Es ist eine Tatsache, dass der Vater im Himmel Seine Kinder nicht aus den Augen verliert; Er ist immer bei ihnen. In Psalm 37,25 steht das herrliche Zeugnis: «Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe noch nie den Gerechten verlassen gesehen.» Nun ist es aber unbestreitbar so, dass wir manchmal meinen, unser Herr verberge sich vor uns. Wie kommt es so weit? Es gibt Tage, an denen wir uns nicht so gut, sondern eher matt und leer fühlen. Wir haben nicht unbedingt das Gefühl, mit dem Herrn in Verbindung zu stehen. Und da machen einige von uns den Fehler, das Handeln des Herrn falsch zu bewerten. Wir haben dann oft den Eindruck, wir hätten vom Herrn eine «Abwesenheitsmeldung» erhalten. Wir sagen dann sehr schnell: «Er ist nicht mehr da.» Aber ist das auch wirklich so?
Auf dem See Genezareth schwimmt ein Boot. Die Passagiere sind der Herr und Seine Jünger. Während die Jünger sich im vorderen Teil des Bootes aufhalten, hat sich der Herr im hinteren Teil auf einem Kissen zur Ruhe gelegt und schläft. Währenddem Er schläft, bricht ein wilder Sturm los und das Schifflein gerät in grosse Seenot.
Nun ist die folgende Frage sehr wichtig: War der Herr in diesem Moment bei Seinen Jüngern oder war Er es nicht? Man könnte sagen: beides! Er war da – und doch war Er nicht ganz da. Ja, Er war da, weil Er hinten im Boot sichtbar auf dem Kissen lag; die Jünger konnten Ihn sehen. Aber nein, Er war nicht da, weil der Schlaf, in den Er gefallen war, Ihn dem gegenwärtigen Geschehen entrückt hatte. Wie stuften die Jünger das nun ein? Wie reagierten sie, als der Sturm so heftig über sie hereinbrach und der Herr weiterhin hinten auf dem Kissen schlief?
Es ist traurig, aber wahr: Das momentane Schweigen ihres Herrn gab den Jüngern das Gefühl, als ob sie von Ihm verlassen wären. Das beweist ihre heftige Reaktion und ihre Panik: «Sie weckten ihn nun und sagten zu ihm: Meister, liegt dir nichts daran, dass wir untergehen?» (Mk 4,38). Gerade diese letzten Worte bezeugen leider überdeutlich: Der schlafende Herr war für sie in diesem Augenblick kein rettender Herr! Unser Herr war damals über dieses Verhalten Seiner Jünger traurig; denn wir hören Ihn später vorwurfsvoll die Frage stellen: «Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr immer noch keinen Glauben?» (Mk 4,40).
Liebe Leser, auch in unserem Glaubensleben kann es vorkommen, dass wir das Gefühl haben, unser Herr hätte sich verborgen. Aber Er ist nicht weg, Er «schläft nur hinten im Boot»! Das heisst, aus irgendeinem Grund, den der Herr kennt, sind die Umstände anders als gestern und vorgestern. Gestern und vorgestern ging alles noch so gut, aber heute müssen wir kämpfen und fühlen uns allein. Lassen Sie es sich gesagt sein: Wenn wir in solchen Zeiten unseren Herrn nicht sehen, nicht hören und auch nicht verspüren, so ist Er doch da; denn Er ist immer bei uns! Solche Zeiten, in denen alles so schwerfällig läuft und wir uns verlassen fühlen, sind oft Zeiten der Prüfung und der Zubereitung. Der Herr will sehen, was wirklich in uns ist, wie es um unseren Glauben bestellt ist. Denken Sie hier an 5. Mose 8,2; der Herr liess damals Seinem Volk Israel sagen: «Gedenke des ganzen Weges, den dich der Herr, dein Gott, geleitet hat diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit kundwürde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.» Und so gibt es eben auch in unserem Leben so manche Prüfung.
Der schlafende Herr hinten im Boot war damals für die Jünger auch eine solche Glaubensprüfung. Der Herr wollte sie nicht in Ängste und Nöte bringen, sondern sie sollten im Glauben wachsen.
Was immer wir also erleben, wie still es vielleicht in und um uns geworden ist – Gott hat uns nicht verlassen!
Von Marcel Malgo