14.03.2011

Harte Zeiten für arabische Diktatoren

Überall im mittleren Osten gehen die Menschen auf die Strassen. Müde von Unterdrückung, Armut und Korruption schreien sie nach Revolution und Reformen. Da die meisten Führer sich vorstellen, dass ihre Untertanen sie anbeten, muss der Anblick von riesigen Menschenmassen, die nach dem Sturz der Diktatoren schreien, ein grosser Schock sein.
Der Erste, der gehen musste, war der Tunesische Führer Zine El Abidine Ben Ali. Er floh Mitte Januar nach Jeddah, Saudi Arabien. Einigen Berichten zufolge erlitt er einen Schlaganfall, fiel ins Koma und starb vielleicht sogar.
Dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak ist ein etwas eleganterer Rücktritt gelungen. Er gab den Demonstranten gegenüber auf und liess sich in der ägyptischen Küsten- und Urlaubsstadt Sharm El-Sheikh nieder.
Viele der persischen Golfstaaten haben es geschafft, an der Macht festzuhalten, indem sie ihrem Volk symbolische Zugeständnisse machten:
Bahrain – Die Nation Bahrain hat ihr Kabinett neu zusammengewürfelt. Der König von Bahrain entschied sich, jeder Familie 2‘650 Dollar zu schenken.
Kuwait – Der Herrscher von Kuwait hat die Auslieferung von 4 Milliarden Dollar und kostenlosen Lebensmitteln an alle Bürger angekündigt. Jeder der 1.12 Millionen Staatsbürger wird bis zum 31.03.2012 3‘572 Dollar in bar erhalten.
Algerien – Präsident Abdelaziz Bouteflika hat zugesagt, den seit 19 Jahren anhaltenden Ausnahmezustand aufzuheben. Die Ankündigung folgte dem Druck von Regierungsgegnern, welche forderten, die Notstandsermächtigung aufzugeben.
Saudi Arabien – König Abdallah kehrte nach Saudi Arabien zurück, nachdem er sich von einer Rückenoperation erholt hatte. Sofort kündigte er Zuschüsse in Höhe von 10.7 Milliarden Dollar an. Der König kündigte auch an, den Lohn von Staatsangestellten um 15% zu erhöhen, die Inflation zu bekämpfen und mehr Geld für das Wohnen und Studieren im Ausland zur Verfügung zu stellen.
Der Libysche Führer Moammar Gaddafi wird voraussichtlich der Nächste sein, der fällt. Er verliert zusehends die Kontrolle über die Nation. Ost-Libyen wird jetzt von einer wackeligen Allianz von Stammesführern verwaltet. Viele von Gaddafis Regierungsangestellten haben sich der Opposition angeschlossen.
Die Unruhen in Libyen sind bis jetzt die blutigsten. Gaddafi hat seiner Armee befohlen, auf Demonstranten zu feuern. Er liess sogar unbewaffnete Menschenmengen von Kampfflugzeugen bombardieren. Der Aussenminister von Italien, Franco Frattini, sagte, dass in den Aufständen bis jetzt mehr als 1‘000 Menschen getötet wurden.
Die Zahl der Todesopfer könnte noch wesentlich höher steigen, bis Gaddafi die Macht entrissen wird. Er hat bereits bewiesen, dass er ein kaltblütiger Mörder ist. Einige seiner in den letzten Tagen gemachten Aussagen haben den Verdacht bestärkt, dass er psychisch instabil ist.
Als Gerüchte aufkamen, dass er das Land verlassen haben könnte, hielt Gaddafi eine Rede. Er sass dabei in seinem Auto und hielt einen Regenschirm aus der Tür.
„Ich bin hier, um zu zeigen, dass ich in Tripolis bin und nicht in Venezuela. Glaubt diesen irreführenden Sendern kein Wort.“
In einer Rede sagte Gaddafi den Libyern, dass die Demonstranten von mit halluzinogenen Drogen versetzten Getränken angetrieben und auf Befehl von Osama Bin Laden handeln würden.
„Ihr Alter ist 17. Sie geben ihnen nachts Tabletten. Sie stecken halluzinogene Tabletten in ihre Milch, ihren Kaffee, ihren Nescafe“, sagte er während eines Telefoninterviews mit dem Libyschen Staatsfernsehen.
Als er von einer historischen Festung in Tripolis einer Gruppe von bezahlten Unterstützern eine Rede hielt, sagte er: „Nehmt Rache an ihnen, nehmt Rache an ihnen, und tanzt, singt und bereitet euch vor. Bereitet euch darauf vor, Libyen zu verteidigen, das Öl zu verteidigen, die Würde und die Unabhängigkeit.“
Als die Menge ihre Fahnen schwang sagte Gaddafi: „Ich bin in der Mitte der Menschen auf dem Grünen Platz. Dies sind die Menschen die Moammar Gaddafi lieben. Wenn die Menschen in Libyen und die Araber und Afrikaner Moammar Gaddafi nicht lieben, dann verdient Moammar Gaddafi das Leben nicht.“
Die Zeiten sehen vielleicht schlecht aus für Diktatoren, aber erwartet nicht, dass eine Welle der Freiheit über den Mittleren Osten hinwegfegt. Die Situation wird sich am wahrscheinlichsten von schlimm in noch schlimmer verwandeln. Die politische Leere könnte schnell von militanten Islamisten gefüllt werden. Im Vergleich mit Ihnen sind Hosni Mubarak und Moammar Gaddafi wie George Washington und Abraham Lincoln. Während der letzten Jahrzehnte haben sie einen Frieden mit Israel gehalten.
Die Umbrüche sind für Israel sehr schlechte Neuigkeiten. Da die Bibel einen Angriff auf den jüdischen Staat von mehreren arabischen Nachbarn voraussagt, war die Stabilität bisher Israels Freund. Die Veränderungen, die wir nun sehen, könnten ein Zeichen dafür sein, dass die Zeit abläuft.
Von Todd Strandberg