02.02.2011

1. Timotheus 1,3-11: Der Unterschied zwischen Lehren und Lehre

Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 2.
Es ist auffallend, dass immer dann, wenn es im 1. Timotheusbrief um falsche Lehren (Dämonenlehren, Irrlehren, ungesunde, fremde und andersartige Lehren) geht, die mit der Bibel nicht übereinstimmen, das Wort «Lehre» in der Mehrzahl geschrieben steht = «Lehren». Wenn es sich hingegen um die Lehre der Heiligen Schrift handelt, steht das Wort «Lehre» immer in der Einzahl, und zwar mit der deutlichen Aufforderung, «nichts anderes zu lehren». «Fremde Lehren» kontra «gesunde Lehre» (1.Tim 1,3.10; vgl. 1.Tim 4,1.6; 1.Tim 6,3); dieses Prinzip zieht sich auch durch die anderen Briefe des Neuen Testaments (z.B. Hebr 13,9). Das heisst, dass die Bibel nur eine Lehre kennt. Das sollte uns zu heiliger Ehrfurcht gegenüber Gottes Wort veranlassen. Wie wichtig ist es doch, in unserer Auslegung diese Lehre zu treffen und zu vertreten und nichts anderes zu lehren!
Wir kennen verschiedene Interpretationen, verschiedene Auslegungen, aberin Wahrheit gibt es nur eine einzige und wahre Lehre über jeden Bereich des Lebens und der Gemeinde, über die Heilsgeschichte, über Israel, über Sünde und Rechtfertigung, über das ewige Leben, über Erwählung, über Gesetz und Gnade, über den Heiligen Geist, über die Eschatologie (Entrückung, Millennium, Braut) usw.
1. Timotheus 1,7 hält uns in diesem Zusammenhang mahnend vor Augen, dass man Dinge als gewiss darstellen kann, ohne sie in Wahrheit verstanden zu haben: «Sie wollen Lehrer des Gesetzes sein und verstehen doch nicht, was sie verkünden und als gewiss hinstellen.» Man kann also in voller Überzeugung an der Wahrheit vorbeirauschen. Man meint, man tue das Richtige, und doch liegt man voll daneben.
Die wahre Lehre kann man am besten durch ernsthaftes Bibelstudium herausfinden und anhand des Roten Fadens, der sich durch die Bibel zieht, sodass die Lehre am Ende ohne Widerspruch aufgeht. Das braucht wahrlich viel Gebet, sorgfältiges Studium, Ehrfurcht und ein möglichst nahes Dranbleiben an der Bibel und ihrem Zusammenhang.
Ein Beispiel dazu finden wir in Apostelgeschichte 18,24-28: «Aber ein Jude mit Namen Apollos, aus Alexandria gebürtig, kam nach Ephesus, ein beredter Mann, der mächtig war in den Schriften. Dieser war unterwiesen im Weg des Herrn und feurig im Geist; er redete und lehrte genau über das, was den Herrn betrifft, kannte aber nur die Taufe des Johannes. Und er fing an, öffentlich in der Synagoge aufzutreten. Als nun Aquila und Priscilla ihn hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer aus. Als er aber nach Achaja hinübergehen wollte, ermunterten ihn die Brüder und schrieben an die Jünger, dass sie ihn aufnehmen sollten. Und als er dort ankam, war er eine grosse Hilfe für die, welche durch die Gnade gläubig geworden waren. Denn er widerlegte die Juden öffentlich mit grosser Kraft, indem er durch die Schriften bewies, dass Jesus der Christus ist.»
Apollos war ein beredter Mann und mächtig in der Schrift des Alten Testaments. Er war unterwiesen und feurig im Geist. Ausserdem lehrte er genau, was den Herrn betraf, aber ihm fehlte die neutestamentliche Belehrung und Orientierung. Aquila und Priscilla nahmen sich seiner an und legten ihm das Wort Gottes noch genauer aus. Danach konnte er umso intensiver das Wort des Herrn verkündigen. Die Arbeit von Aquila und Priscilla war die Arbeit eines guten neutestamentlichen Kommentars. Manche Zeitgenossen meinen ja, sie bräuchten keine Kommentare, dieses Beispiel zeigt uns jedoch das Gegenteil.
Dieses Beispiel will uns zeigen, wie sehr dem Heiligen Geist daran gelegen ist, uns immer weiter und tiefer zu unterrichten. Für ein Kind Gottes gibt es nie ein Genug, nie eine Endstufe des Lernens. Wir sollen unablässig in der Bibel lesen und sie studieren, die Heilszusammenhänge verstehen lernen und weitergeben. Dazu gehört es eben auch, Kommentare zu lesen, Bibelkurse zu absolvieren oder Bibelschulen zu besuchen. Wir können nur das wirklich weitergeben, was wir selbst gelernt und verstanden haben.
In Apollos zeigt uns der Herr einen belehrbaren und lernfähigen Mann, ein Beispiel für uns. Gleichzeitig sehen wir in ihm einen Menschen, der sich später strikt an den Leitfaden des Wortes Gottes hielt und nicht über das hinausging, was die Schrift eindeutig lehrte. «Das aber, meine Brüder, habe ich auf mich und Apollos bezogen um euretwillen, damit ihr an uns lernt, in eurem Denken nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht, damit ihr euch nicht für den einen auf Kosten des anderen aufbläht» (1.Kor 4,6).
Wenn es gemäss 1. Timotheus 1,3- 11 fremde Lehren gibt, dann muss es zwangsläufig auch eine bekannte und anerkannte Lehre geben. Es gibt eine einzigartige göttliche Lehre und andersartige menschliche Lehren. Wenn es eine gesunde Lehre gibt, dann gibt es auch kranke bzw. «krankmachende» Lehren. Die gesunde Lehre stärkt, die ungesunden Lehren schwächen. Falsche Lehren verwirren, die wahre Lehre gibt Sicherheit.
Was kennzeichnet fremde unbiblische Lehren? Fremde Lehren beschäftigen sich in der Hauptsache mit Nebensachen. Sie wollen Menschen an Personen oder deren Organisation binden. «Aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen in ihre Gefolgschaft» (Apg 20,30). Das ist der Ursprung aller Sekten und aller Gruppierungen mit sektiererischen Zügen. Sie befassen sich mit Legenden, Mythen, Fabeln, Fantastereien. Die Inhalte sind oft auch esoterisch oder philosophisch. Es sind ausserbiblische, das heisst menschliche Zusätze zum Wort Gottes.
Timotheus sollte darauf achten, dass keine fremden Lehren verbreitet werden (V 3-4): «Ich habe dich ja bei meiner Abreise nach Mazedonien ermahnt, in Ephesus zu bleiben, dass du gewissen Leuten gebietest, keine fremden Lehren zu verbreiten und sich auch nicht mit Legenden und endlosen Geschlechtsregistern zu beschäftigen, die mehr Streitfragen hervorbringen als göttliche Erbauung im Glauben» (vgl. Tit 1,14). Bei den Geschlechtsregistern handelte es sich wahrscheinlich darum, dass die Juden unbedingt feststellen wollten, von welchem Patriarchen sie abstammten. Das spielte aber neutestamentlich überhaupt keine Rolle mehr. «Die törichten Streitfragen aber und Geschlechtsregister, sowie Zwistigkeiten und Auseinandersetzungen über das Gesetz meide; denn sie sind unnütz und nichtig» (Tit 3,9). Geschlechtsregister spielen auch heutzutage bei Sekten manchmal eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel bei den Mormonen. Es geht im Neuen Testament aber nicht mehr um Abstammung, sondern um Berufung, Glaube und Bekehrung.
Fremde Lehren sind meistens aggressiv, sie bewirken Streit und Streitfragen und dienen nicht der göttlichen Erbauung. Oft drehen sie sich um bestimmte Schwerpunkte, die zur Hauptsache gemacht werden. Mit den Vertretern solcher Lehren kann man schwerlich einen Dialog führen.
Irrlehrer kommen immer rechthaberisch und überheblich daher, sie sind hochmütig, arrogant, unbelehrbar und ignorieren jedes biblische Gegenargument. Man kann kein erbauliches Gespräch mit ihnen führen; es bleibt meistens bei unfruchtbarem Geschwätz oder endet gar mit Streit (1.Tim 1,6). Ein typisches Zeichen für Irrlehrer ist, dass sie das Gesetz zur Hauptsache machen, ohne dabei zu berücksichtigen, dass dieses erfüllt ist (vgl. Gal 1,6-10; 3,1-5). Dabei fällt auf, dass sie in grosser Selbstsicherheit auftreten und ihre Lehren als unumstösslich darstellen, wobei sie in Wirklichkeit die biblische Lehre von der Rechtfertigung noch gar nicht verstanden haben. Denn einem durch das Evangelium Jesu Gerechtfertigten ist kein Gesetz mehr auferlegt. Die Anweisungen im Neuen Testament erfüllen alles und der Gehorsam diesen Anweisungen gegenüber ist ein Zeichen der Gerechtigkeit. So gibt es zum Beispiel im 1. Timotheusbrief mehr als 30 persönliche Befehle.
Das Gesetz ist gut (vgl. Röm 7,12), «wenn man es gesetzmässig anwendet» (1.Tim 1,8). Das heisst: Wenn man es als das betrachtet und gebraucht, wozu es gegeben ist. Durch das Gesetz wird niemand gerecht. Das Gesetz bringt Fluch. Das Gesetzt schenkt Erkenntnis der Sünde. Das Gesetz setzt schützende Schranken. Das Gesetz ist nicht aus Glauben. Das Gesetz führt aber zum Glauben an Jesus. Das Gesetz ist ein Lehrmeister auf Christus hin. Das Gesetz wurde nicht als Mittel zur Erlösung gegeben, aber es führt zur Erlösung (Gal 2,16.21; 3,10-13.23-25; Röm 3,20). Jemand betonte zu Recht: «Das Gesetz lehrt uns drei Lektionen: Wir sollten. Wir haben nicht. Wir können nicht.»
In diesen Dingen ist das Gesetz gut. Wer es so gebraucht und dadurch die Gnade in Jesus ergreift, wird gerecht. Und weil er gerecht geworden ist, hat das Gesetz seine Gültigkeit für ihn verloren, es hat ausgedient. Denn das Gesetz ist – so sagt es die Schrift eindeutig und klar – zur Überführung für die Gesetzlosen gegeben: «Wir wissen aber, dass das Gesetz gut ist, wenn man es gesetzmässig anwendet und berücksichtigt, dass einem Gerechten kein Gesetz auferlegt ist, sondern Gesetzlosen und Widerspenstigen, Gottlosen und Sündern, Unheiligen undGemeinen, solchen, die Vater und Mutter misshandeln, Menschen töten, Unzüchtigen, Knabenschändern, Menschenräubern, Lügnern, Meineidigen und was sonst der gesunden Lehre widerspricht» (1.Tim 1,8-10).
«Gesetzlose» sind unerlöste Menschen, die nicht nach dem Gesetz leben. Der kommende Antichrist wird als «der Gesetzlose» bezeichnet (2.Thess 2,8). Widerspenstige sind solche, die offen gegen den Willen Gottes rebellieren. Mit «Gottlosen und Sündern, Unheiligen und Gemeinen» wird alles beschrieben, was einem Leben ohne Gott entspringt. Die, «die Vater und Mutter misshandeln», verstossen gegen das fünfte Gebot: «Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.» Diejenigen, die «Menschen töten», verstossen gegen das sechste Gebot: «Du sollst nicht töten.»
«Unzüchtige» und «Knabenschänder» werden getrennt aufgeführt. Das bedeutet, dass es sich um zwei verschiedene Dinge handelt. Unzucht ist jeder geschlechtliche Verkehr vor und ausserhalb der Ehe. Dass sich die Bibel deutlich für einen Ehebund ausspricht, macht Jesus bei der Samariterin am Jakobsbrunnen deutlich. «Die Frau antwortete und sprach: Ich habe keinen Mann! Jesus spricht zu ihr: Du hast recht gesagt: Ich habe keinen Mann! Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Da hast du die Wahrheit gesprochen» (Joh 4,17-18). Die Frau lebte ohne Ehebund mit einem Mann zusammen, was Jesus nicht als Ehe anerkannte. «Knabenschänder» leitet sich indes von einem griechischen Wort ab, das einen Mann bezeichnet, der mit anderen Männern und Knaben Unzucht treibt (1.Kor 6,9). «Menschenräuber» bezieht sich auf Sklavenhandel und Kidnapping und kann sicher auch auf Sekten angewandt werden. «Lügner» und «Meineidige» sind solche, die nicht die Wahrheit sagen, ihr widerstehen oder die Wahrheit brechen.
Alles, «was der gesunden Lehre widerspricht », schwächt den Leib Christi und macht ihn krank. Einerseits darf keine Gesetzlichkeit gelehrt werden und andererseits darf die Sünde nicht verharmlost werden. Paulus warnte sowohl vor der Gesetzlichkeit als auch vor der Gesetzlosigkeit. Zum besseren Verständnis dieser Thematik empfehle ich Ihnen das Buch von Dr. Arnold Fruchtenbaum: Gesetz und Gesetzlichkeit (Im Verlag des Mitternachtsruf erhältlich; Bestell-Nr.: 170004).
Wodurch zeichnet sich die gesunde Lehre aus? 1. Timotheus 1,5: «Das Endziel des Gebotes aber ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.» Man kann hier auch lesen: «Das Endziel der Unterweisung», denn mit dem Gebot, das Paulus hier meint, ist «Anordnung», «Weisung», «Lehre» oder «Botschaft» gemeint. Demnach will diese Anforderung darlegen, worin sich die reine, gute und gesunde Lehre gegenüber den «fremden Lehren» unterscheidet. Es sind vier Merkmale:
1. Reine Liebe. Man handelt nicht aus  Eigennutz, sondern mit dem Ziel, den anderen zu erbauen. 
2. Ein reines Herz. Man hat keine unlautere Motivation.
3. Ein reines Gewissen. Das Wort Gewissen wird in 1. Timotheus dreimal erwähnt (1,5.19; 4,2). Kapitel 1,5-6 besagt: Wer sich von der reinen Lehre abkehrt, der hat sich von einem guten Gewissen abgewandt. Gemäss Vers 19 legt ein gutes Gewissen Zeugnis davon ab, dass man in der Lehre richtig liegt und keinen falschen Kurs eingeschlagen hat. Und nach Kapitel 4,2 sind die falschen Lehrer in ihrem Gewissen gebrandmarkt, selbst wenn sie ihre Lehren als gesichert darstellen. So glaube ich zum Beispiel nicht, dass man die Gottheit Jesu mit reinem Gewissens leugnen kann.
4. Reiner Glaube. Gesunde Lehre zeichnet sich weiter darin aus, dass sie dem apostolischen Evangelium entspricht: «… nach dem Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, das mir anvertraut worden ist» (V 11). Dem Apostel der Heiden ist ein Evangelium der besonderen Art anvertraut, er nennt es sogar wiederholt «mein Evangelium» (Röm 2,16; 16,25). Worin besteht sein Evangelium? Wir dürfen das Wort «Evangelium» nicht auf eine rein evangelistische Botschaft reduzieren. Das Evangelium, das Paulus empfangen hat, ist die gesamte Lehre, die er in seinen Briefen weitergibt. So nennt Paulus zum Beispiel den tiefgründigen Römerbrief «Evangelium»: «Dem aber, der euch zu stärken vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war» (Röm 16,25; vgl. Gal 1,8-9).
Es ist das Evangelium «des glückseligen Gottes», das Paulus anvertraut ist. Was bedeutet «glückseliger Gott»? Gott ist in sich selbst vollkommen glückselig. Er bedarf eigentlich niemanden, Er besitzt alles vollkommen in sich selbst. Das Wort bedeutet: «völlige Zufriedenheit besitzend», «völlige Unabhängigkeit». Er hätte uns also überhaupt nicht nötig. Und doch liebt Er uns und will uns durch das Evangelium für sich gewinnen. Gott wird mit uns nicht glückseliger, aber wir werden in Seine Glückseligkeit hineingenommen! Es wird jeder in den göttlichen Frieden geholt und glückselig, der an Ihn glaubt.
Von Norbert Lieth