16.09.2012

Gottes Zeit kontra menschliche Zeit

Beim Bibelstudium, vor allem des prophetischen Wortes, müssen wir verstehen, dass Gott nicht von unserer irdischen Zeit abhängig ist. Die Bibel gebraucht auch eine Analogie, wonach für Gott ein Tag tausend Jahre und tausend Jahre ein Tag ist. Aus dieser Perspektive verstehen wir, dass all unsere Zeitberechnungen bedeutungslos sind. Aus menschlicher Sicht ist es absolut unmöglich, einen Tag tausend Jahre dauern zu lassen oder tausend Jahre in einen Tag zu quetschen. Aber für Gott ist nichts unmöglich. Was Er sagt, geschieht. Seine Worte sind schaffende Worte; sie setzen sich in die Tat um.

Betrachten wir ein Beispiel: «Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung bereitet, und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils in dem Haus seines Knechtes David, wie er es verheissen hat durch den Mund seiner heiligen Propheten, die von alters her waren: Errettung von unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen; um Barmherzigkeit zu erweisen an unseren Vätern und zu gedenken an seinen heiligen Bund, an den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen hat, uns zu geben, dass wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde, ihm dienten ohne Furcht» (Lk 1,68-74).

Diese Prophezeiung wurde vor der Geburt Jesu gemacht. Wenn wir diese Worte jedoch aufmerksam lesen, stellen wir fest, dass sich vieles davon noch gar nicht erfüllt hat, obwohl es gut 2000 Jahre her ist. Israel wurde beispielsweise immer noch nicht aus der Hand seiner Feinde erlöst; aber aus Gottes Perspektive sind diese 2000 Jahre nur ein Hauch. Deshalb gab Zacharias, der Prophet und Vater von Johannes dem  Täufer, erfüllt vom Heiligen Geist seinem Volk diese Prophezeiung als Gesamtpaket.

Betrachten wir ein weiteres Beispiel: «Der Geist des Herrn, des Herrschers, ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat, den Armen frohe Botschaft zu verkünden; er hat mich gesandt, zu verbinden, die zerbrochenen Herzens sind, den Gefangenen Befreiung zu verkünden und Öffnung des Kerkers den Gebundenen, um zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn und den Tag der Rache unseres Gottes, und um zu trösten alle Trauernden» (Jes 61,1-2).

Etwa 700 Jahre nachdem dies prophezeit wurde, lesen wir: «‹Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, den Armen frohe Botschaft zu verkünden; er hat mich gesandt, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, Gefangenen Befreiung zu verkünden und den Blinden, dass sie wieder sehend werden, Zerschlagene in Freiheit zu setzen, um zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn.› Und er rollte die Buchrolle zusammen und gab sie dem Diener wieder und setzte sich, und aller Augen in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Er aber fing an, ihnen zu sagen: Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!» (Lk 4,18-21). Beachten Sie, dass Jesus nicht den vollständigen Text des Propheten Jesaja vorlas, sondern mit den Worten schloss: «um zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn». Er liess absichtlich das Folgende aus: «und den Tag der Rache unseres Gottes». Wir verstehen, dass «das angenehme Jahr des Herrn» mit der Erfüllung bestimmter Weissagungen begann, die das Werk des Messias Israels, des Herrn Jesus Christus, beschreiben. Dieser Teil der Schrift wurde erfüllt. Jesus sagte: «Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!» Aber der Rest der Prophezeiung, der «Tag der Rache unseres Gottes», muss noch kommen. Beachten Sie, dass es zwischen dem angenehmen Jahr des Herrn und dem Tag der Rache unseres Gottes eine Lücke von mindestens 2000 Jahren gibt.

Ein weiteres Beispiel ist Israel. Moses letzte Worte werden in 5. Mose 33 festgehalten. Bevor er starb, kündigte er besondere Segnungen für die zwölf Stämme der Kinder Israels an und endete mit den Worten: «Niemand ist gleich dem Gott Jeschuruns, der zu deiner Hilfe am Himmel einherfährt und auf den Wolken in seiner Majestät. Eine Zuflucht ist dir der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme. Er hat den Feind vor dir her gejagt und zu dir gesagt: Vertilge! Und so kann Israel sicher wohnen, abgesondert der Quell Jakobs, in einem Land voll Korn und Most; und sein Himmel träufelt Tau. Wohl dir, Israel! Wer ist dir gleich, du Volk, das durch den Herrn gerettet ist? Er ist dein hilfreicher Schild und dein siegreiches Schwert. Deine Feinde werden dir Ergebung heucheln, du aber sollst über ihre Höhen hinwegschreiten!» (5.Mo 33,26-29). Was für eine wundervolle Segnung! Diese wenigen Verse offenbaren, dass die Erfüllung der Prophetie nicht in die Zwangsjacke bestimmter Zeitabschnitte gezwängt werden muss, sondern dass sie sich, wie hier ersichtlich wird, über einen Zeitraum von über 3500 Jahren erstrecken kann.

Wenn wir dies auf heute anwenden würden, wäre die Aussage: «so kann Israel sicher wohnen», sicher nicht anwendbar. Genauso wenig können wir behaupten, Israel sei durch den Herrn gerettet. Israels Feinde heucheln noch nicht Ergebung vor, was zur Folge hätte, dass Israel «über ihre Höhen hinwegschreiten» würde. Diese Weissagung ist weit davon entfernt, erfüllt zu sein. Nichtsdestotrotz wird die Zeit kommen, in der alle Feinde Israels unterworfen werden und Israel erhaben sein wird, wie es Gott für Sein Volk gedacht hat.

Wir tun gut daran, Gottes Wort in seinem Gesamtzusammenhang zu glauben und zu gehorchen. Israel ist Gottes auserwähltes Volk; das ist seine ewige Position, unabhängig von seinem gegenwärtigen Zustand. Dies ist auch wahr für jeden an den Herrn Jesus Christus Gläubigen, der durch Seinen Geist wiedergeboren wurde. Wir sind in Ihm ein für alle Mal geheiligt. Dies ist eine unverrückbare Wahrheit. Gemäss Epheser 1,13-14 sind wir versiegelt mit dem Heiligen Geist der Verheissung, «der das Unterpfand unseres Erbes ist bis zur Erlösung des Eigentums, zum Lob seiner Herrlichkeit».

So wie jeder Gläubige ein Akt der Gnade Gottes ist, so ist es auch das Volk Israel. Gottes Berufung ist ewig. Der Prophet Hosea drückt es so aus: «Ich will ihre Abtrünnigkeit heilen, gerne will ich sie lieben; denn mein Zorn hat sich von ihnen abgewandt» (Hos 14,5).

Von Arno Froese