04.10.2012

Hat Gott Seine Verheissungen erfüllt? – Teil 9

Wie jemandes Auslegung von Josua 21,43-45 seine Eschatologie beeinflusst – Teil II

Zu einem biblischen Verständnis von Josua 21,43-45. Teil 9.


In Hank Hanegraaffs Buch The Apocalypse Code ist ein geeignetes Fallbeispiel dafür zu finden, wie jemandes Auslegung von Josua 21,43-45 seine Eschatologie beeinflusst.

Hanegraaff präsentiert einen sogenannten Schriftsynergie-Grundsatz als Sicherheitsgurt des Bibelstudiums; und im Tenor seines Buches bezieht sich dies natürlich besonders auf eschatologische Studien.

Er schreibt: «Das ‹S› in LIGHTS2 steht für den Grundsatz der Schriftsynergie. Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass die Bibel als Ganzes mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Stellen. Man kann die Schrift nicht als Ganzes erfassen, ohne ihre Einzelteile zu verstehen – und die einzelnen Stellen können nicht erfasst werden, ohne dass man die Bibel insgesamt versteht. Einzelne Bibelstellen sind eher ergänzend als widersprüchlich, wenn man sie im Bezug auf die Schrift als Ganzes sieht.

Schriftsynergie erfordert, dass einzelne Bibelstellen nie im Widerspruch zur Gesamtaussage der Schrift ausgelegt werden dürfen. Weiter dürfen wir nie eine beliebige Bedeutung Worten oder Sätzen überstülpen, auf die in der biblischen Geschichte Bezug genommen werden. Der Bibelübersetzer muss im Auge behalten, dass die ganze Schrift, wenngleich durch verschiedene menschliche Werkzeuge vermittelt, nur einen einzigen Autor hat. Und dieser Autor widerspricht sich nicht, noch verliert er den Überblick über seine Diener.»

Was Hanegraaff mit dieser Schriftsynergie in der Eschatologie meint, zeigt sein Umgang mit den göttlichen Verheissungen in Bezug auf das Land und das Volk Israel in 3. Mose 26,40- 45, wo immerhin «die erste detaillierte Beschreibung von Israels endzeitlicher Busse und Wiederherstellung» zu finden ist. Diese Verse wurden überdies früher geschrieben als das Buch Josua, sodass Josua 21,43-45 im Licht dieser vorher offenbarten Verheissungen gelesen werden muss, denn «die einzelnen Stellen können nicht erfasst werden, ohne dass man die Bibel insgesamt versteht». Dessen ungeachtet spielt 3. Mose 26,40-45 in der Eschatologie von The Apocalypse Code keine Rolle; jedenfalls findet sich im Bibelstellenverzeichnis keine Parallelstelle zu dieser wichtigen endzeitlichen Verheissung Gottes. The Apocalypse Code enthält drei Fussnoten zu 3. Mose 26,18.21.24.28, kommentiert diese Stellen jedoch nicht selbst. So ist der letzte Vers aus 3. Mose, den Hanegraaff erwähnt, 3. Mose 26,33 (einerlei, ob er nur die Bezugnahmen angibt oder andere zitiert): «Euch aber will ich unter die Heidenvölker zerstreuen und das Schwert hinter euch her ziehen, sodass euer Land zur Wüste wird und eure Städte zu Ruinen.» Doch Hanegraaff lässt die Verse 34-35 weg, die mit dem Bindewort «dann» beginnen: «Dann wird das Land seine Sabbate geniessen, solange es verwüstet liegt und ihr im Land eurer Feinde seid. Ja, dann wird das Land ruhen und seine Sabbate geniessen dürfen. Solange es verwüstet liegt, wird es ruhen, weil es nicht ruhen konnte an euren Sabbaten, als ihr darin wohntet.» Ausserdem verschweigt Hanegraaff die harte Behandlung der Juden im Exil (3.Mo 26,36-39). Noch deutlicher ist aber, dass in Hanegraaffs Theologie für 3. Mose 26,40-45 kein Raum ist, wo die von Jahwe wiederholt verheissene Sammlung im Land nach der Zerstreuung erwähnt wird. Es bleibt die Frage, wie Hanegraaff 3. Mose 26,40-45 behandelt, da er uns erklärt, um ihn nochmals zu zitieren: «Die offensichtliche und korrekte Bedeutung einer biblischen Stelle muss immer den Vorrang haben vor einem besonderen eschatologischen Rahmen oder Gedankengebäude.» Und: «Schriftsynergie erfordert, dass einzelne Bibelstellen nie im Widerspruch zur Gesamtaussage der Schrift ausgelegt werden dürfen.» Dies ist bedeutend, denn Hanegraaff präsentiert Josua 21,43-45 als empirischen Beweis dafür, dass alle Landesverheissungen Gottes zu Josuas Zeit bereits erfüllt gewesen seien – damit sind die vielfachen Bezüge zum Land in 3. Mose 26,40-45 mit eingeschlossen. Deshalb haben laut Hanegraaff die Landesverheissungen keine Bedeutung für eschatologische Studien.

Von Greg Harris