30.11.2012

1. Timotheus 6,20-21: Zu guter Letzt


Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier den letzten Teil.

Der 1. Timotheusbrief endet mit den Worten: «O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, meide das unheilige, nichtige Geschwätz und die Widersprüche der fälschlich so genannten ‹Erkenntnis›! Zu dieser haben sich etliche bekannt und haben darüber das Glaubensziel verfehlt. Die Gnade sei mit dir! Amen» (1.Tim 6,20-21).

«O Timotheus» kommt einem Seufzer gleich und zeigt, wie sehr Paulus mit dem Herzen dabei war, wie bewegt er innerlich war, wie ernst es ihm war und wie tief er empfand. Es handelt sich um einen abschliessenden Liebesappell. Ermahnungen sind notwendig, aber sie sollten mit dem Herzen geschehen.

Wir sehen den Gegensatz von «bewahre» und «meide». Es gilt, die gute und gesunde Lehre zu bewahren, die falsche Lehre hingegen zu meiden.

Es gibt Unheiliges, Nichtiges, Widersprüchliches, Fälschliches und eine sogenannte Erkenntnis, die eine falsche Erkenntnis ist, weil sie dem «roten Faden» des Wortes Gottes zuwiderläuft. Diese Dinge stehen gegen die gesunde, wahre und gute Lehre der Heiligen Schrift (1.Tim 1,10; 2,7; 4,6). Alles, was der reinen biblischen Lehre entgegensteht – und mag es noch so fromm klingen –, ist nichts weiter als unheiliges Geschwätz. Es verunsichert und steht im Widerspruch zur Gesamtlehre des Wortes Gottes. Die wahre Lehre steht nie im Widerspruch zu anderen Stellen der Bibel. Die falsche Lehre dagegen reisst oft Bibelworte aus dem Zusammenhang; Schwerpunkte werden falsch gesetzt, biblische Unterschiede oder neutestamentliche Neuoffenbarungen werden nicht beachtet, die Wahrheit wird verwässert oder es werden gesetzliche Zusätze aufgestellt. Dadurch fliessen Irrlehren in die Gemeinde ein.

Zum Bewahren des anvertrauten Gutes sei folgendes Zitat angeführt: «Eines der wichtigsten Kriterien für eine schriftgemässe Auslegung ist, die Heilige Schrift in ihrem Gesamtzusammenhang zu lesen und zu studieren. Diesen ersten und wichtigsten Schlüssel finden wir in 2. Petrus 1,20-21: ‹Dabei sollt ihr vor allem das erkennen, dass keine Weissagung der Schrift von eigenmächtiger Deutung ist. Denn niemals wurde eine Weissagung durch menschlichen Willen hervorgebracht, sondern vom Heiligen Geist getrieben haben die heiligen Menschen Gottes geredet.› Keine Prophezeiung reicht für sich allein bereits aus, um ihren vollständigen und richtigen Sinn zu erfassen. Sie legt sich nicht selbst aus, sondern muss als Teil eines grossen Ganzen betrachtet werden …»

Wir sollen vor der falschen sogenannten Erkenntnis auf der Hut sein, sie ganz bewusst meiden und demgegenüber das anvertraute Gut des Wortes Gottes bewahren. Am Schluss des Timotheusbriefes werden wir auf den Anfang des Briefes hingewiesen, nämlich darauf, dass es nur eine wahre Lehre (Einzahl) gibt, aber viele falsche Lehren (Mehrzahl) (1.Tim 1,3.10; 4,1.6; 6,1.3).

Wir wollen es nicht aus den Augen verlieren, dass unser Leben ein Glaubensziel hat. «Zu dieser haben sich etliche bekannt und haben darüber das Glaubensziel verfehlt» (1.Tim 6,21). Es gibt ein öffentliches und hartnäckiges Bekenntnis zu einer falschen Lehre, wodurch man das Glaubensziel verfehlt, so wie es ein Bekenntnis zur wahren biblischen Lehre gibt, wodurch man das Glaubensziel erreicht.

Der Schwerpunkt der Pastoralbriefe liegt also auf dem richtigen Umgang mit Gottes Wort. Wer das missachtet, kann das Glaubensziel verfehlen. Paulus erwähnt hier Menschen, die aufgrund falscher und widersprüchlicher Lehren das eigentliche Glaubensziel verfehlt haben. Das wurde ebenfalls bereits am Anfang des Briefs erwähnt: «Das Endziel des Gebotes aber ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben. Davon sind einige abgeirrt und haben sich unnützem Geschwätz zugewandt» (1.Tim 1,5-6).

Nur durch die reine Lehre erreichen wir das Ziel, und dazu gehört auch der Glaube (das Glaubensziel). Dabei bringt nicht die Theorie alleine uns auf dem Weg zum Glaubensziel weiter, sondern die gläubige Umsetzung des geschriebenen Wortes.

Die Wuppertaler Studienbibel macht hierzu die Anmerkung: «Glaube ist das zweitletzte Wort des Briefes und unterstreicht die zentrale und unabgeschwächte Bedeutung, die er für alle Aussagen hat: Nicht Werke, nicht Wissen, sondern Glaube ist die entscheidende Gabe und Aufgabe, die das Evangelium bringt.»

Wenn wir den Glauben an das Wort verlieren und uns unter den Einfluss anderer Lehren begeben, dann können wir das Ziel verfehlen. Dies stellt uns der Apostel in seinem letzten Brief an Timotheus deutlich vor Augen: «Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Von nun an liegt für mich die Krone der Gerechtigkeit bereit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag zuerkennen wird …» (2.Tim 4,7-8).

Der Brief endet mit der Gnade: «Die Gnade sei mit dir! Amen.» Das Wort Gnade bedeutet «freundliche Zuwendung». Viele andere Bibelübersetzungen und ältere Handschriften sagen: «Die Gnade sei mit euch!», so auch in 2. Timotheus 4,22: «Der Herr Jesus Christus sei mit deinem Geist! Die Gnade sei mit euch! Amen.» Das betont zusätzlich, dass der Brief über Timotheus hinaus für die gesamte Gemeinde Gültigkeit hat. Es ist der Glaube an das reine Wort Gottes, der uns in der Gnade hält – und wenn wir darin leben, werden wir die Gnade auch erfahren.

Darüber hinaus ist es erleichternd, dass über allen Anforderungen, die Paulus im 1. Timotheusbrief stellt, letztlich doch die Gnade steht. Nur die Gnade befähigt uns dazu, in Christus und Seinem Wort zu bleiben. Nur in der Kraft dieser Gnade vermögen Timotheus und die Gemeinde den Irrlehrern zu widerstehen, sich von ihrem Einfluss abzuwenden und in der wahren Gottseligkeit zu leben. Auch wir benötigen zu allem Wollen die Gnade Gottes, und dieser letzte Satz zeigt uns, dass der Herr sie uns gibt. Die Gnade ist da, damit wir das Wort in unserem Leben im Glaubensgehorsam umzusetzen vermögen. Wir dürfen aus der Kraft der Gnade leben!

Von Norbert Lieth