«Denn, Brüder, ihr seid
Nachahmer der Versammlungen Gottes geworden, die in Judäa sind in Christo Jesu,
weil auch ihr dasselbe von den eigenen Landsleuten erlitten habt, wie auch jene
von den Juden, die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet und
uns durch Verfolgung weggetrieben haben, und Gott nicht gefallen und allen
Menschen entgegen sind (andere Übersetzung: aller Menschen Feinde), indem sie uns
wehren, zu den Nationen zu reden, auf dass sie errettet werden, damit sie ihre
Sünden allezeit vollmachen; aber der Zorn ist völlig über sie gekommen»
(1.Thess 2,14-16).
Wir sollten verstehen, welch
eine Katastrophe sich im alten Israel ereignete: Nachdem die jahrhundertelangen
Studien und Gesetzesauslegungen der Sophrim und Tanaim den Heiligen Schriften
gleichgestellt und teils sogar über sie gestellt wurden, mutierte die ganze wunderbare
Gottesoffenbarung an Israel zu einer simplen Religion mit ihren typischen
Kennzeichen: Eine stolze, selbstgerechte und geldgierige religiöse Oberschicht
dominierte das Volk und hielt es im ganzen Vorschriftenlabyrinth gefangen. Das
betraf sowohl die sehr eifrigen, ja fanatischen Pharisäer, die wir auch als Legalisten
einstufen können, als auch die liberalen Sadduzäer. Privilegien, Macht, Stolz
und persönliche Bereicherung versteckten sie sehr geschickt und raffiniert unter
einem frommen Schafspelz. Letztlich wurde «das Fleisch, der alte Adam, der
natürliche Mensch» nach aussen hin veredelt und aufgemotzt, aber das alles
führte in eine schreckliche Verblendung, in Blindheit und Betrug. Das Schlimmste
aber war die verbissene Feindschaft gegenüber Jesus und allen, die Ihn als
Messias und Retter bekannten! Religion ist eine satanische Taktik, um Jesus und
das Kreuz zu vermeiden, zu umgehen und sogar zu bekämpfen. In ihrer ganzen
Selbstgerechtigkeit brauchten die religiösen Führer, die sogenannten «Juden»,
gar keinen Messias mehr, der Sünden vergeben und stellvertretend sterben
sollte. Das war für sie eine Beleidigung, eine Provokation! Höchstens einen
politischen Führer wollten sie, der die Römer vertreiben und Israel wieder an
die Spitze der Völker stellen sollte. Nur so verstehen wir das vernichtende und
verdammende Urteil Jesu in Johannes 8 ab Vers 31 und warum Er «die Juden» als
Söhne Satans brandmarkte und betonte, dass sie Ihn töten wollten. Das wurde
zuerst vehement geleugnet, doch dann beschlossen und versucht (V 59). Genau das
gleiche Muster und die tragischen Auswirkungen sehen wir heute bei einem Grossteil
des sogenannten Christentums. Auf der einen Seite bibelkritische moderne
Theologie und auf der anderen fromme Selbsthilfe-Appelle, gemischt mit einem
magischen Glauben an das Wohlstandsevangeliums und ein schon krankhaftes
Festhalten an «Zeichen und Wundern». Und das bedeutet, dass in naher Zukunft
viele dieser religiösen dekadenten Gruppierungen dem Antichristen zujubeln
werden.
Wer sind diese Juden? Wenn
diese «Hoi Ioudaioi» (übersetzt «die Yehudim» – «Juden») im Johannesevangelium im
negativen Sinn erwähnt werden, dann wird aus dem Zusammenhang klar, dass es
sich eigentlich um judäische Jerusalemer handelt. Der Ausdruck «Jude» kommt
heute sehr schlecht an und wirkt als antisemitisches Klischee. Selbst damals
waren nicht alle Juden, denn es gab ja die Unterscheidung nach den 12 Stämmen
Israels. Zu Jesu Zeiten wurden die Jünger als Galiläer bezeichnet. Heute werden
alle semitischen Nachkommen aus der Linie Isaaks stereotyp Juden genannt – oft
mit diskriminierenden Absichten. Und leider haben da auch die
Bibelübersetzungen Vorarbeit geleistet, indem alle «Juden» als Feinde Gottes
und der Menschheit und als Christusmörder gebrandmarkt wurden. Während der
deutschen Nazi- Herrschaft wurde dieses Gedankengut willig aufgenommen und bis
zum Holocaust durchgezogen, mit einer zum grössten Teil schweigenden und sogar zustimmenden
Christenheit!
Wir müssen also aus dem
Textzusammenhang herausfinden, was mit «den Juden» gemeint ist. Ob es sich um eine
einfache Unterscheidung von Juden und Heiden handelt, ob es sich um
judaisierende Mitglieder der Jerusalemer Gemeinde handelt, die unter den
gläubig gewordenen Heiden Unruhe stifteten, oder ob es sich um die damalige
religiöse Jerusalemer Obrigkeit handelt, die Jesus und später auch Seine Jünger
aus dem Weg schaffen wollten.
Ist das Neue Testament
antisemitisch? «Sie antworteten und sprachen zu ihm:
Abraham ist unser Vater. Jesus spricht zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder
wäret, so würdet ihr die Werke Abrahams tun; jetzt aber suchet ihr mich
zu töten, einen Menschen, der die Wahrheit zu euch geredet hat, die ich
von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht getan. Ihr tut die
Werke eures Vaters. Da sprachen sie zu ihm: Wir sind nicht durch
Hurerei geboren; wir haben einen Vater, Gott. Jesus sprach zu ihnen:
Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben, denn ich
bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn ich bin auch nicht
von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt. Warum verstehet
ihr meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt. Ihr
seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters
wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der
Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die
Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein
Lügner und der Vater derselben» (Joh 8,39-44).
Gerade dieser Abschnitt
wirkt schockierend. Aus dem Zusammenhang erkennen wir, dass es
sich um eine «Tempelrede Jesu» handelt (V 2), in der Er sich an eine
spezielle Zuhörerschaft richtete: «Jesus sprach nun zu den Juden, die
ihm geglaubt hatten …» (V 31). Hier ist also vordergründig von Menschen
die Rede, die an Jesus glaubten. Das ist doch wunderbar!? Aber Jesus
liess sich nicht durch einen äusserlichen Schein täuschen und begann zu
provozieren mit der Absicht, «dass kund würde, was in ihrem
Herzen war» (vgl. 5.Mo 8,2; 2.Chr 32,31). Ihm geht es nicht um religiöse
Mitläufer, nicht bloss um intellektuelles Bejahen, vielmehr um
echte, d.h. wiedergeborene Nachfolger. Kompromisslos arbeitete
Jesus hier an Qualität und nicht an Quantität! Doch irgendetwas stimmte
hier nicht, denn diese Gruppe von Judäern disqualifizierte sich
plötzlich selbst, indem sie Jesus mit einem der schlimmsten Schimpfwörter
abstempelten: «Besessener Samariter!» (Joh 8,48). Das waren keine
«normalen» Zuhörer. Es muss sich vielmehr um die gleiche Gruppe
gehandelt haben, die schon von Johannes dem Täufer äusserst scharf zurückgewiesen
wurde: «Als er aber viele der Pharisäer und Sadduzäer zu seiner Taufe
kommen sah, sprach er zu ihnen: Otternbrut! Wer hat euch gewiesen, dem
kommenden Zorn zu entfliehen? Bringet nun der Busse würdige Frucht;
und denket nicht bei euch selbst zu sagen: Wir haben Abraham zum
Vater; denn ich sage euch, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen
Kinder zu erwecken vermag. Schon ist aber die Axt an die Wurzel der Bäume
gelegt; jeder Baum nun, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und
ins Feuer geworfen» (Mt 3,7-10).
Später hören wir sehr ernste
Worte von unserem Herrn selbst: «Deshalb sage ich euch: Jede
Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; aber die
Lästerung des Geistes wird den Menschen nicht vergeben werden. Und wer
irgend ein Wort reden wird wider den Sohn des Menschen, dem wird
vergeben werden; wer aber irgend wider den Heiligen Geist reden
wird, dem wird nicht vergeben werden, weder in diesem Zeitalter noch
in dem zukünftigen. Entweder machet den Baum gut und seine Frucht gut,
oder machet den Baum faul und seine Frucht faul; denn aus der Frucht wird
der Baum erkannt. Otternbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse
seid? denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund» (Mt
12,31-34). Und einige Kapitel weiter: «Wehe euch, Schriftgelehrte und
Pharisäer, Heuchler! denn ihr bauet die Gräber der Propheten und
schmücket die Grabmäler der Gerechten und saget: Wären wir in den
Tagen unserer Väter gewesen, so würden wir nicht ihre Teilhaber an dem
Blute der Propheten gewesen sein. Also gebet ihr euch selbst Zeugnis,
dass ihr Söhne derer seid, welche die Propheten ermordet haben; und
ihr, machet voll das Mass eurer Väter! Schlangen! Otternbrut! Wie
solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?» (Mt 23,29-33).
Diese «Juden» waren
verhärtete Heuchler, dermassen verblendet, dass sie Jesus des
dämonischen Betrugs bezichtigten, Ihn umbringen wollten. Mit dieser
Anschuldigung begingen sie die Sünde wider den Heiligen Geist, für die
es keine Vergebung gab. Und das Tragische war, dass es ja um
Israel ging. Es ging um das von Gott auserwählte Volk, das zum Empfänger
der göttlichen Offenbarung geworden war und der Kanal, durch den der
Messias in diese Welt kommen sollte. «Wehe euch Gesetzgelehrten! Denn
ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen; ihr selbst seid
nicht hineingegangen, und die Hineingehenden habt ihr gehindert»
(Lk 11,52). Wenn in den Evangelien der Ausdruck «Jude, Juden» im
negativen Sinn angewandt wird, dann geht es immer um diese spezielle
Gruppe, die wir heute besser als «judäische Obrigkeit aus Jerusalem» bezeichnen
sollten. (Einige Bibelübersetzer haben das übrigens bemerkt und dementsprechend
formuliert!) Denn leider wurde Jesu Urteil: «Euer Vater ist der Teufel» (Joh
8,44), schnell pauschal auf alle Juden übertragen. Dazu kamen noch die Protokolle
der Weisen aus Zion und Boykott-Aufrufe gegen den «Apartheidsstaat Israel»
und schon tönte es wieder: «Die Juden sind unser Unglück!»
Holocaust und kirchliche
Vorarbeit. Wohin das «heilsgeschichtliche Auslöschen»
Israels führen kann, entdecken wir bei der absolut antisemitischen
Fehlentwicklung im Leben Martin Luthers, des grossen deutschen
Reformators. Im berühmt-berüchtigten Buch Mein Kampf rechtfertigt
Hitler seinen Kampf gegen die Juden mit den Worten: «Luther war ein
grosser Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah
den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen (…) Ich tue nur, was
die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings
gründlicher.» Und Julius Streicher, Herausgeber des antisemitischen Hetzblattes
Der Stürmer, sagte vor Gericht zu seiner Verteidigung: «Dr.
Martin Luther sässe heute an meiner Stelle auf der Anklagebank,
wenn dies Buch von der Anklagevertretung in Betracht gezogen würde.
In dem Buch ‹Die Juden und ihre Lügen› schreibt Dr. Martin Luther, die
Juden seien ein Schlangengezüchte, man solle ihre Synagogen niederbrennen,
man solle sie vernichten. Genau das haben wir getan!» Er
verabschiedete sich bei seiner Hinrichtung am 16. Oktober 1946 mit folgenden
Worten: «Heil Hitler! Dies ist mein Purimfest 1946 …» Sehr makaber und
sarkastisch tönt es in Luthers Tischreden: «Wenn ich einen Juden taufe,
will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und
ihn hinabstossen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams.»
Unter dem Stichwort «Judensau» entdecken wir im Internet schockiert,
dass es noch viele Kirchen mit diesem in Stein gehauenen Relief gibt.
«Es ist hie zu Wittenberg an unserer Pfarrkirche eine Sau in Stein
gehauen; da liegen junge Ferkel und Juden drunter, die saugen; hinter
der Sau steht ein Rabbin, der hebt der Sau das rechte Bein empor, und
mit seiner linken Hand zieht er den Pirzel über sich, bückt und guckt
mit grossem Fleiss der Sau unter dem Pirzel in den Talmud hinein,
als wollt er etwas Scharfs und Sonderliches lesen und ersehen …»
(Aus der Schrift Von den Juden und ihren Lügen, Jena 1543,
zit. nach Erlanger Ausgabe der Lutherschriften XXXII, S. 298). Es
gibt auch Abbildungen, die die Kirche als kämpferische Frau auf einem
Pferd darstellen, die die Synagoge mit einer Lanze angreift und in
den Hals sticht, die mit geschlossenen Augen und seitlich geneigtem
Kopf auf einem Schwein sitzt und sich an einem Ast festklammert.
Bringen wir es nun auf den
Punkt: Dem «heilsgeschichtlichen Auslöschen Israels» durch die
Kirchenväter folgten später handgreifliche Pogrome bis hin zum schrecklichen
Holocaust inklusive der Ketzer-Prozesse während der mittelalterlichen
Inquisition mit ihren unbeschreiblichen Foltermethoden. Im Rothenburger
(o.T) Kriminalmuseum war auf einem mittlerweile entfernten Schildchen
Folgendes zu lesen: «Den Germanen war die Folter fremd. Sie wurde durch
die Inquisition eingeführt.» Das war nur möglich, weil der
Katholizismus, ähnlich wie «die Juden» zur Zeit Jesu, eine Religiosität
entwickelte, die neben und über das Wort Gottes noch menschengemachte
Traditionen und Macht sichernde Zusätze stellte und so die
«allein-seligmachende Monopol-Stellung» fanatisch und äusserst
aggressiv verteidigte.
Der Antisemitismus Hitlers
kann letzten Endes nur theologisch erklärt werden! Denn, so sagte
Adolf Hitler schon in seinem Buch Mein Kampf: «Es darf nicht zwei
auserwählte Völker geben.» Die Auslöschung des jüdischen Volkes, dieses
«Krebsgeschwürs der Menschheit», war bis zuletzt Hitlers Hauptziel.
Die Juden hätten das Gewissen erfunden, das Gewissen, das die
Herrenrasse nicht brauche (ähnlich Himmler, der davon sprach, dass
die 2.000-jährige christlich-jüdisch Geschichte nur falsche
Schuldgefühle hervorgerufen habe). Hitler weiter: «Für unser Volk
aber ist es entscheidend, ob sie den jüdischen Christenglauben und seine
weichliche Mitleidsmoral haben oder einen starken, heldenhaften Glauben
an Gott in der Natur, an Gott im eigenen Volke, an Gott im eigenen
Schicksal, im eigenen Blut.» Genau das ist auch der Grund, warum
zum Beispiel der Hollywoodschauspieler Richard Gere, ursprünglich aus
christlichem Elternhaus, zum Buddhismus konvertierte: «Denn dort
gibt es keine Schuld!»
Geradezu ins Auge springend
ist die Ähnlichkeit des antijüdischen Vokabulars der Kirche seit den
Tagen der Kirchenväter mit dem rassistisch geprägten Vokabular
der Nationalsozialisten. Der Bonhoeffer-Biograf Eberhard Bethge sagt es
ähnlich: «… die Nationalsozialisten hätten kein Wort neu erfunden. Die
Kirchenväter in den ersten Jahrhunderten folgten fast alle dem
Rat von Johannes Chrysostomus (5. Jh.): Es ist die Pflicht der Christen,
die Juden zu hassen. Je mehr wir Christus lieben, müssen wir die Juden
bekämpfen, die ihn hassen.»
So kommen wir zu dem
Schluss: Der Holocaust ist die furchtbare Ernte einer anhaltenden Saat …
Ohne den christlichen Antijudaismus wäre der rassistische Antisemitismus
und damit der Holocaust nicht möglich gewesen. Ist das nicht
furchtbar?!
Und das Alte Testament? Alle,
die nun auf die sogenannten antisemitischen Passagen des Neuen
Testaments zeigen und vorschlagen, sie ähnlich wie die Apokryphen
abzusondern oder ganz zu streichen, sei allerdings gesagt: Ist Ihnen klar,
dass die Heiligen Schriften Israels, das sogenannte Alte Testament, viel
mehr «negative» Stellen enthalten als das Neue Testament? Zum Beispiel
das Segens- und Fluchkapitel in 5. Mose 28 mit den angekündigten
Konsequenzen für die anhaltende Rebellion gegen Gott – indem der
göttlich zugelassene
Feind die Städte dann
dermassen belagert und aushungert (Erfüllung z.B. in 2.Kön 18,27; Jes 36,12),
dass sich alles bis zum verzweifelten und schrecklichen Kannibalismus zuspitzt
(5.Mo 28,53ff.), bis zur quasi Ausrottung (5.Mo 28,62).
«Bibeltreuer» Antizionismus.
Es
gibt natürlich einige Bibelverse, die von «bibeltreuen» Christen verzerrt und
gegen das Lager der Israelfreunde gebraucht werden. Diese Leute geben zu
verstehen, dass es ausser der Gemeinde, das heisst, nach der Gemeinde, für
Israel nichts mehr geben wird. Deshalb müssen wir unsere Bibel gut kennen, die
ganze Schrift, den kompletten Ratschluss Gottes (Apg 20,20.27) und studieren
und wachsam sein, denn, wie Rudolf Krause sagt: «Theologie nach Ausschwitz wird
hellhörig sein gegenüber jedwedem Antijudaismus, auch verstecktem Antijudaismus
in biblischen und dogmatischen Texten.»
Leider erwies und erweist
sich das Christentum mit seinen vielen denominationellen Facetten als ein
ideales Werkzeug, um zum Antisemitismus aufzurufen. Die Ersatztheologie ist das
Fundament und die Bühne für die Ausschreitungen und Boykottaufrufe gegen Israel
und die Juden. Denn sie ersetzt Israel durch die Gemeinde. In vielen unserer
Veröffentlichungen warnten und warnen wir vor dem dadurch angerichteten Schaden.
Ohne dem Wort Gottes Gewalt anzutun, ist es unmöglich, dieser Lehre anzuhängen
und sie zu verteidigen. Ein Grossteil der biblischen Prophetie wird entgegen
dem wahren Wortlaut und Sinn einem Symbolismus geopfert, der vielleicht
Wunschgedanken und Vorurteile reflektiert, aber letztendlich eine Aggression,
einen Angriff gegen Gottes Wort und Seinen Plan mit Israel darstellt!
Die «Light-Version» vieler
Christen. «Ja, er spricht: Es ist zu gering, dass du mein Knecht
seiest, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel
zurückzubringen; ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um mein
Heil zu sein bis an das Ende der Erde» (Jes 49,6). Dieser Vers beginnt in
einigen englischen Bibelübersetzungen mit den Worten: «It’s too light …», was
auf Deutsch mit «es ist zu wenig, zu gering» ausgedrückt wird. Aus dem Zusammenhang
wird klar, dass dieser Knecht des Herrn nicht nur Israel wiederherstellen soll,
sondern auch Gottes Heil bis ans Ende der Erde sein soll. Israel allein ist
Gott zu wenig! Er will Menschen in der ganzen Welt retten. Damit haben die
meisten Christen keine Probleme. Aber wie stehen wir zur Rolle Israels im messianischen
Auftrag? Dieser Gottes-Knecht ist ja bei Seinem ersten Kommen als Lamm Gottes
gestorben, wie es detailliert vier Kapitel weiter, in Jesaja 53, prophezeit
wurde. Dann, nach Pfingsten, begann die Verkündigung des Evangeliums, der Frohen
Botschaft, auf der ganzen Welt – bis «ans Ende der Welt».Doch die Sammlung und
Wiederherstellung Israels gehört auch zum Auftag des Christus bzw. Messias!
Begnügen wir uns mit einer verstümmelten «Light-Version» oder glauben wir an
die ganze Bibel?
Die nationale Hoffnung
Israels oder: Kommt da noch etwas nach der Gemeinde? «Die
Juden sind nicht länger Gottes auserwähltes Volk» – so krass und offen verkündet
es zum Beispiel Harry Bethel mit seiner Bethel Ministries. Bei vielen anderen
geschieht das verdeckter, unterschwellig, «zwischen den Zeilen», oder man merkt
es nur an dem, was nie gesagt und gepredigt wird.
Der eigentliche Grund jeder
christlichen Israel-Verneinung steckt in der Annahme, dass Gott dieses Volk
endgültig verworfen hat und dass jetzt die Gemeinde den Platz belegt, der
vorher Israel gehörte. Theologisch definiert nennt sich das Ersatztheologie.
Für Colin Chapman, einem Verfechter dieser Ansicht, bedeutet das im Klartext:
«Die Ankunft des Reiches Gottes durch Jesus Christus veränderte und reinterpretierte
alle Verheissungen im Alten Testament.» Diese Ansicht gehört normalerweise zum Denkgebäude
der sogenannten Bündnis- Theologie (aus Wessen verheissenes Land?,
Colin Chapman, S. 285).
So einfach geht das also:
die Verheissungen für Israel wurden alle ungültig und werden jetzt auf den
Segensträger «Gemeinde» uminterpretiert und angewendet. Das hat übrigens auch
Mohammed praktiziert und so alles durch den Islam zu den Arabern umgeleitet.
Die sogenannte Ersatztheologie
gab es zwar auch schon am Ende des ersten Jahrhunderts, gehörte aber nicht zur
offiziellen Position der christlichen Lehrmeinung, wie Dr. Thomas McCall erklärt.
Erst Augustinus verbreitete am Ende des 4. Jahrhunderts dieses Gedankengut in
seiner Schrift: Vom Gottesstaat oder auch «Stadt Gottes» genannt. Augustinus
bezeugte, wie er zuerst ein Chiliast war. Das bedeutet, dass er an eine
tausendjährige Regierung des Christus nach Seiner Wiederkunft auf diese Erde
glaubte. Das ist dasselbe wie unser sogenannter Prämillenarismus (auch Prämillennialismus).
Doch er kam dann zu der Überzeugung, dass das «fleischlich» sei und die
Herrschaft des Christus, auf das Gemeindezeitalter ausgelegt, «geistlicher»
sei. Dieser Standpunkt wird allerdings erst dann möglich, wenn man Israel (theologisch)
«vernichtet» und total ausklammert und alle Verheissungen für das jüdische Volk
streicht. Alle diese Segensverheissungen erfüllen sich dann an der Gemeinde.
Eine jüdische Stimme meint:
«Obwohl die Christen ein klares Verständnis von ‹persönlicher› Errettung haben,
ist ihnen die Vorstellung einer nationalen Errettung äusserst fremd. Obwohl
nahezu 90 Prozent der prophetischen Bücher von der nationalen Erlösung des
Hauses Israels oder der Nation von Israel sprechen …» (KolHaTor).
Es ist schon befremdend, wenn
gerade bibeltreue Christen wichtige Verse unterschlagen, nach dem Motto: «Was nicht
sein darf, kann nicht sein!» Vielleicht handelt es sich da um persönliche Präferenzen
(Vorlieben) oder um eine chronische Abneigung gegen Juden. Auf jeden Fall ist
da die biblische Objektivität getrübt. Wenn ein Wissenschaftler eine These
aufstellt, so kann sich diese als wahr erweisen oder sie wird durch unwiderlegbare
Gegenargumente zu Fall gebracht! So gehen wir auch jetzt vor und das Gott im
Neuen Testament enthüllen lässt:
Das enthüllte Geheimnis. Wenn
es nach dem Gemeinde-Zeitalter «nichts mehr für Israel gibt», was ist das dann für
ein Geheimnis, das der Apostel Paulus durch den Heiligen Geist in Römer 11,25
erwähnt und offenbart?
«Denn ich will nicht,
Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, auf dass ihr nicht euch
selbst klug dünket: dass Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist, bis die
Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird; und also wird ganz Israel errettet
werden, wie geschrieben steht: ‹Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird
die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden; und dies ist für sie der Bund von mir,
wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde›. Hinsichtlich des Evangeliums sind sie zwar
Feinde, um euretwillen, hinsichtlich der Auswahl aber Geliebte, um der Väter willen.
Denn Gottes Gnadengaben und Berufung sind unwiderruflich» (Röm 11,25-29).
Unwiderruflich bedeutet auch: ohne Änderungsmöglichkeit (irreversibel = nicht rückgängig
zu machen)! Was soll die Enthüllung dieses Geheimnisses, wenn Israel als Volk
keine Verheissungen mehr hat?
Hier wird uns geoffenbart
und klargemacht, dass es nach der Herausrettung von Menschen aus allen Nationen
in besonderer Weise wieder mit Israel weitergeht. Nur so kann sich der
Widerspruch auflösen: «Feinde um euretwillen, Geliebte um der Väter willen.»
Paulus gebraucht dann einen starken Ausdruck: unwiderruflich! Deshalb
bekräftigt auch unser amerikanischer Bruder Thomas Ice: «Nichts auf dieser Welt
kann mich zu einem Meinungswechsel bewegen, es sei denn, dass jemand es fertig
bringt, Sonne, Mond und die Sterne zu vernichten» (s. Jer 31,35-37). Maranatha!
Die Gemeinde Jesu glaubt nur
dann wirklich an das, was die Bibel lehrt (sowohl Altes als auch Neues
Testament), wenn sie daran festhält, dass Gott für Israel noch eine Zukunft
hat. Diese Einsicht immunisiert dann auch gegen die Angriffe antisemitischer
Theologie.
Von
Reinhold Federolf