Am 19. Dezember 2011 veröffentlichte die Schweizer Migros-Zeitung ein Interview mit dem Hamburger Sozialwissenschaftler und Buchautor Holger Lendt unter dem provozierenden Titel: «Treue schliesst andere nicht aus.»
Das Interview entschuldigt nicht nur das Fremdgehen, sondern ist geradezu eine Aufforderung zur Untreue. Solche Beiträge entsprechen wohl eher dem Playboy, aber doch nicht der Zeitung der grössten Lebensmittel-Verkaufskette der Schweiz. Dieses Magazin gelangt als «Volkszeitung» in unzählige Haushalte; und ein solcher Artikel verleitet zum Gedanken, Fremdgehen sei doch eigentlich gar nicht so schlimm, sondern gehöre einfach zum Leben. Statt den vielen Familien Moral und Ethik zu vermitteln, wird mit der Veröffentlichung derartiger Argumentationen nur Schaden angerichtet. Und das geschah ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit – einer Zeit, in der wir der Treue Gottes zu uns Menschen und der Geburt des Erlösers gedachten und das Fest der Familie, der Harmonie und des Friedens feierten.
Der Artikel suggeriert, dass die Monogamie ein Auslaufmodell sei, weil ja schliesslich die meisten heute fremdgehen würden. Aber dem kann man entgegenhalten, dass immer mehr Menschen fremdgehen, weil sie unter anderem durch solche Artikel und die entsprechenden Angebote dazu angestiftet werden.
Gerade Männer sind ja oft allzu gerne bereit, diesen schrecklichen Schritt zu tun. Die Frauen und Kinder sind dann die Leidtragenden. Was ist mit einer Ehefrau, die treu sein will und Kinder hat, deren Mann aber die Lust am Fremdgehen wichtiger ist als die Treue zur Familie? Was ist wohl die Frucht dieses Szenarios?
Warum ist denn unsere Gesellschaft so kaputt? Warum werden in den Familien so viele Tränen geweint? Warum durchleiden Kinder psychische Qualen? Weil das Fremdgehen eben nicht das Normale ist. Es ist das Abnormale, das man zum Normalen umdefinieren will. Man strengt sich regelrecht an, Untreue als durchaus akzeptables Verhalten darzustellen. Diese Anstrengung an sich zeigt aber schon, dass Untreue eben nicht der richtige Weg ist. Warum verheimlicht man sonst die Untreue so gut und solange es geht? Warum schlägt das Gewissen? Warum hat man Angst vor den Konsequenzen? Warum fliessen die Tränen? Und warum gibt es deswegen Streit, wenn das alles doch nur normal ist? Warum muss ein moralisches Hindernis, eine Barriere, regelrecht überwunden bzw. durchbrochen werden? Weil es sich um Ehebruch handelt! Warum wohl haben treue Ehepaare diese Ängste nicht? Und warum sind sie im Alter glücklich, dass sie treu geblieben sind, während die Untreuen es oft bereuen und wahres Glück versäumt haben?
Die Bibel warnt eindringlich vor Ehebruch und einer unmoralischen Lebensweise. Mit treffenden Worten wird Sprüche 5,11-23 in einer Bibelübersetzung so wiedergegeben: «Später, wenn es mit deinem Leben zu Ende geht und dein Körper geschwächt ist, wirst du stöhnen und sagen: ‹Wie konnte ich nur die Selbstbeherrschung verlieren? Warum habe ich mich nicht ermahnen lassen? Warum habe ich nicht auf meine Lehrer gehört? Warum bin ich nicht dem Rat derer gefolgt, die mich unterwiesen haben? Fast wäre ich vollständig ins Unglück geraten und das vor der Gemeinde und dem ganzen Volk.› Trink Wasser aus deinem eigenen Brunnen – liebe nur deine eigene Ehefrau. Warum solltest du das Wasser deiner eigenen Quelle nach draussen vergiessen und dich mit anderen Frauen einlassen? Du solltest es für dich behalten und es nicht mit Fremden teilen. Deine Frau soll gesegnet sein. Freue dich an ihr, die du geheiratet hast, als du jung warst. Sie ist wie eine liebliche Gazelle, wie ein anmutiges Reh. Ihre Brüste sollen dich allezeit berauschen, ihre Liebe soll dich stets in Bann ziehen. Mein Sohn, warum solltest du dich von einer fremden Frau verzaubern lassen oder die Brüste einer anderen liebkosen? Denn der Herr sieht ganz genau, was ein Mensch tut, er achtet auf jeden Weg, den er geht. Ein gottloser Mensch ist in seinen Sünden gefangen; sie sind wie Stricke, die ihn festhalten. Er wird sterben, weil er sich nicht beherrschen konnte; und wegen dieser unbegreiflichen Dummheit ist er verloren.»
Dieser Text zeigt uns, dass Gott ganz bestimmt keine langweiligen, lustlosen und verklemmten Ehen will. Der Schöpfer hat dem Menschen Sex als Geschenk gegeben, aber nur für die Ehe, und niemals ausserhalb der Ehe (1.Kor 7,2-5). Wer das missachtet, setzt das Wohl der ganzen Familie und letztlich auch sein eigenes aufs Spiel.
Im besagten Interview wird jedoch sogar das Wort «Treue» verdreht. Es wird zwar erklärt, dass «Treue» fest, stark und sicher bedeutet, doch behauptet der Buchautor, dass damit nicht die monogame Treue gemeint sein könne, weil ja schliesslich 80 Prozent der Menschen untreu seien. Demnach sei man nur wirklich fest, stark und sicher – also treu –, wenn man offen über eine andere Beziehung nachdenke, darüber spreche, sie dann auch eingehe und zugleich die Erstbeziehung beibehalte … Wenn es stimmen sollte, dass 80 Prozent untreu sind, dann sind diese eben nicht treu, fest, stark und sicher. Das ist der Grund, warum wir immer wieder in der Bibel und durch das Gewissen dazu angehalten werden, Treue zu üben und stark zu werden, weil die Verführung überall lauert.
Während treue Ehepaare in ihrer Treue zueinander ruhen, müssen sich die Untreuen angestrengt rechtfertigen und mit herbeigesuchten Argumenten krampfhaft zu belegen versuchen, warum sie untreu sind und ein Recht darauf haben, untreu zu sein. Der Interviewte bezeichnet die Polyamore (Menschen, die zu mehreren Personen Liebesbeziehungen haben) als das Extrembeispiel für Freiheit. Kann das wirklich Freiheit bedeuten? Wird da nicht immer jemand darunter leiden, wird es nicht wiederum zu Brüchen kommen? Während eine treueverbundene Ehe 60 und mehr Jahre dauern kann, stelle man sich die Frage, wie lange im Durchschnitt gebrochene Beziehungen halten oder mehrere Beziehungen nebeneinander, bevor es zum erneuten Wechsel kommt, und dann wieder und wieder …?
Der interviewte Soziologe empfiehlt: «Das Beste ist, eine Haltung einzunehmen, die es erlaubt, der Liebe zu folgen. Sexualität ist auch eine Form der Liebe, vor allem Selbstliebe.» Doch ist es nicht vielmehr so, dass, wer der Liebe wirklich folgt, unter allen Umständen treu bleiben möchte? Im Fremdgehen werden der Liebe grosse Verletzungen zugefügt.
Apropos Selbstliebe, der Apostel Paulus schreibt: «Das aber sollst du wissen, dass in den letzten Tagen schlimme Zeiten eintreten werden. Denn die Menschen werden sich selbst lieben …» (2.Tim 3,1ff.; s. Titel: «Die grosse Wende»).
Wir alle sind verführbar. Beten wir, dass der Herr uns bewahre. Wir sollten aber auch selbst alles dafür tun, bewahrt zu bleiben. Der Apostel Johannes schreibt: «Kinder, lasst euch von niemand verführen! Wer die Gerechtigkeit übt, der ist gerecht, gleichwie er gerecht ist» (1.Joh 3,7).
Von Norbert Lieth