21.11.2012

1. Timotheus 6,17-19: Der richtige Umgang mit Reichtum


Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 25.

In 1. Timotheus 6,17-19 schreibt Paulus: «Den Reichen in der jetzigen Weltzeit gebiete, nicht hochmütig zu sein, auch nicht ihre Hoffnung auf die Unbeständigkeit des Reichtums zu setzen, sondern auf den lebendigen Gott, der uns alles reichlich zum Genuss darreicht. Sie sollen Gutes tun, reich werden an guten Werken, freigebig sein, bereit, mit anderen zu teilen, damit sie das ewige Leben ergreifen und so für sich selbst eine gute Grundlage für die Zukunft sammeln.»

Es ist nicht verboten, reich zu sein. Es heisst ja nicht: «Den Reichen in dieser jetzigen Weltzeit gebiete, nicht reich zu sein …» Aber es wird gezeigt, dass Reichtum gefährlich sein kann. Daher werden die Reichen ermahnt, die Prioritäten richtig zu setzen. «Ehre den Herrn von deinem Vermögen und von den Erstlingen all deines Ertrages» (Spr 3,9).

In unseren Breitengraden und in unserer Kultur sind heute nahezu alle «reich». Wir sind rundum versorgt – sozial, medizinisch, versicherungsmässig usw. Wir können uns heute Dinge leisten, wofür man früher ein Adeliger sein musste. Darum stehen wir auch alle gleichermassen in der Gefahr, Vertrauen in diese Dinge zu setzen und nicht ganz und gar in den lebendigen Gott. Deshalb rufen uns diese Verse zum völligen Vertrauen in die Person unseres Herrn Jesus Christus auf. Es lohnt sich, diesem in den vorherigen Versen beschriebenen allmächtigen Gott (1.Tim 6,15-16) völlig und ganz zu vertrauen und Ihm alleine zu folgen. Oft wird erst auf dem Sterbebett sichtbar, wie reich jemand wirklich ist.

Die jetzige Weltzeit vergeht, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. Das Jetzige steht im Kontrast zum Zukünftigen. Da das Jetzige vergeht, das Zukünftige aber bleibt, lohnt es sich, auf das Zukünftige hin zu arbeiten, danach ausgerichtet zu sein und darauf hinzuwirken.

«Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit» (1.Joh 2,15-17).

Für die richtige geistliche Haltung gibt uns die Bibel Mose als zeugnishaftes Beispiel: «Er zog es vor, mit dem Volk Gottes Bedrängnis zu erleiden, anstatt den vergänglichen Genuss der Sünde zu haben, da er die Schmach des Christus für grösseren Reichtum hielt als die Schätze, die in Ägypten waren; denn er sah die Belohnung an» (Hebr 11,25-26). Es mag wie eine Phrase klingen, aber es ist die Wahrheit: Materielle Dinge können nie das hervorbringen, was Gott uns als Quelle des Lebens und der Freude schenken kann und will.

Im Gegensatz zur Beständigkeit Gottes ist alles Materielle unbeständig. Wir dürfen nie aus den Augen verlieren, dass uns der Herr grössere Sicherheiten bietet als diese Welt. Der lebendige, unsterbliche Gott steht bei Weitem über alles Sterbende, Vergehende und Vergängliche. Paulus betont hier sicher nicht umsonst die Lebendigkeit Gottes. Das will uns sagen, dass der Herr wach- und aufmerksam ist, dass Er allezeit unsere Bedürftigkeit sieht und dass Er reagiert und eingreift. Wenn alles vergeht, ist Er immer noch da, und Er bleibt derselbe.

«Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat! Er wird deinen Fuss nicht wanken lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht» (Ps 121,2-4).

Dieser Herr ist wahrhaftig nicht geizig. Er gibt uns nicht nur das Nötigste, um spartanisch zu überleben, sondern Er gibt uns alles reichlich zum Genuss (vgl. 1.Tim 4,3). Diese Aussage darf auch als Seitenhieb gegen die Askese verstanden werden. Wir müssen nicht darben; wir dürfen das, was der Herr uns schenkt, auch geniessen – aber in völliger Dankbarkeit, Demut und Abhängigkeit von Ihm, denn Er ist der Geber aller guten und vollkommenen Gaben (Jak 1,17). Hierzu eine kleine Geschichte zum Schmunzeln:

Um die Jahrhundertwende 1900 wollte eine junge Pfarrfrau sich mit dem mühsam zusammengesparten Geld etwas Taft (Stoff aus Seide oder Chemiefäden) zum Schmücken eines Kragens kaufen. Als sie diese Bitte ihrem Mann unterbreitete, erhielt sie eine herbe Abfuhr. Was sie sich denn denke mit diesem Schmücken des Äusseren. Er sei zudem bei der Predigtvorbereitung über Johannes dem Täufer in der Wüste, der nur mit einem Kleid von Kamelhaaren angetan war … Alle Erwiderungen, alles Bitten und Flehen der Frau nutzte nichts, der Pfarrer brach das Gespräch ab und begab sich in die Kirche. Während des ganzen Gottesdienstes ging ihm aber der Streit mit seiner Frau dermassen nach, zumal sie mit verheultem Gesicht unter seiner Kanzel sass, dass er sich im Schlussgebet versprach und betete:

«Herr, gib uns Taft zum Tragen …», statt «Kraft zum Tragen», und so verbesserte er sich: «Ja, Kraft zum Tragen gib uns Herr …»

Im Gottesdienst sass auch der Stoffhändler und der war so angetan, dass er heimlich den gewünschten Taft als Geschenk vor das Pfarrhaus legte. Als der Pfarrer und seine Frau die Gabe entdeckten, rief sie freudestrahlend: «Siehst du, der Herr hat dein Gebet erhört …»

Es gibt einen sündigen, allein aufs Fleisch hin ausgerichteten Genuss, der Gott ausklammert (vgl. 1.Tim 5,6); aber es gibt auch einen Genuss, der dankbar annimmt, verantwortlich damit umgeht und das geniesst, was der Herr darreicht, sowohl an geistlichen als auch an natürlichen bzw. materiellen Gaben (vgl. 1.Tim 4,3; 5,6). Doch gerade die Begüterten stehen in der Gefahr, das Vertrauen in den Herrn zu vergessen und auf ihre eigenen Kräfte und Möglichkeiten zu bauen. Darum werden sie in Vers 17 vor dem Hochmut gewarnt. Der Reiche kann versucht sein, mit seinem Reichtum zu prahlen und sein Vermögen seinem Können zuzuschreiben.

Stattdessen sollen die Reichen – und natürlich, je nach Vermögen, jeder andere auch – Gutes tun, reich an guten Werken werden, freigebig und bereit sein, mit anderen zu teilen.

«Was könnte ich heute Gutes tun?» Dieser Gedanke sollte ständig unser Begleiter und Motivator für unser Tun sein. Reich sein an guten Werken heisst, nicht nur das Nötigste tun. So, wie man nach Reichtum streben kann, so sollten wir nach guten Werken streben. Freigebig sein. Das ist das Gegenteil von geizig, knauserig oder egoistisch. Nicht nur an sich denken, sondern die grundsätzliche Bereitschaft mitbringen, abzugeben.

Die Urgemeinde ist uns hierbei ein grosses Vorbild: «Und die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von seinen Gütern sein Eigen sei, sondern alle Dinge waren ihnen gemeinsam. Und mit grosser Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung des Herrn Jesus, und grosse Gnade war auf ihnen allen. Es litt auch niemand unter ihnen Mangel; denn die, welche Besitzer von Äckern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Erlös des Verkauften und legten ihn den Aposteln zu Füssen; und man teilte jedem aus, so wie jemand bedürftig war» (Apg 4,32-35).

Fehlt es vielleicht deshalb manchmal an der Wirkung des Heiligen Geistes unter uns, weil uns die Einheit abhandengekommen ist? Die Teamfähigkeit, das gegenseitige Mittragen? John Wesleys Lebensmotto soll gewesen sein: «Tue so viel Gutes, wie du kannst, mit allen Mitteln, mit denen du es kannst, auf alle Arten, auf die du es kannst, zu allen Zeiten, zu denen du es kannst, allen Leuten, denen du es kannst, und solange du es kannst.»

«Damit sie das ewige Leben ergreifen und so für sich selbst eine gute Grundlage für die Zukunft sammeln» (1.Tim 6,19). Das ewige Leben zu ergreifen, bedeutet ganz praktisch, das zu ergreifen und umzusetzen, was wir als wiedergeborene Menschen bereits besitzen: das ewige Leben, wie es die alte Elberfelder-Bibel übersetzt: «auf dass sie das wirkliche Leben ergreifen.»

Der Besitz des ewigen Lebens soll (und darf) im Glauben erfahren und genossen werden, man soll erleben, was es in sich birgt, man soll es nutzen, anwenden, umsetzen. Christen können nämlich das ewige Leben besitzen und im Alltag dennoch nicht erfahren, was damit verbunden ist, was es für Segnungen, Heil und Veränderung bewirkt. Darum ist meines Erachtens das Ergreifen des ewigen Lebens gleichzusetzen mit dem Suchen und Trachten nach dem, was droben ist (Kol 3,1-4). Ich möchte an dieser Stelle ergänzend 2. Petrus 1,10 hinzufügen: «Darum, Brüder, befleissigt euch um so mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen; denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals straucheln.»

Wenn wir das Wort Gottes praktisch in die Tat umsetzen, «wenn ihr diese Dinge tut», machen wir unsere Berufung und Erwählung fest und werden darin befestigt und gesichert. Viel Unsicherheit kommt daher, weil man kein Glaubenstäter des Wortes Gottes ist.

Achten wir auf die Wörter «für sich selbst … sammeln». Wer für sich selbst sammelt, dem geht es immer nur um das eigene, persönliche Leben, das verändert und gesegnet werden soll. Wer sich nur egoistisch um sich selbst dreht, kann vieles verlieren, wer sich hingegen nach Vers 18 um das Gemeinschaftswohl dreht, der wird letztlich selbst gewinnen.

Bei der «guten Grundlage» für die Zukunft geht es sicherlich um die zukünftige Beurteilung des Herrn: «Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, damit jeder das empfängt, was er durch den Leib gewirkt hat, es sei gut oder böse» (2.Kor 5,10).

Über diese Grundlage für die Zukunft schreibt Paulus in 1. Korinther 3 wie folgt: «Gemäss der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein anderer aber baut darauf. Jeder aber gebe Acht, wie er darauf aufbaut. Denn einen anderen Grund kann niemand legen ausser dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf diesen Grund Gold, Silber, kostbare Steine, Holz, Heu, Stroh baut, so wird das Werk eines jeden offenbar werden; der Tag wird es zeigen, weil es durchs Feuer geoffenbart wird. Und welcher Art das Werk eines jeden ist, wird das Feuer erproben. Wenn jemandes Werk, das er darauf gebaut hat, bleibt, so wird er Lohn empfangen; wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden erleiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch» (1.Kor 3,10-15).

Mit der guten Grundlage «für die Zukunft (zu) sammeln», kann ein Ansammeln von Schätzen gemeint sein. Bruns übersetzt daher: «Dadurch verschaffen sie sich selbst einen Schatz für die Zukunft, damit sie wirklich das wahre Leben erlangen» (Albrecht übersetzt diese Stelle ähnlich). Dies passt zur Aussage unseres Herrn Jesu, der gesagt hat: «Sammelt euch aber Schätze im Himmel» (Mt 6,19-20).

Sind wir «Sammler», «Anhäufer» einer guten Grundlage für die Zukunft? Lassen wir uns gebrauchen, durch den Heiligen Geist treiben, in jeder Beziehung Täter des Wortes Gottes zu sein?

Wie sehr diese Worte unser Leben bereits heute segnen können und wie sehr sich die Bibel auch hier wiederum als ganz praktisch und zuverlässig herausstellt, zeigt folgender Bericht von P.M. History: «Laut Evolutionstheorie siegt stets der Stärkere. Psychologen jedoch hegen seit Langem Zweifel daran. An der Universität Berkeley (USA) haben sich deshalb mehrere Studenten zusammengetan und das Gegenteil nachgewiesen: Nettigkeit setzt sich durch! ‹Fürsorge für andere ist fundamental für das menschliche Überleben›, erklärt Dacher Keltner, Leiter des Projektes ‹Survival of the Kindest›. … Als Beweise für ihre These präsentierten die Wissenschaftler die Ergebnisse gleich mehrerer Studien. Das Fazit: Wo die Natur Fürsorge und Mitgefühl ausbildet, zahlt es sich aus. Die Forscher stellten in einem Spiele-Experiment fest, dass die Probanden, die am grosszügigsten ihr Spielgeld verteilten, am meisten Respekt, Geschenke und Hilfe bei der Arbeit ernteten: Grosszügigkeit erhöht den Status und sichert fremden Beistand. Andere Studien ergaben, dass Kinder, die zu Grosszügigkeit und Dankbarkeit erzogen werden, gelassener und widerstandsfähiger sind, dass Studenten, die sich der Völkerverständigung zuliebe mit ausländischen Kommilitonen treffen, weniger Stresshormone produzieren …»

Von Norbert Lieth