herrscher angesprochen wird (Jes 14; Hes 28). Zweitens sprechen beide Kapitel nicht nur zu einem ganz bestimmten menschlichen Herrscher, sondern enthalten auch Gottes Offenbarung über Satan (Jes 14,12-16; Hes 28,11-19). Dies ist nicht verwunderlich; schon in 1. Mose 3,15 spricht Gott sowohl zu der sichtbaren, natürlichen Schlange als auch zu der ebenfalls anwesenden «alten Schlange» (Offb 12,9). So spricht Gott auch bei Jesaja und Hesekiel zunächst den menschlichen Feind an und geht dann nahtlos über zu dem letzten ultimativen Feind, der hinter ihnen allen steht. Drittens schliessen beide Kapitel neben den hauptsächlichen Adressaten auch andere heidnische Feinde Israels ein. Schliesslich – und das ist wichtig – enthalten beide Kapitel eine Verheissung Gottes, dass Er Israel zu einer bestimmten Zeit wieder sammeln wird. Jesaja 14 beginnt mit den Worten: «Denn der Herr wird sich über Jakob erbarmen und Israel wieder erwählen» und «es wird geschehen, an dem Tag, an dem der Herr dir Ruhe verschafft von deiner Qual und Unruhe und von dem harten Dienst, der dir auferlegt war, da wirst du dieses Spottlied auf den König von Babel anstimmen ...» (Jes 14,3-4). Hesekiel 28 endet mit der Verheissung Gottes: «So spricht Gott, der Herr: Wenn ich das Haus Israel wieder sammle aus den Völkern, unter die sie zerstreut worden sind, so werde ich mich an ihnen heilig erweisen vor den Augen der Heiden, und sie sollen in ihrem Land wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe. Ja, sie sollen sicher darin wohnen, Häuser bauen und Weinberge pflanzen; ja, sie werden sicher wohnen, wenn ich das Urteil vollziehen werde an allen denen rings um sie her, die sie verachten; dann werden sie erkennen, dass ich, der Herr, ihr Gott bin!» (V 25-26).
Erwartungsgemäss stimmt das Gericht Gottes in Jesaja 14 und Hesekiel 28 über zwei Völker, die Israel verflucht hatten, mit 1. Mose 12,3 überein. Aber wenn diese prophetischen Ereignisse eintreten, wird jeder Aspekt der messianischen Prophetie in 4. Mose 24 erfüllt. Dort haben wir gesehen, dass der Messias «in den letzten Tagen» die Nationen richten wird; dann wird «von Jakob ... ausgehen, der herrschen wird», und die Gegner zerschmettern (4.Mo 24,8-9.14.17-19). In Jesaja 14 und Hesekiel 28 offenbart Gott also den engen Zusammenhang zwischen dem Endgericht über Satan und der Sammlung Israels in sein Land. Es ist nicht überraschend, dass Satan mit allen Mitteln zu verhindern sucht, dass diese Wahrheit bekannt wird oder gar Glauben findet.
Die Hinweise auf das Gericht über Tyrus und Zidon in Hesekiel 28 sind auch deshalb von Bedeutung, weil Jesus später ausdrücklich darauf Bezug nimmt. Über die galiläischen Städte, die Seine Lehre abgelehnt hatten, ruft Er aus: «Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn in Tyrus und Zidon die Wundertaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, so hätten sie längst in Sack und Asche Busse getan» (Mt 11,21-22). Offensichtlich war damals das endgültige Gericht über Tyrus und Zidon noch nicht vollzogen worden. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt: In der Mitte der Trübsalzeit wird Gott Israel zum Bundesgehorsam Ihm gegenüber zurückbringen und, wie man in der Schrift wiederholt sehen kann, wird Er daraufhin ausziehen und für sie kämpfen, anstatt wie bisher gegen sie (Sach 12-14).
Wir haben schon die Wichtigkeit von 4. Mose 24,20 erkannt: «Amalek ist der Erstling der Heiden, aber zuletzt wird er untergehen!» Dieser Vers wirft einige sehr wichtige und miteinander verbundene Fragen auf, worüber nachzudenken sich lohnt. Zunächst: Wenn Amalek «der Erstling der Heiden» war, wer wird dann der letzte sein? Andersherum: Wann wurde dann die Verheissung von Segen und Fluch in 1. Mose 12,3 vollgültig erfüllt und abgeschlossen? – Warum ist diese Frage so ausserordentlich wichtig? Wie wir wissen, lehrt die Ersatztheologie, dass Gott Israel endgültig verworfen und mit Israel keinerlei Pläne mehr habe. Wenn das wahr wäre, sollten die Vertreter dieser Lehre aus der Schrift eindeutig aufzeigen, an welcher Stelle genau Gott aufgehört hat, die zu «segnen, die dich segnen» und zu «verfluchen, die dich verfluchen». Allerdings gibt es einen solchen Vers in der Bibel nicht; dagegen zeigen Hunderte von Schriftstellen das genaue Gegenteil.
Auf die Frage, wer das letzte der heidnischen Völker sein wird, das sowohl Israel als auch den Messias Gottes verflucht, gibt die Bibel allerdings eine sehr spezifische Antwort. Diese Spur zieht sich durch die ganze Bibel hindurch.
Der Segen und der Fluch von 1. Mose 12,3 und von 4. Mose 24,9 gelten sowohl den Heiden, die während der Trübsal den Tempel Gottes zertreten werden (Offb 11,1-2), als auch Satan, der entweder zu Beginn oder in der Mitte der Trübsal aus dem Himmel geworfen wird und dann gegen Israel Krieg führen wird (Offb 12,7-17), sowie dem Antichristen und dem falschen Propheten (Offb 13). Wenn der Herr in Herrlichkeit zurückkommt, um Seine Gegner zu richten (Offb 19,11-18), werden alle Feinde Israels und seines Messias’ einer nach dem anderen restlos beseitigt: der Antichrist und der falsche Prophet (Offb 19,19-20), die noch lebenden feindlichen Heiden am Ende der Trübsal (Offb 19,21) und schliesslich auch Satan, der während des Tausendjährigen Königreichs gebunden sein wird (Offb 20,1-3). Demnach gelten Segen und Fluch für die Feinde Jesu und des jüdischen Volkes auch in Zukunft. Dies stimmt mit dem wörtlichen Verständnis der Verheissungen Gottes überein.
Aber es gibt noch eine Tatsache zu berücksichtigen: Nach dem Tausendjährigen Königreich wird Satan freigelassen, «um die Heidenvölker zu verführen», im letzten Aufstand der Weltgeschichte gegen Jesus und Jerusalem in den Krieg zu ziehen (Offb 20,7-9). Jedoch schafft es diese Gemeinschaft von Feinden lediglich, sich zum Kampf zu versammeln – das ist wichtig –, denn unter der Herrschaft des Messias wird des Friedens kein Ende sein (Jes 9,7); zudem ist es eine der Verheissungen des Neuen Bundes, dass Jerusalem nie wieder dauerhaft ausgerissen oder für immer gestürzt werden wird (Jer 31,38-40). Dies ist die allerletzte Empörung der Heiden – und Satans –, denn der Herr wird sie alle zerstören, genau so, wie Er es zuvor und wiederholt versprochen hat.
Kein Feind Gottes und Seines Volkes – kein einziger, auch nicht Satan und seine Dämonen – wird diesem von Gott angekündigten Fluch entrinnen. Dies sollte uns nicht überraschen: «Was er gesagt hat, sollte er es nicht tun? Was er geredet hat, sollte er es nicht ausführen?» (4.Mo 23,19).
Von Greg Harris