15.09.2010

Die Vorentrückungslehre: Johannes 14 und die Entrückung

In Johannes 14,1-3 spendete Jesus Seinen Jüngern besonderen Trost und Hoffnung. Es ist eine Verheissung, die allen Christen gilt.
Das Johannesevangelium enthält viele Berichte, die nicht in den synoptischen Evangelien erwähnt werden. Diese Ergänzung ist von unschätzbarem Wert. Denn Johannes gab Details und Reden aus dem Dienst Jesu (insbesondere in Jerusalem und Judäa) weiter, die sonst nicht verfügbar gewesen wären.

Am Donnerstag der Passionswoche hielt Jesus Seine Abschiedsreden im Obergemach (Joh 13-17; vgl. Mt 26,20- 30; Mk 14,17-26; Lk 22,14-30.39). Der Schwerpunkt Seiner letzten wichtigen Reden lag sowohl auf der Situation der Jünger als auch auf der Situation der anderen Gläubigen während Seiner zukünftigen Abwesenheitszeit (Joh 13,33; 16,5-7). Am vorangegangenen Mittwochnachmittag hingegen hatte sich Christus auf die nationale Zukunft Israels konzentriert (Mt 24-25; Mk 13,1- 37; Lk 21,5-36).
Es war die Nacht, in der die besonderen, zur Kreuzigung hinführenden Ereignisse beginnen würden. Jesus war  in Seiner Seele (Joh 12,27) und in Seinem Geist (13,21) «erschüttert». Doch Jesus – der grösste Diener – dachte an Seine Jünger. Sie waren in ihren Herzen «bestürzt» und der Herr gab ihnen Trost und Hoffnung (14,1). Die Jünger waren nicht bestürzt, weil etwa ihr eigener Tod drohte. Sie waren vielmehr wegen der Aussagen verwirrt, die Jesus über Seinen eigenen bevorstehenden Tod und Weggang gemacht hatte. Deshalb gab Jesus denen, die an Ihn glauben, die Verheissung: «Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn nicht, so hätte ich es euch gesagt. Ich gehe hin, um euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin» (V 2-3). Jesus sagte Seinen Jüngern: «Euer Herz werde nicht bestürzt. Ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich!» (V 1). Jesus erklärte ihnen, dass sie in der gleichen Weise an Ihn glauben sollten, wie sie an den Vater glaubten; denn Seine Worte und Taten sind Gottes Worte und Taten. Die Verheissung in den Versen 2-3 war der Grund, warum die Jünger an Jesus glauben sollten. Im Zusammenhang mit der Kreuzigung würde Jesus sie tatsächlich verlassen, aber Er ging hin, um eine Stätte für sie zu bereiten (V 2).
Im Allgemeinen sind sich die Ausleger über die Bedeutung der Verse 1-2 einig. Doch es gibt unterschiedliche Ansichten zu der Verheissung Jesu, «wiederzukommen» und Seine Jünger «zu sich zu nehmen» (V 3). Einige Ausleger denken, dass Jesus Seine Rückkehr nach Seiner Auferstehung gemeint habe. Dann würde Er die Jünger «zu sich nehmen». Johannes 20,19.26 berichtet, wie Jesus zweimal nach Seiner Auferstehung erscheint. Das kann man durchaus als ein Wiederkommen bezeichnen. Doch der Trost und die Hoffnung von Johannes 14,3 bezieht sich auf einen ewigen Wohnort. Wenn Jesus «wiederkommen» und Seine Jünger «zu sich nehmen» wird, dann ist das dauerhaft.
Eine andere Auslegung besagt, dass Jesus vom Kommen des Heiligen Geistes nach Seiner Himmelfahrt gesprochen habe. Tatsächlich verheisst Jesus in Johannes 14,18-20 das Kommen des Heiligen Geistes (vgl. V 16-17; 25-26). Aber es ist reine Spekulation, zu meinen, dieses Kommen des Heiligen Geistes sei gleichbedeutend mit Jesu Wiederkunft in Johannes 14,3 (vgl. 14,19-20; 16,16-30). Die am wenigsten mögliche Auslegung lautet, das Kommen Jesu in Vers 3 bezöge sich auf den Tod eines Christen, wenn Jesus ihn zu sich nimmt. Im Kontext der Abschiedsreden wird jedoch ausschliesslich der Tod Jesu als einziger Tod erwähnt (nicht der Tod eines Christen).
Die Details in Johannes 14,1-3 weisen auf die Entrückung der Gemeinde hin. Dann wird Jesus «wiederkommen» und die Seinen «zu sich nehmen», damit sie für immer bei Ihm sind. Natürlich glauben auch einige Ausleger, das Wiederkommen in Vers 3 sei Christi Kommen in Herrlichkeit (am Ende der Trübsal). Das würde aber heissen, dass die Gläubigen nicht in das Haus des Vaters kommen können. Denn wenn Christus in Herrlichkeit vom Himmel herabkommt, kehren die Gläubigen ja mit zur Erde zurück. Solch eine Sicht von Vers 3 lässt sich nicht mit der Lehre vereinbaren, dass Christus bei Seiner Wiederkunft die Christen zu sich in Seines Vaters Haus nehmen wird. Ausserdem wird das Haus des Vaters während des Tausendjährigen Reiches wohl nicht auf Erden sein (nach prämilleniaristischer Sicht, von der ich glaube, dass die Schrift sie eindeutig lehrt).
Zurzeit bereitet Jesus einen ewigen Wohnort vor. Diese Stätte ist wahrscheinlich das neue Jerusalem, das am Ende vom Himmel auf die neue Erde herabkommen wird – der zukünftige und ewige Wohnort der Erlösten (Offb 21,10-27). Weil Jesus wegging, um eine Stätte zu bereiten, wird Er auch wiederkommen, um die Gläubigen in Seines Vaters Haus zu sich zu nehmen.
Johannes 14 stellt uns eine neue und unverwechselbare Offenbarung vor – eine Verheissung, die kein Prophet jemals geweissagt hat oder hätte weissagen können. In Johannes 14,1-3 finden wir keine Bezugnahme auf den Messias, der die Seinen in das irdische Jerusalem zu sich nimmt. Jesus Christus verhiess: «So komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen». Er gab dabei keinen Hinweis auf die Erlösung des jüdischen Überrestes. Er sagte auch nichts über Sein Kommen zur Errichtung Seines irdischen Königreichs auf Erden. Genauso wenig ist in Johannes 14,1-3 eine Bezugnahme auf den Messias zu finden, der die Nationen richtet. Jesus sprach nur davon, dass Er für die Seinen kommen würde. Eines Tages werden wir bei Jesus Christus im Himmel sein, wenn Er wiederkommt und die Seinen zu sich nimmt – das ist der Trost und die Hoffnung in Johannes 14,1-3.
Von Ron J. Bigalke Jr.