09.01.2013

Wohin steuern die Beziehungen zwischen den USA und Israel?


Israels Ministerpräsident Netanjahu hatte keinen Hehl daraus gemacht: Er hätte lieber Mitt Romney als US-Präsidenten gesehen. In welche Richtung gehen die Beziehungen zwischen den USA und Israel nach Obamas Wiederwahl?


Am 6. November 2012 wurde der Ausgang der Wahlen in den USA verkündet. Am 22. Januar 2013 wird man den Ausgang der Wahlen in Israel kennen. Kurz nach dem Wahlsieg des alt-neuen US-Präsidenten Obama sagte ein Aktivist im Wahlkampfquartier des Verlierers Mitt Romney zu israelischen Reportern: «Das ist schlecht, schlecht für euch. Jetzt stehen euch vier gefährliche Jahre bevor.» Man kann davon ausgehen, dass nicht nur Romney-Freund Benjamin Netanjahu ähnliches durch den Kopf ging. In Israel sind viele nicht nur wegen Obamas aussenpolitischer Linie besorgt, sondern auch, weil der wiedergewählte Präsident wenig Empathie für Israels Premier zu empfinden scheint. Dies beruht allerdings auf Gegenseitigkeit. Zudem glauben einige, dass Obama Netanjahu und Israel in der einen oder anderen Form spüren lassen wird, dass seine offene Favorisierung Romneys eine Einmischung in interne US-Angelegenheiten war.

«So ein Quatsch», kommentierte solche Überlegungen der ehemalige israelische Konsul in New York, Alon Fuchs. «Die Beziehungen zwischen Staaten beruhen auf geteilten Interessen und Werten, nicht auf persönlichen Sympathien. Der wiedergewählte Präsident der Vereinigten Staaten wird entsprechend der Interessen seines Landes handeln. Dazu gehört nun einmal auch ein enges strategisches Bündnis mit Israel.» Andere Kommentatoren sind da anderer Meinung: «Natürlich geht es um Interessen und Werte. Und trotzdem: Obama kann uns, wenn er möchte, das Leben ganz schön schwer machen, auch wenn im Repräsentantenhaus gegenwärtig eine republikanische Mehrheit besteht, wodurch gewisse Schritte des Präsidenten ausgebremst werden können. Dennoch kann Obama die militärische Unterstützung zurückhalten, gemeinsame Manöver absagen und versuchen, die Finanzhilfe für Israel zu reduzieren. Und uns fallen noch sehr viel mehr Dinge ein, mit denen er uns das Leben schwer machen könnte.»

Noch wissen wir nicht, welche Richtung Obama tatsächlich einschlagen wird. In einer Sache gibt es allerdings keine Diskussionen; es ist eine Tatsache, dass Obama und Netanjahu keine Sympathie füreinander empfinden. Man kann es sogar noch schärfer formulieren: Sie können einander nicht ausstehen. Daher stockt die direkte Kommunikation, die oftmals viele Hürden auf einfache Weise aus der Welt zu schaffen vermag. Während Netanjahu vor der Wahl eindeutig Stellung für Romneys Seite bezog, war nach der Wahl nichts mehr davon zu hören. Im Ministerpräsidentenbüro versuchte man, Zweifel zu zerstreuen, und gab sofort bekannt, dass Netanjahu Obama in einem persönlichen Telefonat zu seinem Wahlsieg gratuliert habe.

Doch schnell stand die erste echte Prüfung des Verhältnisses an, denn nur wenige Tage nach Obamas Wiederwahl kündigte die Palästinensische Autonomiebehörde an, bei den Vereinten Nationen einen Antrag zu stellen, um als Staat mit Beobachterstatus in den Kreis der UNO-Vollversammlung aufgenommen zu werden. Die Obama-Regierung lehnte diesen Schritt ausdrücklich ab, so wie Israel es sich nicht anders hätte wünschen können. Ist damit das Thema also vom Tisch?

Vermutlich nicht. In Israel geht man davon aus, dass Obama die Forderung der Palästinenser auf Einstellung aller Bauaktivitäten in den Siedlungen unterstützen wird. Zudem glaubt die israelische Regierung, dass Obama jene Prozesse fördern wird, die zu einer Gründung von zwei Staaten in der Region Erez Israels führen werden.

Das wohl wichtigste Thema wird der Iran bleiben. Wie vehement wird Obama sich gegen die iranischen Bestrebungen stellen, in den Besitz von nuklearen Waffen zu kommen? Wird er sich mit den Iranern letztlich doch noch an den Verhandlungstisch setzen? Wird er ernsthaft militärische Massnahmen erwägen bzw. gutheissen? Das sind für Israel Fragen von grösster Relevanz. Die jeweiligen Antworten werden für das Land und den gesamten Nahen Osten bedeutsam sein und massgeblich vorgeben, wie sich das Verhältnis zwischen Israel und den USA entwickeln wird – auch unabhängig vom Ausgang der Wahlen in Israel.

Von Zwi Lidar