Zu
einem biblischen Verständnis von Josua 21,43-45. Teil 9.
In Hank Hanegraaffs
Buch The Apocalypse Code ist ein geeignetes Fallbeispiel dafür zu
finden, wie jemandes Auslegung von Josua 21,43-45 seine Eschatologie
beeinflusst.
Hanegraaff
präsentiert einen sogenannten Schriftsynergie-Grundsatz als Sicherheitsgurt
des Bibelstudiums; und im Tenor seines Buches bezieht sich dies natürlich
besonders auf eschatologische Studien.
Er schreibt: «Das
‹S› in LIGHTS2 steht für den Grundsatz der Schriftsynergie. Einfach ausgedrückt
bedeutet das, dass die Bibel als Ganzes mehr ist als die Summe ihrer
einzelnen Stellen. Man kann die Schrift nicht als Ganzes erfassen, ohne
ihre Einzelteile zu verstehen – und die einzelnen Stellen können
nicht erfasst werden, ohne dass man die Bibel insgesamt versteht.
Einzelne Bibelstellen sind eher ergänzend als widersprüchlich, wenn
man sie im Bezug auf die Schrift als Ganzes sieht.
Schriftsynergie
erfordert, dass einzelne Bibelstellen nie im Widerspruch zur Gesamtaussage der
Schrift ausgelegt werden dürfen. Weiter dürfen wir nie eine
beliebige Bedeutung Worten oder Sätzen überstülpen, auf die in der biblischen
Geschichte Bezug genommen werden. Der Bibelübersetzer muss im Auge
behalten, dass die ganze Schrift, wenngleich durch verschiedene
menschliche Werkzeuge vermittelt, nur einen einzigen Autor hat.
Und dieser Autor widerspricht sich nicht, noch verliert er den
Überblick über seine Diener.»
Was Hanegraaff mit
dieser Schriftsynergie in der Eschatologie meint, zeigt sein Umgang mit
den göttlichen Verheissungen in Bezug auf das Land und das Volk
Israel in 3. Mose 26,40- 45, wo immerhin «die erste detaillierte Beschreibung
von Israels endzeitlicher Busse und Wiederherstellung» zu finden ist.
Diese Verse wurden überdies früher geschrieben als das Buch Josua, sodass
Josua 21,43-45 im Licht dieser vorher offenbarten Verheissungen gelesen werden
muss, denn «die einzelnen Stellen können nicht erfasst werden, ohne dass
man die Bibel insgesamt versteht». Dessen ungeachtet spielt 3.
Mose 26,40-45 in der Eschatologie von The Apocalypse Code keine
Rolle; jedenfalls findet sich im Bibelstellenverzeichnis keine Parallelstelle
zu dieser wichtigen endzeitlichen Verheissung Gottes. The
Apocalypse Code enthält drei Fussnoten zu 3. Mose 26,18.21.24.28,
kommentiert diese Stellen jedoch nicht selbst. So ist der letzte
Vers aus 3. Mose, den Hanegraaff erwähnt, 3. Mose 26,33 (einerlei, ob
er nur die Bezugnahmen angibt oder andere zitiert): «Euch aber
will ich unter die Heidenvölker zerstreuen und das Schwert hinter euch her
ziehen, sodass euer Land zur Wüste wird und eure Städte zu Ruinen.» Doch
Hanegraaff lässt die Verse 34-35 weg, die mit dem Bindewort «dann»
beginnen: «Dann wird das Land seine Sabbate geniessen, solange es verwüstet liegt
und ihr im Land eurer Feinde seid. Ja, dann wird das Land ruhen und seine
Sabbate geniessen dürfen. Solange es verwüstet liegt, wird es ruhen, weil es
nicht ruhen konnte an euren Sabbaten, als ihr darin wohntet.» Ausserdem
verschweigt Hanegraaff die harte Behandlung der Juden im Exil
(3.Mo 26,36-39). Noch deutlicher ist aber, dass in Hanegraaffs Theologie
für 3. Mose 26,40-45 kein Raum ist, wo die von Jahwe wiederholt verheissene
Sammlung im Land nach der Zerstreuung erwähnt wird. Es bleibt die
Frage, wie Hanegraaff 3. Mose 26,40-45 behandelt, da er uns erklärt, um
ihn nochmals zu zitieren: «Die offensichtliche und korrekte Bedeutung einer
biblischen Stelle muss immer den Vorrang haben vor einem besonderen eschatologischen
Rahmen oder Gedankengebäude.» Und: «Schriftsynergie erfordert, dass
einzelne Bibelstellen nie im Widerspruch zur Gesamtaussage der Schrift
ausgelegt werden dürfen.» Dies ist bedeutend, denn Hanegraaff präsentiert
Josua 21,43-45 als empirischen Beweis dafür, dass alle
Landesverheissungen Gottes zu Josuas Zeit bereits erfüllt gewesen
seien – damit sind die vielfachen Bezüge zum Land in 3. Mose 26,40-45
mit eingeschlossen. Deshalb haben laut Hanegraaff die Landesverheissungen keine Bedeutung
für eschatologische
Studien.
Von Greg Harris