24.08.2012

Hat Gott Seine Verheissungen erfüllt? - Teil 4


Der mosaische Bund und die eschatologische Bedeutung von 3. Mose 26  – Teil I

Zu einem biblischen Verständnis von Josua 21,43-45. Teil 4.



Der mosaische Bund wurde zu Lebzeiten Josuas bestätigt (2.Mo 24,1-8), der zusammen mit dem jüdischen Volk unter dessen Bestimmungen lebte. An dieser Stelle fehlt der Raum für eine umfassende Behandlung aller Elemente dieses nächsten Bundes Jahwes (Anm. Red.: nach Noah-Bund, Teil 2, und abrahamitischer Bund, Teil 3). Jedoch sollte unter anderem ein für diese Studie ungeheuer wichtiger Punkt erwähnt werden. Dies ist von besonderer Bedeutung: In 1. Mose 15,18 nannte Jahwe den Euphrat als Teil der Landesgrenze im abrahamitischen Bund. Und dies bestätigte Er bei drei verschiedenen Gelegenheiten innerhalb des Bundesschlusses mit Mose: (1) 2. Mose 23,31: «Und ich will deine Grenze festsetzen von dem Schilfmeer bis an das Philistermeer und von der Wüste bis an den Euphratstrom. Denn ich will dir in deine Hand geben die Bewohner des Landes, dass du sie ausstossen sollst vor dir her.» (2) Dem Volk, das Josua demnächst in das verheissene Land führen würde, gab Jahwe in 5. Mose 1,7 die Anweisung: «Wendet euch nun und zieht weiter, dass ihr zu dem Bergland der Amoriter kommt und zu allen ihren Nachbarn in der Arava, im Bergland und in der Schephela, zum Negev und zum Ufer des Meeres, in das Land der Kanaaniter und zum Libanon, bis an den grossen Strom, den Fluss Euphrat!» Und (3) 5. Mose 11,24: «Jeder Ort, auf den eure Fusssohle tritt, soll euch gehören; von der Wüste an, vom Libanon und dem Euphratstrom bis an das westliche Meer soll euer Gebiet reichen.»

Das ist bedeutend, denn das Buch Josua beginnt mit der Anweisung Jahwes an den neuen Leiter, das dem Volk gegebene Land erstrecke sich «von der Wüste und dem Libanon dort bis zum grossen Strom Euphrat, das ganze Land der Hetiter, und bis zu dem grossen Meer, wo die Sonne untergeht» (Jos 1,4). Darüber später mehr. Für jetzt genügt festzustellen: Hätte Jahwe etwas anderes als den irdischen Euphrat im Blick gehabt, dann müsste bewiesen werden, was Jahwe wohl meinte, wenn nicht genau diesen Fluss, den Er spezifisch und wiederholt nannte. Darüber hinaus müsste erklärt werden, wie Josua Gottes wahre Absicht wohl herausgefunden haben mochte in seinem Bestreben, den Befehlen und Anordnungen Jahwes Folge zu leisten.

Die eschatologische Bedeutung von 3. Mose 26. Ein anderer sachdienlicher Bestandteil des mosaischen Bundes ist 3. Mose 26. Auch dieser Faktor muss bei einer Auslegung von Josua 21,43-45 in Betracht gezogen werden. In diesem Teil des Bundes mit Mose verhiess Jahwe dem Volk Israel Seinen Segen, wenn es Ihm gehorchen würde (3.Mo 26,1-13). Dem folgten Gerichtsandrohungen gegen das jüdische Volk, sollte es den Bund brechen (3.Mo 26,14-39). «Der Segen bezog sich auf die Landes- und Segensverheissungen, die Gott im abrahamitischen Bund gegeben hatte; die Flüche hingegen kündigten einen Fünfstufenplan der Vergeltung im Rahmen des mosaischen Bundes an.» All die von Jahwe auferlegten Flüche sollten das Volk zum Bundesgehorsam gegenüber Ihm zurückbringen (z.B. 3.Mo 26,18.21) – wie wir schon mehrfach festgestellt haben. Zu diesen Strafen Jahwes für schamlosen und andauernden Bundesbruch gehört auch das Gericht über das verheissene Land in 3. Mose 26,31-35:

«Und ich will eure Städte zu Ruinen machen und eure heiligen Stätten verwüsten und euren lieblichen Geruch nicht mehr riechen. Und ich will das Land verwüsten, sodass eure Feinde, die darin wohnen werden, sich davor entsetzen sollen. Euch aber will ich unter die Heidenvölker zerstreuen und das Schwert hinter euch her ziehen, sodass euer Land zur Wüste wird und eure Städte zu Ruinen. Dann wird das Land seine Sabbate geniessen, solange es verwüstet liegt und ihr im Land eurer Feinde seid. Ja, dann wird das Land ruhen und seine Sabbate geniessen dürfen. Solange es verwüstet liegt, wird es ruhen, weil es nicht ruhen konnte an euren Sabbaten, als ihr darin wohntet.»

Interessanterweise wurde 3. Mose 26 dem Volk schon am Berg Sinai gegeben (V 45); das war noch, bevor die Kundschafter ausgesandt wurden, um das Land zu erkunden (4.Mo 13-14). Jahrzehnte vor dem Einzug in das ihnen von Jahwe verheissene Land hatte Jahwe den Israeliten also ein Leben im Land oder aber die Vertreibung versprochen, je nachdem, ob sie im Bundesgehorsam bleiben oder Ihm ungehorsam sein würden. Walter C. Kaiser formuliert es so: «Das Eigentumsrecht am Land (als Geschenk Gottes) ist gesichert und ewig, aber ob irgendeine der Generationen das Land besitzt, hängt von ihrem jeweiligen Gehorsam ab.» Schon im vorhergehenden Kapitel nannte Jahwe das Land «Sein Eigentum»: «Ihr sollt das Land nicht für immer verkaufen; denn das Land gehört mir, und ihr seid Fremdlinge und Gäste bei mir» (3.Mo 25,23). Wer denkt, die biblischen Landesverheissungen würden über Gebühr betont, sollte sich diesen Vers zu Herzen nehmen: Bis zu diesem Tag gehört das Land Jahwe.

Trotz der Bundesbrüche und selbst wenn das Volk schliesslich in das angedrohte Exil ziehen müsste, schliesst dieses Kapitel von Segen und Fluch (3.Mo 26) mit der Verkündigung von Jahwes Absichten sowohl mit Seinem Land als auch mit Seinem Volk:

«Dann werden sie ihre Schuld und die Schuld ihrer Väter bekennen samt ihrer Untreue, die sie gegen mich begangen haben, und dass sie sich mir widersetzten, weswegen auch ich mich ihnen widersetzte und sie in das Land ihrer Feinde brachte. Und wenn sich dann ihr unbeschnittenes Herz demütigt, sodass sie dann ihre Schuld annehmen, so will ich an meinen Bund mit Jakob gedenken, und auch an meinen Bund mit Isaak und auch an meinen Bund mit Abraham, und ich will an das Land gedenken. Aber das Land wird von ihnen verlassen sein, um seine Sabbate zu geniessen, indem es ohne sie öde liegt; sie aber werden ihre Schuld büssen, eben deshalb, weil sie meine Rechtsbestimmungen missachtet haben und ihre Seele meine Satzungen verabscheut hat. Jedoch, auch wenn sie im Land der Feinde sein werden, so will ich sie nicht so verwerfen und sie nicht so verabscheuen, dass ich ein Ende mit ihnen mache oder meinen Bund mit ihnen breche; denn ich, der Herr, bin ihr Gott. Und ich will zu ihren Gunsten an meinen ersten Bund gedenken, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte vor den Augen der Heidenvölker, um ihr Gott zu sein. Ich bin der Herr» (3.Mo 26,40-45).

3. Mose 26,40-45 ist eine ausserordentlich wichtige Schriftstelle, um Gottes Pläne und Absichten mit dem jüdischen Volk und dem im abrahamitischen Bund zugesagten Land zu verstehen. Allerdings bleibt das unter Theologen weithin unberücksichtigt. Denn «das 3. Buch Mose gehört nicht gerade zu den ersten biblischen Büchern, die Bibelschüler zu eschatologischen Studien heranziehen». William D. Barrick fasst die Bedeutung von 3. Mose 26 richtig zusammen: «Theologen und Ausleger haben es versäumt, 3. Mose 26 ebenso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie 5. Mose 27-28; dieses Versagen hat das Lehrgebäude der Kirche ausgehöhlt.» Dies ist kein «Darbyismus des 19. Jahrhunderts», wozu man schlussfolgert: «Die Theorie des Futurismus bezüglich Israel ist eine neue Lehre, die erst um 1830 entstanden ist.» Nein, dies ist vom ersten Moment an inspiriertes Wort Gottes, das von Jahwe ausgegangen ist. Zu behaupten, die Verheissungen in 3. Mose 26,40-45 seien eine Lehre aus dem 19. Jahrhundert, würde bedeuten, die folgenden Aussagen seien der «relativ neuen» Lehre der Reformation zuzurechnen und nicht dem ersten Jahrhundert, in dem Paulus dies schrieb: «Der Gerechte wird aus Glauben leben» (Röm 1,17) oder «Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus» (Röm 5,1).

Nochmals: Ob jemand 3. Mose 26 in seine Eschatologie einschliesst oder nicht, hat weitreichende Auswirkungen auf die Auslegung späterer biblischer Passagen. Barrick fasst die eschatologische Bedeutung von 3. Mose 26 so zusammen:

«3. Mose 26 enthält Offenbarungen über Israels zukünftige Busse und Wiederherstellung; diese werden sowohl im Alten als auch im Neuen Testament bestätigt. Da ihre Busse und Wiederherstellung noch nicht erfolgt sind, muss die Erfüllung eschatologisch eingeordnet werden. Die Nähe von 3. Mose 26 zum abrahamitischen Bund knüpft die Erfüllung an das Land, das Gott den Nachkommen Abrahams zu geben versprochen hat. Die Erfüllung der Landesverheissungen wartet darauf, wartet auf Israels Busse. Wenn Israel sich zu Gott wendet und seine Sünden bekennt, wird Gott es im verheissenen Land wiederherstellen. Chronologisch gesehen ist 3. Mose 26 die erste detaillierte Beschreibung von Israels eschatologischer Busse und Wiederherstellung. Dieses Kapitel bietet bedeutende Belege dafür, dass der Ungehorsam gegen den mosaischen Bund auf die Beseitigung des im abrahamitischen Bund versprochenen Segens hinausläuft. Es ist das Herzstück der Ankündigungen der alttestamentlichen Propheten über das zukünftige messianische Königreich. Zu einem korrekten Verständnis des prophetischen Programms des Alten Testaments gehört die Offenbarung von 3. Mose 26.»

Von Greg Harris