Beim Bibelstudium, vor allem des prophetischen
Wortes, müssen wir verstehen, dass Gott nicht von unserer irdischen Zeit
abhängig ist. Die Bibel gebraucht auch eine Analogie, wonach für Gott ein Tag
tausend Jahre und tausend Jahre ein Tag ist. Aus dieser Perspektive verstehen
wir, dass all unsere Zeitberechnungen bedeutungslos sind. Aus menschlicher
Sicht ist es absolut unmöglich, einen Tag tausend Jahre dauern zu lassen oder
tausend Jahre in einen Tag zu quetschen. Aber für Gott ist nichts unmöglich.
Was Er sagt, geschieht. Seine Worte sind schaffende Worte; sie setzen sich in
die Tat um.
Betrachten wir ein Beispiel: «Gepriesen
sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm
Erlösung bereitet, und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils in
dem Haus seines Knechtes David, wie er es verheissen hat durch
den Mund seiner heiligen Propheten, die von alters her waren: Errettung
von unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen; um
Barmherzigkeit zu erweisen an unseren Vätern und zu gedenken an
seinen heiligen Bund, an den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen
hat, uns zu geben, dass wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde, ihm dienten
ohne Furcht» (Lk 1,68-74).
Diese Prophezeiung wurde vor der Geburt
Jesu gemacht. Wenn wir diese Worte jedoch aufmerksam lesen, stellen wir
fest, dass sich vieles davon noch gar nicht erfüllt hat, obwohl es gut
2000 Jahre her ist. Israel wurde beispielsweise immer noch nicht
aus der Hand seiner Feinde erlöst; aber aus Gottes Perspektive sind
diese 2000 Jahre nur ein Hauch. Deshalb gab Zacharias, der Prophet und
Vater von Johannes dem Täufer,
erfüllt vom Heiligen Geist seinem Volk diese Prophezeiung als
Gesamtpaket.
Betrachten wir ein weiteres Beispiel: «Der
Geist des Herrn, des Herrschers, ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt
hat, den Armen frohe Botschaft zu verkünden; er hat mich gesandt,
zu verbinden, die zerbrochenen Herzens sind, den Gefangenen Befreiung
zu verkünden und Öffnung des Kerkers den Gebundenen, um zu verkündigen
das angenehme Jahr des Herrn und den Tag der Rache unseres
Gottes, und um zu trösten alle Trauernden» (Jes 61,1-2).
Etwa 700 Jahre nachdem dies prophezeit wurde,
lesen wir: «‹Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt
hat, den Armen frohe Botschaft zu verkünden; er hat mich gesandt, zu
heilen, die zerbrochenen Herzens sind, Gefangenen Befreiung zu
verkünden und den Blinden, dass sie wieder sehend werden,
Zerschlagene in Freiheit zu setzen, um zu verkündigen das angenehme Jahr
des Herrn.› Und er rollte die Buchrolle zusammen und gab sie dem
Diener wieder und setzte sich, und aller Augen in der Synagoge waren auf
ihn gerichtet. Er aber fing an, ihnen zu sagen: Heute ist diese
Schrift erfüllt vor euren Ohren!» (Lk 4,18-21). Beachten Sie, dass
Jesus nicht den vollständigen Text des Propheten Jesaja vorlas, sondern mit den
Worten schloss: «um zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn». Er
liess absichtlich das Folgende aus: «und den Tag der Rache unseres
Gottes». Wir verstehen, dass «das angenehme Jahr des Herrn» mit der
Erfüllung bestimmter Weissagungen begann, die das Werk des Messias Israels, des
Herrn Jesus Christus, beschreiben. Dieser Teil der Schrift wurde erfüllt. Jesus
sagte: «Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!» Aber
der Rest der Prophezeiung, der «Tag der Rache unseres Gottes»,
muss noch kommen. Beachten Sie, dass es zwischen dem angenehmen Jahr des Herrn
und dem Tag der Rache unseres Gottes eine Lücke von mindestens 2000 Jahren
gibt.
Ein weiteres Beispiel ist Israel. Moses letzte
Worte werden in 5. Mose 33 festgehalten. Bevor er starb, kündigte er besondere
Segnungen für die zwölf Stämme der Kinder Israels an und endete mit den Worten:
«Niemand ist gleich dem Gott Jeschuruns, der zu deiner Hilfe
am Himmel einherfährt und auf den Wolken in seiner Majestät. Eine Zuflucht
ist dir der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme. Er hat den
Feind vor dir her gejagt und zu dir gesagt: Vertilge! Und so kann
Israel sicher wohnen, abgesondert der Quell Jakobs, in einem Land voll
Korn und Most; und sein Himmel träufelt Tau. Wohl dir, Israel!
Wer ist dir gleich, du Volk, das durch den Herrn gerettet ist? Er ist
dein hilfreicher Schild und dein siegreiches Schwert. Deine
Feinde werden dir Ergebung heucheln, du aber sollst über ihre Höhen
hinwegschreiten!» (5.Mo 33,26-29). Was für eine wundervolle Segnung! Diese
wenigen Verse offenbaren, dass die Erfüllung der Prophetie nicht in die Zwangsjacke
bestimmter Zeitabschnitte gezwängt werden muss, sondern dass sie sich, wie hier
ersichtlich wird, über einen Zeitraum von über 3500 Jahren erstrecken kann.
Wenn wir dies auf heute anwenden würden, wäre
die Aussage: «so kann Israel sicher wohnen», sicher nicht
anwendbar. Genauso wenig können wir behaupten, Israel sei durch den Herrn gerettet.
Israels Feinde heucheln noch nicht Ergebung vor, was zur Folge hätte, dass
Israel «über ihre Höhen hinwegschreiten» würde. Diese Weissagung ist
weit davon entfernt, erfüllt zu sein. Nichtsdestotrotz wird die Zeit kommen, in
der alle Feinde Israels unterworfen werden und Israel erhaben sein wird, wie es
Gott für Sein Volk gedacht hat.
Wir tun gut daran, Gottes Wort in seinem
Gesamtzusammenhang zu glauben und zu gehorchen. Israel ist Gottes auserwähltes
Volk; das ist seine ewige Position, unabhängig von seinem gegenwärtigen
Zustand. Dies ist auch wahr für jeden an den Herrn Jesus Christus Gläubigen,
der durch Seinen Geist wiedergeboren wurde. Wir sind in Ihm ein für alle Mal
geheiligt. Dies ist eine unverrückbare Wahrheit. Gemäss Epheser 1,13-14 sind
wir versiegelt mit dem Heiligen Geist der Verheissung, «der das
Unterpfand unseres Erbes ist bis zur Erlösung des Eigentums, zum Lob
seiner Herrlichkeit».
So wie jeder Gläubige ein Akt der Gnade
Gottes ist, so ist es auch das Volk Israel. Gottes Berufung ist ewig. Der Prophet
Hosea drückt es so aus: «Ich will ihre Abtrünnigkeit heilen, gerne
will ich sie lieben; denn mein Zorn hat sich von ihnen abgewandt»
(Hos 14,5).
Von
Arno Froese