Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 12.
In 1. Timotheus 4,6 schreibt Paulus: «Wenn du dies den Brüdern vor Augen stellst, wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein, der sich nährt mit den Worten des Glaubens und der guten Lehre, der du nachgefolgt bist.» Nach welchen biblischen Kriterien ist man ein guter Diener?
Biblisches klar lehren. In Kapitel 4 wird das Wort von der richtigen Lehre viermal betont (V 6.11.13.16). Nur die richtige Lehre bewahrt uns vor jeder Art von Falschlehren oder Stolpersteinen. Man muss all die vielen Arten von Falschgeld nicht so genau kennen, um sie vom echten Geld unterscheiden zu können. Es ist umgekehrt: Je besser man das richtige Geld kennt, desto schneller erkennt man das Falschgeld.
Über die Grundsätze zur Schriftdeutung kann man allgemein Folgendes sagen: Eine Lehrfrage sollte am Ende immer stimmig sein und keinem Teil der Schrift widersprechen. Wenn die Auslegung der Bibel angemessen gedeutet wird, ergibt sich daraus ein Lehrsystem, das harmonisch und nicht widersprüchlich ist. Der Sinn eines Textes darf nicht verdreht werden, um ihn mit der vorgefassten Meinung in Einklang zu bringen. Jeder Text, selbst wenn dabei zeitweilig einige ungeklärte Probleme der Harmonisierung auftreten, muss zunächst für sich selber sprechen.
– Die Lehre soll den Mitchristen vor Augen gestellt (erklärt) werden. Paulus spricht an anderer Stelle von «vor Augen malen» (Gal 3,1). Es geht dabei um das richtige Erklären und Deutlichmachen. Dazu gehören Feingefühl, Zeit und Geduld.
– Man soll sich selbst von der Lehre nähren, das heisst, nicht nur lesen, sondern daran arbeiten, sie erforschen, richtig schneiden, aufnehmen, verdauen. Nur, wenn man selbst biblisch genährt ist, kann man anderen die richtige Hilfestellung bieten.
– Man soll selbst ein Nachfolger der biblischen Lehre sein, das heisst, ein Täter des Wortes. Nur wer selbst der guten Lehre und nicht eigenen Interpretationen folgt, ist ein guter Wegweiser.
Unbiblisches entschieden ablehnen: «Die unheiligen Altweiberlegenden aber weise ab; dagegen übe dich (trainiere dich) in der Gottesfurcht! Denn die leibliche Übung nützt wenig, die Gottesfurcht aber ist für alles nützlich, da sie die Verheissung für dieses und für das zukünftige Leben hat» (1.Tim 4,7-8).
Die Gottesfurcht wird in diesem Abschnitt zweimal erwähnt und im Gegensatz zu Irrlehren, Mythen und Fabeln gesetzt, die Paulus in ironischer Weise als Geschwätz alter Frauen abtut. Gottesfurcht erweist sich nicht im Halten unzähliger Vorschriften oder im Befolgen menschlicher Überlieferungen, sondern im Glauben und Praktizieren der biblischen Lehre über das Heil, die Gnade und die Nachfolge. Mögen die unbiblischen Lehren auch noch so einen frommen Schein haben, so sind sie doch nichts anderes als Geschwätz.
Der Text macht deutlich: So eng man sich an die biblische Lehre halten soll, so weit soll man sich von jeder unbiblischen Lehre oder Argumentation entfernen. Man soll sich auf keine Diskussion einlassen, sondern vielmehr Irrlehren deutlich abweisen (vgl. 6,20; 2.Tim 2,16). Auch im Galaterbrief zeigt der Apostel diese Radikalität: «Was aber die eingeschlichenen falschen Brüder betrifft, die sich hereingedrängt hatten, um unsere Freiheit auszukundschaften, die wir in Christus Jesus haben, damit sie uns unterjochen könnten – denen gaben wir auch nicht eine Stunde nach, dass wir uns ihnen unterworfen hätten, damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestehen bliebe» (Gal 2,4-5).
Es lohnt sich nicht, eine Diskussion mit solchen einzugehen, die neben dem Herrn Jesus Christus Zusatzlehren verkündigen – sei das nun Askese, Sabbatheiligung, jüdische Traditionen, Mythen, Fabeln, das Zölibat oder sonst irgendwelche Zusatzvorschriften. Das Einzige, was uns weiterbringt und vor dem Fall bewahrt, ist eine radikale Ablehnung solcher Zusätze.
Paulus stellt die falschen Lehren als nutzloses Geschwätz alter Frauen dar, die Märchen erzählen. In einem Kommentar heisst es dazu: «… ‹altweibisch› … Ein sarkastisches Wort, das in der philosophischen Auseinandersetzung häufig vorkam und den Gedanken grenzenloser Leichtgläubigkeit vermittelt! Diese verächtlichen und herabwürdigenden Eigenschaftswörter beschreiben die Mythen weder als heilig noch als vernünftig, sondern als törichte Einbildungen, die nur für das Geschwätz seniler, alter Klatschbasen taugen. Hier ist keine geistliche Nahrung zu finden.»
Unweigerlich dachte ich dabei auch an die unzähligen Geschichten, die beispielsweise über die Schweinegrippe zirkulierten. Da hiess es, dass ein Chip implantiert würde, dass die Menschheit bewusst dezimiert werden sollte usw. usf. Es war zum Teil traurig, mitzuerleben, zu welchen Hirngespinsten und hysterischen Aussagen sich da – leider wieder einmal – Christen hinreissen liessen. Absurde Theorien, Spekulationen und Schauermärchen wurden in Umlauf gebracht und verunsicherten Menschen.
Ein Beispiel für «Altweiberlegenden» ist auch folgende Nachricht: «Im November 2004 wurde bei eBay ein altes Käsesandwich für 28 000 Dollar verkauft, da angeblich Marias Abbild auf übernatürliche Weise auf dem Toast eingeprägt sei. Ein paar Monate später bauten in Chicago Tausende von Verehrern einen behelfsmässigen Marienaltar in einer Autobahnunterführung, da jemand behauptete, ihr Abbild auf der Betonmauer gesehen zu haben.»
Die Kombination von «Altweiberlegenden» und leiblicher Übung in 1. Timotheus 4,7-8 deutet auf einen Trend hin, den wir heute haben. Wie viele Artikel, Erklärungen und Hinweise drehen sich doch in unserer Zeit um leibliche Übungen! Für das, was sich nur in beschränktem Masse auf den Körper auswirkt, investieren etliche Menschen mancherlei Kurse, viel Zeit – und noch mehr Geld. Sie verschlingen Artikel dazu und versuchen immer wieder etwas Neues.
Dabei sollte man sehr viel mehr einsetzen, um geistlich weiterzukommen. Rechte Übung in der Gottesfurcht ist für den Leib gut, aber vor allem für das zukünftige Leben. Während Leibesübungen oft nur mit leeren Versprechungen für das irdische Leben zu tun haben und aufgebauscht werden, hat die Gottesfurcht die Verheissung des Lebens nach dem Leben. Leibliche Übung wird hier nicht abgelehnt, sondern in das richtige Verhältnis gestellt: Sie darf keine Zusatzreligion sein oder werden.
Biblisches ernst nehmen. «Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert; denn dafür arbeiten wir auch und werden geschmäht, weil wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben, der ein Retter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen» (1.Tim 4,9-10).
Es geht darum, die biblischen Wahrheiten ernst zu nehmen, weil sie absolut glaubwürdig sind. Von dieser Glaubwürdigkeit des Wortes Gottes spricht der erste Timotheusbrief dreimal (1,15; 3,1; 4,9).
Wir dürfen uns immer wieder glaubensvoll auf die Verheissungen Gottes berufen. Ohne den geringsten Zweifel können wir unser Leben darauf gründen und dürfen immer wieder das Wort Gottes als völlige Wahrheit annehmen. Das Wort Gottes ist sicherer als alle Erkenntnisse, Theorien und Behauptungen der Welt, egal um welchen Bereich es sich handelt. Das Wort Gottes übersteigt den begrenzten menschlichen Verstand und eröffnet neue Horizonte. Daher sollte es unsere Richtlinie sein und unser ganzes Leben prägen.
Diese Wahrheit Gottes ist so gewiss und zuverlässig, dass es sich nicht nur lohnt, ihr zu glauben, sondern auch für sie zu leben, zu arbeiten, sein ganzes Leben dafür einzusetzen, sich dafür abzumühen und all seine Kräfte dafür zu geben. Das Urtextwort hat die Bedeutung von «sich bis zur Erschöpfung abzumühen». Es umfasst die Ermüdung des Geistes und des Körpers. Der Vergleich mit anderen Übersetzungen macht dies deutlich: «Auf dieses Ziel hin mühen wir uns und setzen unsere Kräfte ein» – «denn dafür arbeiten und kämpfen wir» – «wir nehmen ja deshalb Mühe und Schande auf uns» – «wir arbeiten hart und leiden dabei viel».
Paulus nimmt die Wahrheit des Wortes Gottes dermassen ernst, dass er sein ganzes Leben und all seine Energie dafür hergibt und bereit ist, dafür jede Schmähung und jedes Leid auf sich zu nehmen.
Er hat seine ganze Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt. Er weiss, für wen er arbeitet – nicht für tote Materie oder irgendwelche toten Götter oder vage Hoffnungen, sondern für den lebendigen, wirklich existierenden und handelnden Gott. Dieser lebendige Gott ist der Retter aller Menschen, besonders aber der Gläubigen. Das bedeutet im Hinblick auf das Zeitliche, dass der Herr ein Retter aller Menschen ist, weil im gegenwärtigen Heilszeitalter der Gnade alle Menschen unter dieser Gnade stehen und das Erlösungswerk Jesu für alle Menschen vollbracht wurde. Es ist niemand ausgeschlossen oder besonders erwählt. Gott handelt während des Gemeindezeitalters nicht als Richter, sondern als Retter.
Doch im Hinblick auf die Ewigkeit ist Gott der Retter besonders für diejenigen da, die an Ihn glauben, weil sie die Rettung für sich in Anspruch genommen haben und bereits die Auswirkungen der Erlösung erfahren dürfen: Vergebung, Gewissheit, Hoffnung, ewiges Leben … Man kann es auch so ausdrücken: Alle Menschen stehen gegenwärtig unter der Segensfülle des Herrn, aber die Gläubigen geniessen diese Segensfülle.
Im Hinblick auf die Prophetie ist Gott insbesondere auch der Retter der an Jesus Gläubigen, weil sie (wenn das Zeitalter der Gnade ausläuft) von dieser Erde weggenommen werden, bevor der Herr als Richter handeln wird.
Biblisches verantworten. «Dies sollst du gebieten und lehren! Niemand verachte dich wegen deiner Jugend, sondern sei den Gläubigen ein Vorbild im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben, in der Keuschheit! Bis ich komme, sei bedacht auf das Vorlesen, das Ermahnen und das Lehren. Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir verliehen wurde durch Weissagung unter Handauflegung der Ältestenschaft! Dies soll deine Sorge sein, darin sollst du leben, damit deine Fortschritte in allen Dingen offenbar seien! Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören» (1.Tim 4,11-16).
Im ersten Timotheusbrief gibt es um die 30 Anordnungen. Das bedeutet, dass ein Christ auch ohne Gesetz nicht gesetzlos ist. Wenn wir uns allein an all das halten, wozu der Apostel hier aufruft, leben wir ein echtes Christentum, wird doch das ganze Leben mit diesen Aufforderungen abgedeckt: Im Vorbild (Alltagsleben), im Wort (Reden), im Wandel (Lebensgestaltung bzw. -führung), in der Liebe (im aufopferungsvollen Dienst für den Nächsten, in der rechten Motivation), im Geist (flammende Begeisterung, erfüllt mit Liebe zum Herrn), im Glauben (auch mit «Treue» übersetzt, gegründet und ganz ausgerichtet, felsenfest stehend), in der Keuschheit (Reinheit, innerlich und äusserlich), im Ausharren («bis ich komme»). Dazu gehört das Lesen, Ermahnen und Lehren, das Ausleben der Gnadengabe in der Sorge um das Reich Gottes, das Sichtbarwerden der geistlichen Fortschritte, das Achthaben auf sich selbst und auf die Lehre und in der Beständigkeit und dem Tun all dieser Dinge.
«Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören.» So mancher Christ hat mit dem letzten Satz dieses Kapitels grosse Schwierigkeiten, weil dieser falsch eingeordnet bzw. interpretiert wird.
Das Wort «Retten» oder «Rettung» hat viele Bedeutungen und bezieht sich nicht nur auf das ewige Leben.
– Jakob betete: «Rette mich doch vor der Hand … Esaus» (1.Mo 32,12).
– «In sechs Nöten wird er dich retten, und in sieben wird dich nichts Böses antasten» (Hi 5,19).
– David bat: «rette mich von allen meinen Verfolgern» (Ps 7,2).
– «… um vor dem König von Assur gerettet zu werden!» (Jes 20,6).
– «… da er zu sinken anfing, schrie er und sprach: Herr, rette mich!» (Mt 14,30).
– «… dass der Herr seinen Engel gesandt und mich gerettet hat» (Apg 12,11).
– «Und so geschah es, dass alle ans Land gerettet wurden» (Apg 27,44).
– «… meinen Verfolgungen, meinen Leiden, die mir in Antiochia, in Ikonion, in Lystra widerfahren sind. Diese Verfolgungen ertrug ich, und aus allen hat der Herr mich gerettet» (2.Tim 3,11).
– «Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk …» (2.Tim 4,18).
– «Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten …» (Jak 5,15).
– «Der Herr weiss die Gottseligen aus der Versuchung zu retten» (2.Petr 2,9).
Der Zusammenhang von Kapitel 4 macht deutlich: Es geht in Vers 16 – ähnlich wie in Kapitel 2,15 in Bezug auf die Kinder gebärenden Frauen – nicht um die Rettung zum ewigen Leben, sondern um eine Rettung vor den Gefahren, die in Kapitel 4 erwähnt werden. Es geht um die Rettung von all dem Falschen, Widerwärtigen, das das Leben eines Christen bedroht, zum Beispiel der Abfall vom Glauben, Verführung durch Irrlehren, Lehren von Dämonen, Heuchelei, Lügenredner und Altweiberlegenden.
Wer mit Nachdruck auf die biblische Lehre achthat und darin beständig bleibt, wer sie lehrt, hört und tut, der wird dadurch vor falscher Lehre gerettet. Hier sehen wir einmal mehr die grosse Verantwortung, die mit der Weitergabe gesunder biblischer Lehre verbunden ist. Denn viele Irrlehren, Irrtümer und Irrwege innerhalb lokaler Gemeinden rühren gerade daher, dass man es versäumt hat, die gute, gesunde Lehre des Wortes Gottes so konsequent weiterzugeben, wie es in unserem Bibeltext beschrieben wird.
Von Norbert Lieth