16.04.2011

Offenbarung Jesu Christi: Der geheimnisvolle Schlüssel Davids – Teil 1

«Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat, der öffnet, und niemand wird schliessen, und schliesst, und niemand wird öffnen» (Offb 3,7).
Philadelphia war die modernste der sieben Städte, an die die Sendschreiben gerichtet wurden. 189 v.Chr. gründete König Attalos II. Philadelphos diese Stadt. Er wollte mit dieser speziellen Namensgebung (Philadelphia = Bruderliebe) seiner Verbundenheit mit seinem Bruder Eumenes II. Ausdruck verleihen. Versuche späterer Herrscher, der Stadt einen anderen Namen aufzuzwingen, schlugen stets fehl. Bis heute ist Philadelphia unter diesem antiken Namen bekannt. Als Grenzstadt zwischen Phrygien, Mysien und Lydien war Philadelphia das ideale und auserwählte Portal, die Tür, um die griechische Kultur und Sprache zu verbreiten. Deshalb übertrug Jesus die damals aktuelle Situation und Mission Philadelphias auf den geistlichen Bereich und wies auf Seine Allmacht und den «Schlüssel Davids» hin. Das ist ein Beweis und Trost, dass der Herr vom Himmel her alles sieht.
Da wir glauben, dass die Sendschreiben neben allgemeiner auch prophetische Appelle an uns beinhalten, entdecken wir in Offenbarung 3,10 eine ganz besondere Verheissung, die bis in die Endzeit, bis ans Ende des Gemeindezeitalters, reicht: «Weil du das Wort vom standhaften Ausharren auf mich bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, damit die versucht werden, die auf der Erde wohnen.» Diese ganz spezielle Bewahrung können wir in einem Wort zusammenfassen: Entrückung! Die Entrückung der Gemeinde ereignet sich vor der siebenjährigen Trübsalzeit, vor der «wirksamen Kraft der Verführung» (2.Thess 2,11) durch das antichristliche Doppel: den Weltherrscher und den falschen Propheten.
Gegen das Vergessen? «Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat, der öffnet, und niemand wird schliessen, und schliesst, und niemand wird öffnen» (Offb 3,7).
Was denken Sie, wenn Sie von einem «Schlüssel Davids» lesen? Dieser Ausdruck kommt nur einmal im Neuen Testament und nur einmal im Alten vor: «Und ich werde den Schlüssel des Hauses David auf seine Schulter legen. Er wird öffnen, und niemand wird schliessen, er wird schliessen, und niemand wird öffnen. Und ich werde ihn als Pflock einschlagen an einen festen Ort; und er wird seinem Vaterhaus zum Thron der Würde sein. Dann werden sie sich an ihn hängen – die ganze Bürde seines Vaterhauses: die Sprösslinge und die Schösslinge, alle kleinen Gefässe, von den Beckengefässen bis zu allen Kruggefässen» (Jes 22,22-24).
Der Textzusammenhang beschreibt, wie Gott dem disqualifizierten und korrupten Verwalter Schebna eine ehrenlose Entlassung ankündigte und dafür Eljakim, den Sohn Hilkijas, einsetzen würde. Der Schlüssel Davids dient als Illustration für Autorität und grosse Verantwortung vor Gott und den Menschen. Doch die Frage bleibt: Warum gebrauchte der Herr diesen äusserst seltenen Ausdruck gerade in einem der sieben Sendschreiben? Und das sechzig Jahre nach Pfingsten, nach der Zerstörung Jerusalems und nach dem nationalen Untergang Israels – und damit im Zeitalter der Gemeinde?! Die meisten Ausleger scheinen sich hier schwer zu tun, viele kommentieren es gar nicht und andere versinnbildlichen den Schlüssel Davids und wenden ihn im übertragenen Sinn irgendwie auf die Gemeinde an. Doch dann hätte unser Herr, wie zum Beispiel in Matthäus 28,18, ja sagen können: «Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.» Warum gebraucht Er stattdessen in Offenbarung 3,7 diesen speziellen Ausdruck, über den wir als Christen so schnell hinweglesen?
In Philadelphia kam es, wie auch sonst überall, zur Konfrontation mit den «Synagogenjuden». Das war jener Teil des jüdischen Volkes, der sich dem Evangelium gegenüber verschloss, verhärtete und äusserst feindlich darauf reagierte. Vergessen wir nicht, dass die ersten Gemeinden hauptsächlich aus Israeliten bestanden. In der sogenannten Zerstreuung kam es zu einer Trennung der an den Messias gläubigen Juden von den Synagogen, worauf sich die Gemeinden aus gottesfürchtigen Juden und Heiden zusammensetzten. Im Hinblick auf diese Anfeindungen unterstreicht Jesus, wer wirklich das Sagen hat. Nämlich Er, der den Schlüssel Davids hat und der Gemeinde in Philadelphia eine offene Tür für das Evangelium verheisst! Wenn im Neuen Testament Begriffe auftauchen, die in Verbindung mit David stehen, muss immer ein direkter Bezug zu Israel hergestellt werden:
– Der Sohn Davids (Mt 1,1; 21,15).
– Aus dem Samen Davids (Joh 7,42; Röm 1,3).
– Die Wurzel Davids (Offb 5,5; 22,16).
– Der Thron Davids (Lk 1,32).
– Die Stadt Davids (Lk 2,4).
– Die zerfallene Hütte Davids (Apg 15,16).
Das Gleiche trifft auch auf «Jakob», «Zion» und «Jerusalem» zu, wenn es nicht ausdrücklich im übertragenen Sinn angewandt wird, wie zum Beispiel in Hebräer 12,22 (vgl. Gal 4,24). Das ist heute, nach fast 2000 Jahren Gemeindegeschichte, für viele wieder ein Geheimnis geworden, ein weitreichendes, das unsere Theologie im wahrsten Sinne des Wortes vergiften oder beleben kann: «Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden
alle Geschlechter auf der Erde!» (1.Mo 12,3). Deshalb ist dieser Hinweis auf den Schlüssel Davids einer gegen das Vergessen. Und wir entdecken im letzten Buch der Bibel einige dieser typisch jüdischen Formulierungen; hier nur neun Beispiele:
– Die sieben goldenen Leuchter = Menorah (Offb 1,12).
– Der Löwe aus dem Stamm Juda (Offb 5,5).
– Goldene Schalen voll Räucherwerk = Gebete (Offb 5,8; 8,3).
– Die 144 000 Versiegelten aus den zwölf Stämmen (Offb 7,4-8).
– Der Tempel Gottes, Altar und Vorhof (Offb 11,1-2).
– Die zwei Zeugen, die an Mose und Elia erinnern (Offb 11,5-6).
– Die Lade des Bundes (Offb 11,19).
– Frau mit Sonne, Mond, zwölf Sternen und Adlerflügeln (Offb 12,1.14).
– Der Berg Zion (Offb 14,1).
– Die Namen der zwölf Stämme auf den zwölf Toren des himmlischen Jerusalems (Offb 21,12).
Arnold Fruchtenbaum hat über 500 Stellen aus dem Buch der Offenbarung aufgelistet, die in direktem Bezug zu Stellen aus den alttestamentlichen Schriften Israels stehen. 500 Bezüge! Warum diese auffallende Anhäufung? Weil hier die Heilsgeschichte Israels wieder aufgegriffen wird und weitergeht!
Die verlorenen zehn Stämme Israels. Im heutigen Sammelbegriff «Jude» sind alle Nachkommen der Abraham- Isaak-Jakob-Linie eingeschlossen. Früher waren nur die Nachkommen Judas Juden. Später bildeten Juda und Benjamin zusammen das Südreich Juda, im Gegensatz zu den zehn von ihnen getrennten Stämmen im Nordreich Israel. Deshalb lesen wir in der Bibel von den Königen Judas und von den Königen Israels. Zur Zeit Jesu waren unter «Juden» vor allem die Bewohner Jerusalems und besonders die religiösen Leiter zu verstehen, weil Jerusalem in Juda liegt.
Beachten wir, dass Paulus in seiner Verteidigungsrede vor König Agrippa alle Stämme erwähnt: «… zu welcher unsere zwölf Stämme durch Tag und Nacht anhaltenden Gottesdienst zu gelangen hoffen …» (Apg 26,7). Und Jakobus beginnt seinen Brief an «die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung sind» (Jak 1,1). Da ist nichts zu merken von anscheinend mysteriös verloren gegangenen zehn Stämmen. In unserer Zeit gibt es vielerorts die wildesten Spekulationen um diese Stämme. So mancher glaubt in seiner blühenden Fantasie, in westlichen Völkern Nachkommen der Israeliten zu erkennen oder setzt kurzerhand die Gemeinde an deren Stelle. Das ist, als würde man sagen: Hamburg ist ein Hinweis auf Ham, also stammen die Hamburger vom zweiten der drei Söhne Noahs ab.
Für Gott ist nichts unmöglich und Er bringt Israel als das zwölfstämmige Volk in das Endzeitszenario zurück (Offb 7,4-8) – so wie es schon eine kaum für möglich eingestufte israelische Staatsgründung und die Wiedereinführung und Modernisierung der hebräischen Sprache gab! Es ist schon eindrücklich, dass Menschen wie Rabbi Eliyahu Avichail mittels des Elia-Projekts Nachkommen Israels auf der ganzen Welt suchen und sogar bis ans Ende der Welt aufspüren: in China, in den ehemaligen Sowjetrepubliken, in Indien, Japan, Italien, Peru oder Mexiko. Dabei geht es nicht um die bekannten Diaspora-Juden, die sich in Synagogen und jüdischen Zentren treffen und in grösseren Städten sogar eigene Schulen unterhalten, sondern um ganz alte Linien. Das Anliegen ist, etliche «herauszuschälen» und wieder nach Israel zu bringen. Oft ist es jedoch sehr schwierig herauszufinden, ob es sich um Bevölkerungsteile handelt, die irgendwann einmal unter dem Einfluss von Ereignissen oder Personen zum Judentum übertraten oder zum ursprünglichen Israel gehören. Ein typisches Beispiel finden wir in Esther 8,17: «Und viele aus den Völkern des Landes wurden Juden, denn Furcht vor den Juden war auf sie gefallen» (vgl. 9,27).
Wenn jüdische Gruppen oder Mischgruppen später durch Kriege oder Völkerwanderungen isoliert wurden, veränderte sich mit der Zeit sicherlich manches Überlieferte oder wurde durch Einflüsse von aussen sogar überlagert. Das macht die Frage, «Wer ist wirklich Jude?», ganz schön kompliziert. So gibt es in Brasilien viele Nachkommen der sogenannten Marranen, Juden, die zur Zeit der katholischen Inquisition aus Portugal (1536-1821) und Spanien (1478- 1834) flüchteten. Ein Teil von ihnen hat sich total vermischt und angepasst. Doch selbst unter diesen gibt es welche, die plötzlich Nachforschungen darüber anstellen, woher sie und ihr Name eigentlich kommen – und das nach Hunderten von Jahren und vielen Generationen –, um dann nach Israel auszuwandern!
Das erinnert uns an prophetische Ankündigungen wie in Jeremia 16,15: «So wahr der Herr lebt, der die Kinder Israels heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens und aus allen Ländern, wohin er sie verstossen hatte! Denn ich will sie wieder in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe.» Und: «Der Israel zerstreut hat, der wird es auch sammeln …» (Jer 31,10). Natürlich gibt es auch da wieder besonders «intelligente» Leute, die behaupten, dass sich das früher schon erfüllt und nichts mehr mit den heutigen Juden zu tun hätte. Interessanterweise scheidet biblische Prophetie die Geister und liefert uns phänomenale Antworten: «Daran sollen sie erkennen, dass ich, der Herr, ihr Gott bin, weil ich sie unter die Heidenvölker in die Gefangenschaft führen liess und sie nun wieder in ihr Land versammle und keinen von ihnen mehr dort zurücklasse» (Hes 39,28). Das hat sich so noch nie erfüllt! Gerade jetzt erst überflügelt die jüdische Bevölkerung Israels zum ersten Mal die grösste jüdische Kolonie in New York (ca. 5 500 000 Menschen).
Die Rückführung ins Land Israel geschieht teils vor unseren Augen und wird zum Schluss von Gott selbst beendet: «Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende» (Mt 24,31). Oft wird der Begriff «Auserwählte» ausschliesslich auf die Gemeinde angewendet, und dann entsteht eine gewaltige Verwirrung, unter anderem wegen der Entrückung der Gemeinde und wann sie stattfindet! In Jesaja 65,9 wird erwähnt, dass die Auserwählten das Land Israel besitzen sollen. Wenn wir dieses Kapitel als Ganzes lesen, gibt es keinen Zweifel, dass es hier um das erlöste Volk Israel im Tausendjährigen Reich geht.
Gottes Eingreifen beinhaltet die Demütigung des menschlichen Stolzes. Ein anschauliches Beispiel ist der aussätzige Heerführer Naeman in 2. Könige 5. Es ist schon interessant, dass dieser hochgestellte Mann den Worten eines jungen israelitischen Mädchens, das bei einem feindlichen Streifzug entführt worden war, Gehör schenkte. Bestimmt waren so manche Geschichten über Israel und darüber, was der Gott Israels schon alles fertiggebracht hatte, auch im Ausland bekannt. Aber dann wurde Naeman doch ziemlich sauer: Der Prophet Elisa wollte ihn erstens nicht persönlich empfangen und zweitens sollte er sich siebenmal im Jordan untertauchen. Und wieder hörte Naeman auf den Rat anderer, nämlich seiner Knechte, überwand seinen Stolz und gehorchte. Schliesslich geheilt, veränderte sich sein ganzes Leben. Und nachdem er sich vor den Anwesenden klar zum wahren Gott Israels bekannte hatte (V 15), kamen ihm plötzlich berechtigte Zweifel hinsichtlich der obligatorischen Besuche des Rimmon-Götzentempels, und er holte sich beim Propheten seelsorgerlichen Rat (V 15-19).
Ein dementsprechendes Ereignis finden wir auch im Neuen Testament: Die Heilung eines Blindgeborenen mittels Speichel und gewöhnlicher Erde (Joh 9,1-12). Wir lesen schnell und «fromm» darüber hinweg, aber das war doch echt abstossend, und viele von uns hätten sich gewehrt und Jesus gefragt: «Kannst Du nicht einfach die Hand auflegen oder nur ein Machtwort sprechen?» Gottes Wirken und Eingreifen läuft eben nicht schablonenmässig oder automatisiert ab: Es ist individuell angepasst.
Unser menschlicher Stolz kann es verhindern, dass wir die Bibel, die in Israel und durch Juden entstand, als Gottes Wort annehmen. Aber Jesus ist und bleibt auch der Messias Israels. Wenn man Ihn von Seinem Volk trennt und herauslöst, schafft man sich einen Sympathischen Freiheitskämpfer, Revolutionär und Friedensstifter und zum Schluss bleibt eine kreuzlose, kraftlose und leblose Fälschung, eine Imitation. Der Mensch braucht jedoch einen Erlöser!
Von Reinhold Federolf