30.09.2012

Prediger 9: Die kleine Stadt, der grosse König und der arme Mann

«Gegen eine kleine Stadt, in der wenig Männer waren, kam ein grosser König und belagerte sie und baute grosse Belagerungstürme gegen sie. Da fand sich in derselben Stadt ein armer, aber weiser Mann, der rettete die Stadt durch seine Weisheit, und doch gedachte kein Mensch an diesen armen Mann» (Pred 9,14-15).

Ein Rabbi kannte das Alte Testament auswendig. Bevor er zum Glauben an Jesus Christus fand, schrieb er einem Freund: «Es scheint mir immer, als fehle der Heiligen Schrift etwas – der Brennpunkt, in welchem sich alle göttlichen Strahlen vereinigen. Das Gebäude ist prächtig, aber mir scheint, die Spitze fehlt, die es krönen muss! O Lieber, ich stehe am Rande der Verzweiflung! Gott möge sich meiner erbarmen!» Luther pflegte zu sagen: «Die Heilige Schrift ist die ‹Krippe›, in der das Jesuskind liegt. Vergessen wir über der Besichtigung der Krippe nicht die Anbetung des Kindes.» In der folgenden Betrachtung von Prediger 9,14-15 wollen wir deshalb auch Jesus sehen.

Die Erde im Weltall: «Eine kleine Stadt, in der wenig Männer waren» (V 14). Unsere Welt und die sich darauf befindenden Weltbewohner sind nicht mehr als ein Staubkorn im Universum. Gemessen am Kosmos ist unser Planet eine kleine Stadt. Um einen kleinen Einblick in den Kosmos zu erhalten, habe ich einige Daten aus dem Buch Signale aus dem All – Wozu gibt es Sterne von Prof. Dr. Werner Gitt zusammengetragen.

Allein in unserem Milchstrassensystem (Galaxie) gibt es ca. 200 Milliarden Sterne. Es gibt aber wesentlich mehr Milchstrassen (Galaxien), nämlich einige hundert Milliarden. Die Astronomen schätzen die Gesamtzahl der Sterne im beobachteten Teil unseres Universums auf 10 hoch 25, die wirkliche Zahl aber kennt kein Mensch. Ein Computer, der in einer einzigen Sekunde von 1 bis 10 Milliarden zählen könnte, würde für das Zählen der angegebenen Sterne 30 Millionen Jahre brauchen. Es stimmt buchstäblich, was der Prophet Jeremia sagt: «Wie man das Heer des Himmels nicht zählen und den Sand am Meer nicht messen kann …» (Jer 33,22).

Der Durchmesser der Erde beträgt 12.756 km. Der grösste Stern Alpha Herculis hat in seinem System einen Durchmesser von 250 Milliarden km. Das entspricht 180.000 Sonnendurchmessern. Unser gesamtes Planetensystem mit seinem mittleren Durchmesser von 11,8 Milliarden km hätte darin 21 Mal nebeneinander Platz. Eine Sonde mit einer Geschwindigkeit von 40.000 km/h bräuchte zum Durchfliegen des Alpha Herculis 700 Jahre.

Die Masse der Erdbevölkerung ist im Verhältnis zum gesamten Universum nicht grösser als eine Bakterie. Eine Lichtsekunde umfasst 300.000 km. Der weiteste Stern namens Quasar im Sternbild Jungfrau ist etwa 12,4 Milliarden Lichtjahre entfernt. Und der bekannte Andromedanebel hat eine Ausdehnung von 150.000 Lichtjahren. Würde man mit einer Stecknadel durch eine postkartengrosse Fotografie dieser Galaxie stechen, entspräche der Einstich einem Loch von 600 Lichtjahren. Könnte ein Düsenjet mit Schallgeschwindigkeit dieses Loch durchqueren, würde der Flug 650 Millionen Jahre dauern. «Siehe, Nationen gelten wie ein Tropfen am Eimer und wie Staub auf der Waagschale. Siehe, Inseln hebt er hoch wie ein Stäubchen» (Jes 40,15).

«Was ist der Mensch, dass du ihn gross achtest und dass du dein Herz auf ihn richtest?» (Hiob 7,17). Wie nichtig sind wir gemessen an dieser Grössenordnung doch als einzelne Menschen! «Wie kann aber der Sterbliche gerecht sein vor Gott, und wie will der rein sein, der von der Frau geboren ist? Siehe, sogar der Mond leuchtet nicht hell, und die Sterne sind nicht rein in seinen Augen – wie viel weniger der Sterbliche, die Made, und das Menschenkind, der Wurm!» (Hiob 25,4-6). Gott hat uns in Seiner unendlichen Grösse gar nicht nötig, und doch treibt Ihn Seine Liebe dazu, Sein Herz auf uns zu richten. Dies tat Er in Jesus Christus. Nicht wir suchen Ihn, Er sucht uns. «Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn hingegeben hat, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben» (Joh 3,16).

Wenn nun die gesamte Erde gemessen am Universum praktisch ein Nichts ist, wie viel weniger ist es dann Israel oder die Stadt Jerusalem? Dennoch heisst es in Jesaja in Bezug auf Gott und Jakob (Israel): «Er ist’s, der die Erde erschaffen hat durch seine Kraft, der in seiner Weisheit den Weltkreis abgegrenzt und mit seinem Verstand den Himmel ausgespannt hat. … Dumm steht jeder Mensch da, ohne es zu begreifen … Aber Jakobs Teil ist nicht wie diese, sondern der Schöpfer des Alls ist er, und Israel ist der Stamm seines Erbteils: Herr der Heerscharen ist sein Name» (Jer 10,12.14.16). König Salomo sagte bei der Einweihung des Tempels: «Ja, sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe, die Himmel und die Himmel der Himmel können dich nicht fassen; wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe!» (1.Kön 8,27). Das Land Israel bedeckt lediglich 0,018 Prozent der Erdoberfläche. Und doch hat sich Gott dieses Volk erwählt, um darin Sein Heil für die ganze Welt zu vollbringen. So unmöglich es ist, den Himmel zu messen, so unmöglich ist es, dass Israel verworfen wird (Jer 31,37; 33,22; Jes 66,22). Gott hat Israel zum Mittelpunktder Erde gemacht (Hes 38,12), damit von dort aus das Evangelium in alle vier Himmelsrichtungen ausgehen und auf allen Kontinenten bekannt gemacht werden kann. Von diesem Mittelpunkt aus wird Jesus bei Seiner Wiederkunft als Messias die ganze Welt regieren (Ps 48,2-3; Mt 5,35).

Die Belagerung durch den Feind: «… kam ein grosser König und belagerte sie und baute grosse Belagerungstürme gegen sie» (V 14). Unsere Welt und jede einzelne Menschenseele wird von einem unsichtbaren Feind belagert.

Jeder Mensch weiss mehr oder weniger, was Sünde ist und wie man durch die Sünde belagert werden kann. Sünde kann den ganzen Menschen beherrschen, Schuld kann sich wie Belagerungstürme gegen das Gewissen auftürmen und wie eine Armee auf die Seele einstürmen. Jeder weiss, was Zwänge sind, Süchte bis hin zur Besessenheit und Selbstmordabsichten. Jeder weiss, was Belastungen sind, Belastungen physischer, geistiger und seelischer Art.

Man kann so sehr von Dingen vereinnahmt, gefangen genommen und aufgefressen werden, dass man keinen Blick mehr hat für die wahren Werte des menschlichen Lebens. Unsere Welt wird bestimmt von Kriegen, Gewaltherrschaft, Terror, Mord und Korruption. 80 Prozent der täglichen Nachrichtenflut sind negativ. Der König, der die Menschheit grausam belagert, ist der Teufel und sein Belagerungsmittel ist die Sünde, die wir tun.

Jesus nennt den Teufel «Fürst dieser Welt» (Joh 12,31). Der Apostel Paulus schreibt über den Teufel: «Denn unser Kampf richtet sich nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Herrschaften, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen» (Eph 6,12). «… gemäss dem Fürsten, der in der Luft herrscht, dem Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt» (Eph 2,2). «Ihr wisst, dass ihr einst Heiden wart und euch fortreissen liesst zu den stummen Götzen, so wie ihr geführt wurdet» (1.Kor 12,2). «Bei den Ungläubigen, denen der Gott dieser  Weltzeit die Sinne verblendet hat …» (2.Kor 4,4).

Von wem und was ist die Welt belagert? Woher kommt die Grausamkeit des Islam, der Kriege und des Terrors allgemein? Woher stammen Gier, Hass, Lieblosigkeit und grenzenloser Egoismus? Warum ist Israel so von Feinden umlagert? Warum wurde dieses Volk über Jahrtausende bis heute mit einer derart unbändigen Zerstörungswut gehasst und angegriffen? Einmal wurde es durch die Assyrer belagert, dann durch die Babylonier, durch Antiochus Epiphanes und später durch die Römer. Liegt es nicht daran, dass Gott Sein Augenmerk im Besonderen auf dieses Volk gerichtet hat, weil dort der Erlöser geboren wurde, weil Er dort starb, aus den Toten auferstand und dorthin wiederkommen wird?

Ist es nicht so, dass Sie sich selbst belagert fühlen? Dass Sie Dinge tun, die Sie gar nicht tun wollen? Dass Sie gerne anders sein möchten, als Sie sind? Aber Sie kommen nicht los, Sie werden nicht frei. Und doch, da, wo es Gefangenschaft und Belagerung gibt, gibt es auch Befreiung! Wo eine Gefängnistür zuschlägt, gibt es auch einen Schlüssel, der sie öffnet.

Der Retter der kleinen Stadt: «Da fand sich in derselben Stadt ein armer, aber weiser Mann, der rettete die Stadt durch seine Weisheit» (V 15). Wer war arm und weise zugleich? Wer ist der Retter unseres Planeten? Jesus Christus, der jüdische Messias! Er kam aus dem unendlichen Himmel in unsere Welt. Er wurde in dem kleinen Bethlehem- Ephrata geboren (Mi 5,1). Er lebte in der unbedeutenden Stadt Nazareth. Und Er vollbrachte das Werk der Erlösung in der Stadt Jerusalem.

Seine Armut: Jesus Christus, «der, als er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein; sondern er entäusserte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen; und in seiner äusseren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz» (Phil 2,6-8). «Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet» (2.Kor 8,9). Der Prophet Daniel weissagte über das Kommen Jesu und Sein Sterben am Kreuz: «Und nach den 62 Wochen wird der Messias weggetan (a.Ü.: ausgerottet) werden und nichts haben» (Dan 9,26). Jesus sagte, als Er auf dieser Erde war: «Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege» (Mt 8,20). Frauen sorgten für Seinen Unterhalt, sodass Er zu essen und zu trinken bekam (Lk 8,3).

Seine Weisheit: Jesus Christus, «in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind» (Kol 2,3). Juden als auch Griechen, verkündigen wir Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit» (1.Kor 1,24). «Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht worden ist zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung» (1.Kor 1,30). «Und als der Sabbat kam, fing er an, in der Synagoge zu lehren; und viele, die zuhörten, erstaunten und sprachen: Woher hat dieser solches? Und was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist, dass sogar solche Wundertaten durch seine Hände geschehen?» (Mk 6,2).

Der arme weise Mann rettete die belagerte Stadt durch seine Weisheit. Jesus ist es, der die von Satan und Sünde belagerten Menschen befreien kann. Er selbst ist der Schlüssel, der die Tür Ihres Gefängnisses öffnet. In der Wuppertaler Studienbibel steht: «Jesus hat die Bresche in das Bollwerk des Satans geschlagen und den Weg freigemacht, dass Er die Werke des Teufels zerstöre» (1.Joh 3,8). Die Astronomie (Wissenschaft) hat als Kennzeichen für die Planeten je ein Symbol. Das Symbol der astronomischen Wissenschaft für den Planeten Erde ist eine Kugel mit einem Kreuz darauf. Treffender hätte es nicht dargestellt werden können, deutlicher hätte das Symbol nicht sein können! Sobald das Kreuz durch den Glauben in Ihr Herz gepflanzt wird, muss Satan weichen; Sie erlangen Vergebung und der Heilige Geist zieht ein.

Israel wird in naher Zukunft noch grausam belagert werden. Aber der Herr wird es durch Seine Wiederkunft in Herrlichkeit befreien (Sach 12,2-3.10; 13,1).

Die Verwerfung Jesu: «… und doch gedachte kein Mensch an diesen armen Mann» (V 15). Nur wenige Juden öffneten sich ihrem Messias und glaubten an Ihn. Der Grossteil des Volkes verachtete Ihn. Jesaja prophezeite über die Kreuzigung Jesu: «Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht» (Jes 53,3). Verachten bedeutet auch «herabdenken». Der Psalmist schrieb im prophetischen Kreuzigungspsalm: «Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk. Alle, die mich sehen, spotten über mich; sie reissen den Mund auf und schütteln den Kopf» (Ps 22,7-8).

Es gibt noch eine andere Version von Prediger 9,15. Während in den meisten Bibelübersetzungen steht: «Da fand sich in derselben Stadt ein armer, aber weiser Mann, der rettete die Stadt durch seine Weisheit», heisst es in der revidierten Elberfelderübersetzung (und auch in der Luther 1984): «Aber es fand sich darin ein armer weiser Mann, der die Stadt durch seine Weisheit hätte retten können, aber kein Mensch dachte an diesen armen Mann.» Der Herr Jesus hat zwar die Errettung vollbracht, aber die damalige jüdische Generation wurde nicht gerettet, weil sie Ihn verwarf. Das Reich wurde nicht aufgerichtet (Mt 23,37-38).

Die Juden waren ja bereits vom römischen «König» belagert. Hätten sie Jesus angenommen und Busse getan, hätte der Herr Sein Reich aufgerichtet. Darum sagte Er, wie vor Ihm Johannes der Täufer: «Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen» (Mt 3,2; 4,17). Doch da die Juden Den verwarfen, der sie hätte retten können, erfüllte sich Prediger 9,14: «Gegen eine kleine Stadt, in der wenig Männer waren, kam ein grosser König und belagerte sie und baute grosse Belagerungstürme gegen sie.» 66-73 n.Chr. traten die Römer mit Belagerungstürmen gegen Jerusalem und Massada an und nahmen beides ein. Jesus hatte genau das angekündigt: «Wenn ihr aber Jerusalem von Kriegsheeren belagert seht, dann erkennt, dass seine Verwüstung nahe ist» (Lk 21,20).

Es ist eine bittere Wahrheit, dass der grösste Teil der Menschheit ausserhalb Israels Jesus ebenfalls verachtet. Der Mensch macht sich über Ihn lustig, verspottet Ihn, verachtet Ihn oder schreibt Ihm Dinge zu, die bereits im Ansatz Lüge sind. Man wendet sich allem Möglichen zu, aber von Ihm wendet man sich ab. Man sucht überall Hilfe, nur nicht bei Ihm. Je mehr wir in der Endzeit fortschreiten, desto mehr Ablehnung wird Jesus Christus entgegengebracht. Darum nimmt auch die Belagerung zu. Es ist so, wie es schon in der Apostelgeschichte beschrieben wird: «Und die einen liessen sich von dem überzeugen, was er sagte, die anderen aber blieben ungläubig» (Apg 28,24).

Jesus ist alles, was wir brauchen, sowohl für Israel als auch für die arabische Welt und das christliche Abendland, ja für die ganze Welt. Er hat die Bollwerke der Belagerung zerstört. In Ihm richtet Gott Sein Herz auf uns. Ohne Jesus haben wir keine Orientierung, ohne Ihn kommen wir nicht ans Ziel. Aber mit Ihm ist alles möglich. «Ach, Herr, Herr, siehe, du hast den Himmel und die Erde gemacht mit deiner grossen Kraft und mit deinem ausgestreckten Arm; dir ist nichts unmöglich! … Siehe, ich, der Herr, bin der Gott alles Fleisches; sollte mir irgendetwas unmöglich sein?» (Jer 32,17.27). Maranatha, Amen!

Von Norbert Lieth