Obwohl manche Beobachter meinen, die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise gehöre bereits in die Annalen der Geschichte, sind deren Folgen doch von epochaler Bedeutung für die Welt. Diese Entwicklung ist ein weiterer Schritt in dem Prozess, der in die letzte Phase der Endzeit hineinführt.
Noch immer gibt es in akademischen Kreisen heftige Debatten über die Finanzkrise und über vorbeugende Massnahmen, um ähnliche Katastrophen künftig zu vermeiden. Obwohl wir die Diskussionsbeiträge mancher Intellektueller respektieren, wirken die Debatten teilweise komisch. Deshalb ist es für uns wichtig zu verstehen, dass die Ökonomie keine Wissenschaft, sondern eine Philosophie oder besser gesagt eine Religion ist. Allgemein betrachtet hat sich diese «Bruderschaft aus Ökonomen am Hof des Königs» als falsche Propheten entpuppt. Im krassen Gegensatz zu ihren ständigen Prophezeiungen über «Wohlstand, soweit das Auge reicht», hat die Katastrophe der weltweiten Finanzkrise ihre Prognosen widerlegt. Dennoch bleiben sie auf ihren Beraterposten am Tisch des Königs.
In diesem Sinne sind die Zustände heute die gleichen wie in der Zeit von Ahab, dem gottlosen König Israels. Er war der berühmt-berüchtigte Begründer eines 120 Jahre überdauernden Erbes («alles Tun des Hauses Ahab»; Mi 6,16), das letzten Endes zur Zerstörung Israels führte. Praktisch alle Propheten im Dienst des Königs (etwa vierhundert) sagten ihm den sicheren Sieg voraus, als er gegen Ramot in Gilead in den Krieg ziehen wollte. Nur Micha, der einzige Prophet, der seine Inspiration von Gott empfing, verkündete die bittere Wahrheit. Für seine Tapferkeit wurde er mit einem Schlag ins Gesicht belohnt (1.Kön 22,24). Danach befahl König Ahab: «Setzt diesen ins Gefängnis und speist ihn mit Brot der Bedrängnis und mit Wasser der Bedrängnis» (V 27).
Wie in der Zeit von König Ahab zahlt man auch heute in vielen Berufsgruppen einen hohen Preis, wenn man die Wahrheit ausspricht. Das trifft ganz sicher auf jeden zu, der in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen eine Funktion innehat. Erstens ist mit jedem Bekenntnis zum Glauben an Jesus Christus die Karriere praktisch schon beendet, und zweitens schadet die Wahrheit dem Geldbeutel. Das berühmte Zitat des sozialkritischen Schriftstellers Upton Sinclair trifft hier den Nagel auf den Kopf: «Es ist schwierig, einem Mann etwas begreiflich zu machen, wenn sein Gehalt davon abhängt, dass er es nicht begreift.» Er will damit sagen, dass jeder, der eine Sache kritisch beurteilt, auch mit wirtschaftlichen Sanktionen belegt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen praktisch unkündbaren Akademiker handelt, vielleicht einen Naturwissenschaftler, der die Theorie von der «Erderwärmung» bestreitet. Solche Leute verlieren entweder ihre Arbeit oder ihnen wird die finanzielle Förderung für ihre Forschungsprojekte entzogen, wenn sie sich nicht mit den Zielen des Humanismus und Globalismus in Einklang befinden. Aus dieser Perspektive betrachtet kann auch das «Begreifen» sehr stark vom Geld geprägt sein.
Obwohl die «Priesterschaft der Ökonomie» in ihrer Gänze als betrügerische Clique entlarvt worden ist, wird sie noch immer zurate gezogen, wenn man nach Lösungen sucht, um die Welt aus ihrem aktuellen Schlamassel zu befreien. Ich habe zahlreiche, von sogenannten Ökonomen verfasste Einschätzungen über Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten gelesen, aber keine einzige hat auf die wahre Ursache der Wirtschaftskrise hingewiesen, nämlich die Zügellosigkeit der menschlichen Gier. Hier liegt das Grundproblem einer in Sünde gefallenen Welt. Obwohl die von Gott für dieses Zeitalter eingesetzte Einrichtung der zivilen Regierung eine kluge und möglichst vielen Menschen dienliche Politik verfolgen sollte, dürfen Menschen bei ihren Lösungsvorschlägen nicht den göttlichen Willen missachten und ihre eigenen Vorstellungen zum Massstab machen (vgl. Jes 5,21). Nach den Worten der Bibel ist das menschliche Herz die Ursache aller Probleme. «Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus?» (Jer 17,9). Die Menschheit trägt die Sünde in sich. Wie können unter solchen Voraussetzungen künftige Finanzkrisen vermieden werden? Das ist erst dann möglich, wenn Laster wie die Gier und die Geldliebe vollständig ausgemerzt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Erkenntnis des Psalmisten. «Sie ersinnen Tücken: ‹Wir sind fertig, ersonnen ist der Plan! Und das Innere eines jeden, ja, sein Herz ist unergründlich!›» (Ps 64,7).
Von Wilfred J. Hahn