Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 6.
In 1. Timotheus 2,8-15 führt Paulus geistliche Prioritäten besonders für Männer und besonders für Frauen an. Er beginnt in Vers 8 mit den Männern: «So will ich nun, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben ohne Zorn und Zweifel.»
«So will ich nun» ist ein ganz besonders herausfordernder Befehl. Es heisst nicht: «Das hätte ich gerne», «Das wünschte ich», «Darum bitte ich euch», «Es wäre doch schön», «Sollten wir das nicht tun?» oder «Was haltet ihr davon?». Nein, es ist der absolut heilige Wille Gottes, dass die Männer an jedem Ort beten. Wieso werden hier die Männer ausdrücklich aufgefordert? Gilt das nicht auch den Frauen? Die Männer werden deshalb besonders erwähnt, weil das in diesem Vers Angeführte genau die Schwachpunkte der Männer trifft.
Männer sind oft weniger gebetsorientiert als Frauen. An vielen Orten sind es in der Mehrheit die Frauen, die die Gebetsstunden besuchen. Männer neigen eher zur Lässigkeit als Frauen. Und Frauen tragen im Allgemeinen ihre Anliegen während des Tages öfter vor den Herrn als die Männer. Männer schleppen ihre Lasten vielfach mit sich herum. Dabei sollten sie vielmehr die Möglichkeiten des Tages nutzen, um an allen möglichen Orten zu beten. Zudem will diese Stelle darauf hinweisen, dass Männer sich vermehrt am Gebet beteiligen sollten, indem sie aktiv (laut) in der Gemeinde beten und nicht stille sind. Männer sind dazu berufen, die öffentlichen Gebetsstunden zu leiten.
Männer sollen «heilige Hände aufheben». Hierbei geht es weniger um die äusserliche Gebetshaltung als um den Lebenswandel des Mannes. Es sollen «heilige Hände» sein – saubere, unbefleckte. Auch hier steht der Mann im Allgemeinen in grösserer Gefahr als die Frau. Es soll «ohne Zorn» geschehen. Männer neigen nun einmal eher zum Zorn und zu einer aggressiven Haltung als die Frauen. Und «ohne Zweifel»: Auch dies ist ein Problem des Mannes, das bei ihm grösser ist als bei der Frau. Der Mann ist von Natur aus skeptischer. Er denkt oft rational, er will alles erklärt haben und verstehen. Was für das praktische Leben von Vorteil ist, kann im Glaubens- und Gebetsleben ein Hindernis sein. Dass Frauen eher die Glaubensstellung einnehmen, zeigen uns die Berichte in den Evangelien.
Wir Männer sollten uns diese ernsten Aufforderungen zu Herzen nehmen und uns mehr und mehr zum aktiven Gebet rufen lassen.
Den Frauen wird ebenfalls ein unmissverständliches «Ich will» zugerufen. Auch bei ihnen geht es nicht um etwas, das man so oder so sehen, interpretieren oder machen kann. Vielmehr geht es um klar definierte Aussagen, die in die Praxis umzusetzen sind. Wurden eben die Gefahren und Schwächen des Mannes aufgedeckt, so werden jetzt die Gefahren und Schwächen der Frau aufgeführt: «Ebenso will ich auch, dass sich die Frauen in ehrbarem Anstand mit Schamhaftigkeit und Zucht schmücken, nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder aufwändiger Kleidung, sondern durch gute Werke, wie es sich für Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen» (1.Tim 2,9-10).
Die Verse 9-10 sind kein Verbot für schöne und gepflegte Kleidung oder eine Absage an jeglichen Schmuck. Wieso kann man das wissen? Das wird in Verbindung mit einer Parallelstelle ersichtlich: «Euer Schmuck soll nicht der äusserliche sein, Haarflechten und Anlegen von Goldgeschmeide oder Kleidung, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck eines sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist. Denn so haben sich einst auch die heiligen Frauen geschmückt, die ihre Hoffnung auf Gott setzten und sich ihren Männern unterordneten, wie Sarah dem Abraham gehorchte und ihn ‹Herr› nannte. Deren Töchter seid ihr geworden, wenn ihr Gutes tut und euch keinerlei Furcht einjagen lasst» (1.Petr 3,3-6).
Die beiden Bibelstellen können sich ja nicht widersprechen, sie ergänzen sich aber. Es steht nicht geschrieben: «Eine Frau darf keinen Schmuck tragen», sondern: «Euer Schmuck soll nicht der äusserliche sein, Haarflechten und Anlegen von Goldgeschmeide oder Kleidung.» Würde die Bibel ein Verbot gegen Schmuck und Haarflechten aussprechen, dann wäre das ja auch ein Kleiderverbot.
Das von Petrus angeführte Beispiel der Frauen im Alten Testament zeigt uns ebenfalls, dass nicht ein grundsätzliches Verbot gegen Schmuck unausgesprochen wird. Denn Sarah, Rebekka, Rahel und andere heilige Frauen des Alten Bundes trugen sehr wohl schönen Schmuck – das war damals üblich (1.Mo 24,22.30.47.53). Aber das dominierte nicht. Dominiert hat ihre Hoffnung auf Gott. Das sieht man sowohl bei Sarah als auch bei Rebekka und Rahel, die trotz mancher Schwächen geistlich auf den Messias ausgerichtet waren.
Der Sinn dieses Textes ist ganz einfach, dass nicht das Äusserliche dominieren soll. Üppiger Schmuck, aufreizende oder aufwendige Kleidung soll vermieden werden. Die geistlichen und damit verbundenen moralischen Attribute sollen besser zum Vorschein kommen. Dazu gehören Anstand, Schamhaftigkeit, Zucht, gute Werke oder Bekenntnis zur Gotte furcht. Wenn eine Frau das nicht beachtet, dann gibt sie damit ihrer fehlenden Gottesfurcht Ausdruck. Dann stimmen ihre Prioritäten, Motive und Ziele nicht. An der äusserlichen Aufmachung lässt sich nicht selten der innerliche Zustand des Menschen ablesen.
«Es ist nicht unbiblisch, wenn eine Frau attraktiv sein möchte. Aber Schönheit beginnt im Inneren eines Menschen. Ein sanfter, bescheidener, liebevoller Charakter verleiht dem Gesicht ein Strahlen, das sich durch die beste Kosmetik und die kostbarsten Juwelen nicht nachahmen lässt. Ein sorgfältig gepflegtes und glanzvolles Äusseres ist künstlich und kalt, wenn die innere Schönheit fehlt.»
Die Verse 11-12 zeigen auf, wie sich eine Frau in den Gemeindeversammlungen verhalten soll: «Eine Frau soll in der Stille lernen, in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren, auch nicht, dass sie über den Mann herrscht, sondern sie soll sich still verhalten.» Eine Frau soll an der Gemeindeversammlung (Bibelstunde, Unterricht) wohl teilnehmen und lernen, aber selbst darf sie nicht lehren. Ausserhalb der Gemeindeversammlung ist dies zwar gestattet, nicht aber in der Gemeindeversammlung. Man muss hier einen Unterschied machen zwischen Gemeindearbeit und Gemeindeversammlung. Unter Gemeindearbeit fallen zum Beispiel Kinderarbeit, Frauenarbeit, Diakonie, evangelistische Einsätze, Arbeit an Einzelpersonen, Zeugnisarbeit. Diese Aufgaben gehören zwar zur Gemeinde und dienen der Gemeinde, aber sie sind keine direkte Gemeindeversammlung, sondern dieser unterstellt.
Wir können davon ausgehen, dass Frauen damals öffentlich in der Gemeinde mitbeteten (Apg 1,12-14; 2,42; 12,5.12). Philippus hatte vier Töchter, die weissagten (Apg 21,9). Priscilla, die Ehefrau des Aquila, lehrte mit ihrem Mann zusammen das Wort Gottes (Apg 18,26). In Römer 16,3 nennt Paulus die beiden sogar seine Mitarbeiter. Phöbe war eine Diakonin (eine Dienerin der Gemeinde), ebenso eine Maria, Tryphena, Tryphosa und Persis (Röm 16,1-2.6.12). Es heisst, dass sie im Herrn gedient und viel gearbeitet haben und vielen ein Beistand gewesen sind. Ältere Frauen dürfen jüngere Frauen lehren und anleiten (Frauengruppe; s. Tit 2,3-4). In Philipper 4,2-3 werden Frauen (Eodia und Syntyche) erwähnt, die für das Evangelium gekämpft haben. Anhand von 2. Timotheus 3,14-15 kann man sicherlich auch die Kinderarbeit ableiten. Paulus gesteht in 1. Korinther 11,5 einer Frau zu, zu weissagen. In 1. Korinther 14,34-35 und 1. Timotheus 2,11-12 gebietet er den Frauen hingegen, zu schweigen. Wie passt das zusammen?
Wir müssen hierbei auf ein wichtiges Detail achten, auf den Zusatz: «in den Gemeinden» (1.Kor 14,34). Das bedeutet, dass eine Frau ausserhalb der Gemeindezusammenkunft weissagen durfte (1.Kor 11,5), aber innerhalb der Gemeinde nicht (14,34-35). Der 1. Timotheusbrief ist ein Pastoralbrief. Es geht um das Verhalten innerhalb der Gemeinde und darum wird diesbezüglich gesagt, dass die Frau schweigen soll, nicht grundsätzlich, aber was das Lehren in der Gemeinde betrifft (vgl. 1.Tim 3,15).
Die Verse 13-15 führen nun das Argument an, warum die Frauen sich so verhalten sollen: «Denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva. Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber wurde verführt und geriet in Übertretung; sie soll aber davor bewahrt werden durch das Kindergebären, wenn sie bleiben im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung samt der Zucht.»
Eva hatte sich damals über die Autorität Adams gestellt und in Eigeninitiative gehandelt. Die Verse 13-14 sollten in Verbindung mit Vers 12 verstanden werden. Gott hatte Adam das Gebot gegeben, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen (1.Mo 2,15- 17). Eva versäumte es, mit ihrem Mann darüber zu sprechen und liess sich über ihn hinweg von der Schlange verführen (1.Mo 3,1-6). Indem sie sich über ihn hinweg mit der Schlange einliess und später auch ihrem Mann von der Frucht gab, übernahm sie die Herrschaft und setzte sich über die Autorität ihres Mannes. Damit das innerhalb der Gemeinde vermieden wird, soll die Frau schweigen oder daheim ihren eigenen Mann fragen.
Vers 15 hat schon zu grossen Missverständnissen geführt. Die Schlachter-2000-Übersetzung gibt diesen Vers sehr gut wider (s.o.). Andere Übersetzungen haben schon zu der Interpretation geführt, dass eine Frau nur durch möglichst vieles Kinderkriegen gerettet werden könne. Aber das ist natürlich nicht gemeint.
Wenn die Bibel lehrt, dass wir in allen Dingen recht nüchtern sein sollen (2.Tim 4,5) und wenn sie ausserdem lehrt, dass Kinder durch den Willen des Mannes gezeugt werden (Joh 1,13), dann zeigt das, dass auch der Verstand und die nüchterne Überlegung bei der Familienplanung eine Rolle spielen. Eine Frau kommt gut mit vielen Kindern zurecht, eine andere wäre vielleicht bereits mit drei Kindern überfordert. Dem muss Rechnung getragen werden. Keine Kinder zu bekommen (wenn keine Unfruchtbarkeit vorliegt), nur um das Leben zu geniessen, ist mit Sicherheit verkehrt und entspricht nicht dem Willen Gottes. In eine Ehe gehören unter normalen Umständen Kinder; das füllt die Ehe aus und es gibt keinen Ersatz dafür. Kinder erfüllen eine Beziehung und beglücken sie. Aber jede Frau hat mit oder ohne Kinder durch den Glauben an Jesus genau denselben Anteil an der Erlösung. Männer und Frauen sind gleichermassen «Erben der Gnade des Lebens» (1.Petr 3,7).
Das Wort Rettung (griech.: «sozo») bezieht sich in der Bibel nicht nur auf das ewige Leben. Gott rettet auch aus Gefahren, aus Versuchung, aus Krankheit, aus Unfall oder aus Ängsten … (1.Mo 32,12; Ps 7,2; 17,13; 34,5.7.18.19; 107,20; 116,6; Spr 2,12.16). Es geht Paulus nicht um die Rettung der Frau zum ewigen Leben, sondern um die Rettung davor, in die gleiche Sünde zu fallen wie Eva. Das wird im Vergleich mit den vorhergehenden Versen deutlich.
Es ist klar: Wenn eine Frau Kinder gebiert, sich um die Kinder kümmert, diese erzieht und für die Familie sorgt, dann steht sie nicht in gleicher Gefahr, sich in den Gemeindeversammlungen hervorzutun wie Frauen, die diese Dinge vernachlässigen und sich nach einem Mitspracherecht in der Gemeinde ausstrecken.
Eine Frau wird davor bewahrt, in der Gemeinde herrschen zu wollen, indem sie Kinder bekommt, im Glauben bleibt, in der Liebe, in der Heiligung und in der Zucht. Es gibt Frauen, die keine Kinder bekommen, aber die dennoch im Glauben, in der Liebe, der Heiligung und der Zucht bleiben und dadurch ihre Unterordnung unter Beweis stellen. Aber zu alledem gehört sicher auch, dass die Männer ihre Stellung einnehmen und nicht passiv bleiben, sondern an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben ohne Zorn und Zweifel. Zusammenfassen möchte ich dieses Thema über Männer und Frauen mit einer Geschichte:
«Elisabeth Elliot … besuchte Österreich und wurde zu einer Veranstaltung eingeladen, in der professionelle Tänzer und Tänzerinnen den Wiener Walzer vorführten. Eigentlich war das nicht ihre Welt; aber sie ging mit. Da sah sie, wie die Herren ihre Damen führten und hielten, während sie über das Parkett schwebten. Dadurch erhielten die Damen die Gelegenheit, all ihre Anmut und Eleganz zu entfalten. Elisabeth Elliot schoss es durch den Kopf: ‹Das ist es! Das ist Ehe! So hat sich Gott das gedacht!› Welch klägliches Bild gäbe es ab, wenn die zierliche Frau den meist grösseren und steiferen Mann führen wollte, währenddessen der sich abquälte, liebreizend zu wirken! Auch sagt die Bibel, die Männer sollten sich zeitlebens an der Schönheit ihrer Frau erfreuen. Was wäre ihnen da Besseres zu raten, als ihre Frauen höchst pfleglich zu behandeln? Den schweisstreibenden Kampf mit den ‹Dornen und Disteln› dieser Welt hat Gott nämlich dem Adam übertragen, und zwar nicht dazu, ihn an seine Frau zu delegieren, wie es leider weltweit meistens geschieht. All das zeigt uns wieder, dass Gott am besten weiss, wie wir glücklich werden.»
Von Norbert Lieth