04.02.2013

Sacharja und das Problem der «geistlichen» Auslegung


Christen, die glauben, Israel habe keine Zukunft mehr, deuten viele Aussagen des Propheten Sacharja «geistlich». Das ist ziemlich inkonsequent, weil sie Sacharjas Ankündigungen zum ersten Kommen Jesu schon wörtlich auslegen.

Der Prophet Sacharja spricht sowohl von dem ersten als auch dem zweiten Kommen Jesu. Im Gesamtzusammenhang des Buches wird deutlich, dass sowohl das erste als auch das zweite Kommen des Messias in einemuntrennbaren Zusammenhang mit dem Volk und Land Israel stehen. Alles, was Sacharja über das erste Kommen Jesu vorhergesagt hat, erfüllte sich nicht geistlich, sondern wortwörtlich. Etwas anderes ist die bildhafte Sprache in den Visionen und Gesichten des Propheten. Benedikt Peters zeigt in seiner Sacharja-Auslegung auf, dass selbst die Ausleger, die eine Zukunft für Israel ablehnen, in Sacharja 1-11 Jerusalemfast an allen Stellen mit dem irdischen Jerusalem gleichsetzen. Der Bruch in der Auslegung innerhalb des Buches erfolgt dann, wenn es um die Wiederkunft Jesu geht. Dann beginnt man unbegründet geografische Angaben zu vergeistigen. Einige Beispiele für die wortwörtliche Erfüllung des Propheten Sacharja über das erste Kommen des Messias:

– Jesus zog auf einem Esel in Jerusalem ein (Sach 9,9).

– Jesus wurde bei Seiner Gefangennahme von Seinen Jüngern verlassen (Sach 13,7).

– Jesus wurde für 30 Silberlinge verraten (Sach 11,12).

– Die 30 Silberlinge wurden von Judas in den Tempel geworfen und anschliessend wurde davon der Töpferacker gekauft (Sach 11,13).

– Die Seite Jesu wurde mit dem Speer durchstochen (Sach 12,10).

Sacharja spricht an verschiedenen Stellen in einem engen Textzusammenhang sowohl von dem ersten als auch von dem zweiten Kommen Jesu. Deshalb besteht kein Grund, die Stellen zum zweiten Kommen Jesu anders als wortwörtlich zu deuten:

– Die Völker werden sich gegen Jerusalem versammeln (Sach 12,1-3).

– Das Haus Davids wird in dem wiederkommenden Christus Seinen Herrn und Gott erkennen und eine Geistesausgiessung erleben (Sach 12,10).

– Im Zusammenhang mit der Klage und Busse über den Retter werden die einzelnen Geschlechter Israels angeführt (Sach 12,11-14). Hesekiel führt in seiner Schau vom messianischen Reich die Stämme Israels namentliche auf und macht für die jeweiligen Stammesgebiete exakte geografische Angaben, die nur auf das Land Israel bezogen werden können (Hes 48,22-29).

– Der Ölberg wird sich bei der Wiederkunft Jesu spalten (Sach 14,4).

– Genaue geografische und namentliche Angaben werden über Israel und auch andere Länder im Zusammenhang mit der Wiederkunft Christi gemacht (Sach 14,10-11.18). Sacharja spricht wie Hesekiel (Hes 47,8) von der Talebene am Toten Meer, die auch Arava genannt wird.

Im Propheten Sacharja sind die Vorhersagen über das erste und zweite Kommen Jesu so eindeutig und auch an einigen Stellen so eng miteinander verzahnt, dass es nicht möglich ist, verschiedene Auslegungskriterien (wörtlich oder geistlich) anzuwenden, ohne einen Bruch in den Prinzipien des Textverständnisses zu vollziehen. Die wörtlich erfüllte Prophetie über das erste Kommen Jesu im Buch Sacharja lässt keinen anderen Schluss zu, als dass sich die Angaben zu Seiner Wiederkunft genauso wörtlich erfüllen werden.

Von Johannes Pflaum