Was sagt die Bibel über Weltverschwörungstheorien? Gehören sie zum prophetischen Wort? In dieser Reihe soll auf solche und damit verbundene Fragen eingegangen werden. Lesen Sie hier Teil 2.
Wenn die Schrift von den endzeitlichen Entwicklungen spricht, finden wir immer den Aufruf zu Nüchternheit und Besonnenheit. Beispielsweise in 1. Thessalonicher 5,6: «Also lasst uns nun nicht schlafen wie die Übrigen, sondern wachen und nüchtern sein!» In 1. Petrus 1,13 steht: «Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird in der Offenbarung Jesu Christi!» Gerade auch angesichts der endzeitlichen Entwicklungen kann sich eine gefährliche Unnüchternheit unter den Gläubigen breitmachen, auch durch eine falsche, fromme Sensationslust und eine ständige Beschäftigung mit dem Bösen.
Der Gefahr einer unnüchternen endzeitlichen Erwartung, wenn auch auf anderem Gebiet, war die Gemeinde in Thessalonich erlegen. Deshalb schreibt Paulus in 2. Thessalonicher 2,2, «dass ihr euch nicht schnell in eurem Sinn erschüttern, auch nicht erschrecken lasst, weder durch Geist noch durch Wort, noch durch Brief, als seien sie von uns, als ob der Tag des Herrn da wäre». Thomas Smith übersetzt diese Stelle folgendermassen: «Lasst euch nicht durch einen persönlichen Eindruck aus eurem verstandesmässigen Gleichgewicht und eurer wahrheitsgemässen Beurteilung dieses wichtigen Gegenstandes bringen.» Dies müssen wir in Bezug auf all die Verschwörungstheorien beherzigen, durch die so viel unbiblische Panikmache und Unruhe ausgelöst werden.
Wir sollen nüchtern sein und uns nicht aus dem verstandesgemässen Gleichgewicht bringen lassen. Wie entstehen aber Verschwörungstheorien? Verschwörungstheorien haben einen wahren Kern. Dann werden einzelne Fakten aus ihrem tatsächlichen Zusammenhang gerissen und durch unbeweisbare Spekulationen miteinander kombiniert – oft ganz geschickt versetzt mit Halbwahrheiten oder Wahrheitsverdrehungen. Daraus entsteht ein Gebilde, das sich weder beweisen noch widerlegen lässt. Genaugenommen ist es ein Glaubensgebäude.
Nehmen Sie zum Beispiel die Unterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Es stimmt, dass ein Drittel davon, genaugenommen 13 von 39 Personen, Freimaurer waren. Aber verschwiegen wird, dass diese Freimaurer die Minderheit der Unterzeichner darstellten. Es stimmt auch, dass eine ganze Anzahl US-Präsidenten Freimaurer waren. Aus diesem wahren Kern wird dann die völlig unbeweisbare Aussage kombiniert, dass die USA von jeher und die Weltpolitik seit langer Zeit von den Freimaurern nach Belieben gesteuert werden. Wir sollten dagegen nüchtern sein und uns nicht einfach von irgendwelchen Spekulationen mitreissen lassen.
Ein zweites Merkmal vieler Verschwörungstheorien ist das Zitieren von Sekundarquellen. Es wird nicht wirklich recherchiert, was zum Beispiel die WHO im Zusammenhang mit der Schweinegrippe und den Epidemiestufen beschlossen hat, sondern auf die Aussage von anderen Experten und schriftlichen Quellen verwiesen, die dieses und jenes behaupten. Damit ist schon einmal fraglich, ob das alles überhaupt so stimmt, wie es dargestellt wird.
Eben sagte ich, dass Verschwörungstheorien letztendlich ein in sich abgeschlossenes Glaubensgebäude sind. Im Umgang mit sachlich gemeinter Kritik wird dies deutlich. Wer Verschwörungstheorien hinterfragt, wird vonseiten der Verschwörungstheoretiker als naiv und blauäugig bezeichnet. Oder er wird einfach manipuliert, ohne es selbst zu merken. Möglicherweise setzt er sich dadurch auch dem Verdacht aus, selbst ein Teil der Verschwörung zu sein. Jeder sachlichen Auseinandersetzung ist damit der Boden entzogen. Erweisen sich Teile von Verschwörungstheorien als falsch, ist das angeblich auch wieder nur ein Teil der Tarnung und des Verwirrspiels, welches die Verschwörer betreiben. Die Bibel ruft uns dagegen zur Nüchternheit auf!
Für die meisten mysteriösen Verschwörungsfakten gibt es bei genauem Hinsehen eine einfache, sachliche Erklärung. So wird beispielsweise von den «Verschwörungsexperten» behauptet, dass hinter den Anschlägen des 11. September nicht der Islam, sondern die USA, das Weltfreimaurertum und der israelische Geheimdienst stünden. Im Pentagon habe deshalb auch kein Flugzeug, sondern ein Marschflugkörper eingeschlagen. Als Beweis dafür wird unter anderem angeführt, dass die USA nicht die Aufnahmen der Überwachungskameras der Geheimdienste veröffentlichen. Sie haben ja angeblich etwas zu verheimlichen.
Wer sich nur ein bisschen mit den US Geheimdiensten beschäftigt hat, weiss, dass die Verschlusssache von Material, das die nationale Sicherheit betrifft, in den USA etwas völlig Normales ist. Die Amerikaner reagieren geradezu hysterisch, wenn es um ihre nationale Sicherheit geht. Das war schon in der Vergangenheit so. Dadurch entstanden bei anderen militärischen Vorfällen Spekulationen um angebliche Abschüsse von Ausserirdischen, beispielsweise 1947 mit dem sogenannten Roswell-Zwischenfall. Obwohl die USA 1997 Unterlagen zu diesem Zwischenfall veröffentlichten, die deutlich machen, dass es sich um den Absturz eines geheimen militärischen Messballons handelte, behaupten die Verschwörer bis heute, es seien Ausserirdische abgeschossen worden. Zurück zum 11. September. Dieses einfache sachliche Argument, dass die USA aus ihrem Sicherheitsprinzip heraus die Aufnahmen des 9/11 nicht veröffentlichen, ist zu wenig. Und deshalb wird behauptet, die Amerikaner hätten etwas zu verbergen.
Eine weitere Anmerkung zur Nüchternheit: Ein grosser Teil der Weltverschwörungstheorien kann von seinem Ursprung her vier Hauptquellen zugerechnet werden:
1. Linksideologische sozialistische Quellen
2. Rechtsradikale nationalsozialistische Quellen
3. Esoterische Quellen
4. Islamistische Quellen
Am Beispiel des 11. Septembers wird eindrücklich deutlich, wie diese vier unterschiedlichen Quellen fest an eine Verschwörung glauben. Besonders die Grenze von der rechtsradikalen Ideologie zur Esoterik ist fliessend. Der Nationalsozialismus war von esoterischem Gedankengut geradezu durchtränkt. Diese Erkenntnis beruht nicht nur auf meiner eigenen Beschäftigung mit demselben. Dave Hunt hat schon vor etwa zwanzig Jahren im Zusammenhang mit der New- Age-Bewegung auf die Verknüpfung von der braunen Ideologie mit der Esoterik hingewiesen.
Neben den esoterischen Verschwörungstheorien ist auch die Grenze zwischen den ganzen Ufologen und Verschwörungstheoretikern fliessend. Teilweise sind es dieselben «Experten», die nicht nur von atemberaubenden UFO-Erlebnissen etc. berichten, sondern auch angebliche Hintergründe der Weltverschwörung ans Licht bringen.
Oben sprach ich von hauptsächlich vier Quellen der Verschwörungstheorien. Eine fünfte, nicht ganz so oft zitierte Quelle sind die Enthüllungen von konservativen Erzkatholiken, die über die angebliche Unterwanderung der katholischen Kirche durch die Freimaurerei im Zusammenhang mit der Weltverschwörung berichten. An dieser Stelle möchte ich darauf aufmerksam machen, dass einzelne Jesuiten auch immer wieder auf eine angebliche Weltverschwörung von Freimaurern und Juden hingewiesen haben. Solche erzkatholische Quellen werden auch leichtfertig von christlichen Verschwörungstheoretikern übernommen, anstatt dass man sich gründlich fragen würde, welche Ziele damit verfolgt werden könnten. Haben Kräfte, die in der Vergangenheit vor keiner politischen Intrige und keiner Inquisition als Mittel zur eigenen Machtentfaltung und Machterhaltung zurückschreckten, tatsächlich ein Interesse an der Aufklärung über die wahren Weltverschwörer? Oder werden hier möglicherweise nur Nebelkerzen geworfen, um von den eigenen Machtbestrebungen abzulenken?
Noch eine weitere Bemerkung zu den Verschwörungstheorien und der gebotenen Nüchternheit: Bei allen diesen vier Richtungen gibt es meistens zwei Hauptschuldige der Weltverschwörung:
– Einmal die USA als Abgrund alles Bösen, oder um es islamisch auszudrücken, als der Satan.
– Das böse Weltjudentum oder der Staat Israel, welche die USA und das Freimaurertum steuern.
Hier müssten spätestens bei den Gläubigen mit deutschem Hintergrund alle Alarmglocken läuten. Zu den USA als Hauptzielscheibe der Weltverschwörung seien vier kurze Anmerkungen gemacht. Sollte das antichristliche Reich, wie viele bibeltreue Ausleger vermuten, aus dem wiedererwachenden römischen Weltreich hervorgehen, werden die USA am Ende keine entscheidende Rolle mehr spielen. Auf diese Möglichkeit hat Dave Hunt schon vor circa zwanzig Jahren in seinem Buch Globaler Friede und das Auftreten des Antichristen hingewiesen.
Als zweite Anmerkung sei erwähnt, dass namhafte Kenner und Beobachter der Weltsituation die USA schon seit einiger Zeit über dem Zenit ihrer Macht und auf dem absteigenden Ast sehen. So konnten die USA bis jetzt auch nur mithilfe von China durch die Wirtschaftskrise kommen, da China über die mit Abstand grössten Währungsreserven weltweit verfügt (2650 Milliarden US-Dollar4). Ausserdem ist es kein Geheimnis, dass die USA trotz der Wirtschaftskrise mit einem sorgenvollen Auge nach Europa sehen und alles versuchen, um einen Aufschwung Europas zu verhindern.
Nun werden ja die USA für alles Böse verantwortlich gemacht. Aber stimmt dies wirklich? Nehmen wir einmal das neomarxistische Gedankengut der 68er-Bewegung im deutschsprachigen Raum. Es wurde wohlgemerkt durch die sogenannte Frankfurter Schule und nicht etwa die New Yorker Schule vorangetrieben.
Einerseits wird in den USA der Pfuhl aller verschwörerischen freimaurerischen Intrigen vermutet, welchen wir auch hier in Europa unterworfen sein sollen. Auf der anderen Seite ist eine offensichtliche Gefahr in der zunehmenden Islamisierung der westlichen Welt erkennbar. Wie aber ist eine so widersprüchliche Entwicklung bei einer angeblichen Steuerung der Geschicke durch die Freimaurer und irgendwelcher anderer Geheimorden erklärbar?
Noch eine letzte Frage sei in diesem Zusammenhang gestattet: Wenn die Freimaurer, Bilderberger & Co. seit Jahren und Jahrzehnten tatsächlich die Weltpolitik geschickt steuern und die Weltbevölkerung manipulieren, warum haben sie dann nicht schon längst offensichtlich ihre Weltregierung geschickt installiert? Gelegenheiten hätte es dazu wahrlich genügend gegeben, angefangen vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis hin zum Zusammenbruch des Ostblocks.
Von Johannes Pflaum