«Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!» (Mt 25,6). Wir können dem Gleichnis über die zehn Jungfrauen in Matthäus 25 einfache und wichtige Dinge entnehmen. Damals war es um Mitternacht stockdunkel. Die Beleuchtungsmöglichkeiten waren dürftig und begrenzt. War trotzdem jemand unterwegs, dann erleuchtete die kleine Öllampe den Weg nur dürftig. Und wenn man am Ziel an die Tür pochte, erblickte der Hausvater zuerst das Licht und dann auch das beleuchtete Gesicht dessen, der es trug.
Auf uns übertragen bedeutet das: «Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben» (Joh 8,12). Jesus ist das Licht der Welt und mit Ihm befinden wir uns auf dem richtigen Weg. Nur deshalb kann unser Zeugnis etwas ausrichten: «Also lasset euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen» (Mt 5,16). Das Licht hat Auswirkungen – auf uns selbst und auf die Umgebung. Bei uns bedeutet es Heiligung, und was wir weitergeben, ist unser Zeugnis.
Nachts gibt es kaum Farbunterschiede, nur noch Grautöne. In unseren Tagen ist die Beurteilung schwierig geworden. Was ist wirklich vom Heiligen Geist gewirkt? Wann handelt es sich um seelische, manipulative oder dämonische Einwirkungen? Dazu ist die Versuchung gross, dem Gemeindewachstum etwas nachzuhelfen. Warum nur eine kleine Herde, wenn eine Megachurch doch viel mehr Spass macht und überdies mehr finanzielle Mittel hereinkommen? Ein allgemeines Markenzeichen scheint zu sein, dass der Heilige Geist erst ab 80 Dezibel und einer fetzigen Stunde so richtig anspricht. Was würde da übrigbleiben, wenn man einen Monat ohne Strom auskommen müsste? Das «Wellness-Evangelium» produziert zwar viele Sympathisanten, aber keine echten Wiedergeburten. Im Propheten Jesaja lesen wir: «Denn also spricht der Hohe und Erhabene, der ewiglich wohnt, des Name heilig ist: Der ich in der Höhe und im Heiligtum wohne und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen» (Jes 57,15). Gott wohnt in der himmlischen Höhe und in einem zerbrochenen Geist. Wo das adamitische Urgestein nicht gesprengt wird, kann es kein echtes Leben aus Gott geben, wohl aber Emotionen und Imitationen. Amos 6,5 beleuchtet auch unsere Zeit: «Sie fantasieren auf der Harfe und dichten sich selbst Lieder wie David!» Hier heisst es «wie David», aber ohne Inspiration und Vollmacht von oben. Das religiöse Fleisch liebt es, wenn es gestreichelt und ins Zentrum gestellt wird.
Nach 2000 Jahren Kirchengeschichte geschieht aber noch etwas anderes: «Da nun der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein» (Mt 25,5). Was biblische Lehre und intensives Studium von Gottes Wort betrifft, wird man mit einer ganz anderen Realität konfrontiert: Apathie und Schläfrigkeit, wogegen uns andere Dinge sehr wohl begeistern und kräftemässig fordern können. Sollten wir da nicht gemeinsam um persönliche Erweckung ringen und beten und uns gegenseitig helfen? Hebräer 10,25 sagt: «Indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag herannahen seht.» Wir sehen also mit eigenen Augen, dass sich der Tag naht. Für die Entrückung müssen sich keine eigentlichen Endzeitzeichen mehr erfüllen. Es gibt nur einen Grund, warum wir als Gemeinde noch da sind: weil die «Vollzahl der Heiden» (Röm 11,25), das heisst, die von Gott bestimmte Anzahl von geretteten Heiden, noch nicht erreicht ist! Was wir aber beobachten, sind die Vorbereitungen für die apokalyptische Weltbühne. Die folgende Aussage ist hochaktuell: «Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!» Da drängt sich die Frage auf: Wie ist es um unsere Lampe bestellt? Leuchtet sie richtig oder qualmt sie gerade noch? Ein untrüglicher Sensor ist unsere Bereitschaft, anderen von Jesus zu erzählen. Wenn wir nie, nirgends und niemandem gegenüber das Bedürfnis dazu aufbringen, sind wir geistlich krank. Dann verstopfen andere Dinge die Kanäle und Leitungen. In Psalm 139 bittet der Gottesmann um eine göttliche Bestandsaufnahme: «Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz; prüfe mich und erfahre, wie ich’s meine. Und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege» (V 23-24). Sind wir dazu bereit?
Von Reinhold Federolf