06.06.2011

1. Timotheus 3,8-13: Die Diakone der Gemeinde

Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit» (3,15). Lesen Sie hier Teil 9.
Das Wort «Diakon» bezeichnet «einen, der dient». Diakone «dienen». Es handelt sich hierbei um die praktischen Dienstleistungen innerhalb der Gemeinde. Während die Ältesten im Wort- und Lehrdienst stehen sowie der Gemeinde als Hirten vorstehen und somit den inneren Belangen einer Gemeinde dienen, haben die Diakone für die verschiedensten Aufgabe der äusseren Belange der Gemeinde zu sorgen. Abgeleitet wird die Diakonie von Apostelgeschichte 6,2-3: «Da beriefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, um bei den Tischen zu dienen. Darum, ihr Brüder, seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um, die ein gutes Zeugnis haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind; die wollen wir für diesen Dienst einsetzen.» Das bedeutet aber nicht, dass Diakone nicht auch am Wort dienen könnten, was durch die Beispiele Philippus und Stephanus deutlich wird.
Auf dieselbe Art wie die in 1. Timotheus 3,1-7 erwähnten Ältesten, sollen auch die Diakone in vorbildlicher Weise der Gemeinde dienen: «Gleicherweise sollen auch die Diakone ehrbar sein, nicht doppelzüngig, nicht vielem Weingenuss ergeben, nicht nach schändlichem Gewinn strebend; sie sollen das Geheimnis des Glaubens in einem reinen Gewissen bewahren. Und diese sollen zuerst erprobt werden; dann sollen sie dienen, wenn sie untadelig sind» (1.Tim 3,8-10).
In diesem ersten Abschnitt werden sieben Voraussetzungen für einen Diakon genannt:
1. «Ehrbar», in Würde und Anstand.
2. «Nicht doppelzüngig», sondern ehrlich, ungeheuchelt und nicht widersprüchlich. Nicht in der gleichen Sache zum einen dies und zum anderen das sagen.
3. «Nicht vielem Weingenuss ergeben.» Der Umgang mit Alkohol soll in Massen sein und es darf auf keinen Fall eine Abhängigkeit bestehen.
4. «Nicht nach schändlichem Gewinn strebend.» Es darf ihnen niemals um persönliche finanzielle Vorteile gehen.
5. «Sie sollen das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen bewahren.» Ihre praktische Lebensführung soll mit dem Schriftglauben übereinstimmen und darf nicht im Widerspruch dazu stehen.
6. Sie «sollen zuerst erprobt werden». Das beinhaltet auch Beobachtung. Es birgt eine Gefahr in sich, zu jung im Glauben stehende Christen als Diakone einzusetzen oder dies zu schnell zu tun (vgl. Apg 6,3).
7. Erst, wenn die Betreffenden als untadelig befunden werden, «dann sollen sie dienen». Das zeigt wiederum, wie wertvoll und hochgeachtet ihr Dienst für Gott an der Gemeinde ist.
Nun kommt es zu einer Einfügung bezüglich der Frauen: «Die Frauen sollen ebenfalls ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern, treu in allem» (1.Tim 3,11). Ich bin nicht der Meinung, dass dies nur die Ehefrauen der Diakone betrifft, sondern dass es ganz allgemein um den diakonischen Dienst von Frauen in den ihnen speziell auferlegten Aufgaben geht. Davon ausgenommen ist der Lehrdienst innerhalb der Gemeindezusammenkünfte (1.Kor 14,34). Auch unverheiratete Frauen können diakonische Dienste leisten. Hierfür möchte ich folgende Argumente anführen:
– Paulus bestimmt hinsichtlich der männlichen Diakone, dass jeder Diakon Mann einer Frau sein soll (V 12). Dasselbe bestimmt er für die Ältesten (V 2). Würde er nun mit Vers 11 nur die Ehefrauen der Diakone meinen, wäre es doch naheliegend, den Frauen der Ältesten ebenfalls zu sagen, wie sie sich zu benehmen haben. Paulus stellt aber keine Anforderungen an die Frauen der Ältesten. Warum sollte er dann spezielle Anforderungen an die Ehefrauen der Diakone stellen? Der Textzusammenhang scheint darauf hinzuweisen, dass jede Frau im diakonischen Dienst so sein soll wie Paulus es in Vers 11 sagt, und dass jeder diakonische Mann und jeder Älteste eine Ehefrau (Einzahl) haben soll.
– Die Frauen werden unvermittelt im Text eingefügt und scheinen etwas Separates darzustellen. Würde Paulus die Ehefrauen der männlichen Diakone meinen, hätte er das doch gleich so sagen können, doch der Text weist nicht darauf hin.
– Es war damals durchaus üblich, dass Frauen diakonische Dienste leisteten: «Ich empfehle euch aber unsere Schwester Phöbe, die eine Dienerin der Gemeinde in Kenchreä ist» (Röm 16,1). Phöbe war eine Diakonin (eine Dienerin der Gemeinde), ebenso wie Maria, Tryphena, Tryphosa und Persis (Röm 16,1-2.6.12). Es heisst, dass sie gedient, gearbeitet, ja sogar viel gearbeitet haben in dem Herrn und vielen beigestanden haben.
– Paulus betrachtet diese Frauen meines Erachtens als eine dritte Gruppe. Zuerst schreibt er von den Ältesten, sodann von den männlichen Diakonen, die sich wie die Ältesten (V 8) bewähren sollen, und schliesslich von den weiblichen Diakonen, die sich wie die männlichen Diakone (V 11: «ebenfalls») bewähren sollen. Diese Frauen sollen also ebenfalls ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern und treu in allem.
Jetzt kommt Paulus wieder zu den männlichen Diakonen und fährt fort: «Die Diakone sollen jeder Mann einer Frau sein, ihren Kindern und ihrem Haus gut vorstehen» (1.Tim 3,12). Da er jetzt von den Frauen der Diakone spricht, muss folglich mit den zuvor erwähnten Frauen etwas anderes gemeint sein.
Wie bei den Ältesten soll der Diakon eine einzige Frau haben. Desgleichen sollen Diakone ihren Kindern und ihrem Haus gut vorstehen, wobei auch ihre Ehefrauen mit eingeschlossen sind. Diese Aussage scheint wiederum ein Hinweis darauf zu sein, dass Paulus mit der vorhergehenden Feststellung in Bezug auf die Frauen nicht unbedingt die Ehefrauen der Diakone meint. Wenn nämlich die Ehefrau eines Diakons nicht ordentlich lebt, dann steht der Diakon seinem Haus offensichtlich nicht gut vor. Somit würde sich die vorherige Aussage erübrigen. Wenn damit aber auch die Diakoninnen gemeint sind, dann ist es verständlicher.
«Denn wenn sie ihren Dienst gut versehen, erwerben sie sich selbst eine gute Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben in Christus Jesus» (1.Tim 3,13). Dieser Satz sagt uns mehrere Dinge:
– Wenn man einen Dienst gut versehen kann, dann kann man ihn umgekehrt auch schlecht versehen.
– Dienst beginnt nicht erst im Gemeindedienst, sondern bereits bei all den Voraussetzungen, die der Apostel in diesem Abschnitt anführt.
– Mit einem guten diakonischen Dienst sind Anerkennung und eine würdige Stellung innerhalb der Gemeinde verbunden. Zu dieser «Beförderung» verhelfen sich die Diakone selbst durch einen guten Dienst. Das deutet auch auf die Eigenverantwortung hin.
– Gleichzeitig ist damit viel Freimütigkeit im Glauben in Christus Jesus verbunden. Vielleicht ist das eine Anspielung auf die Diakone Stephanus und Philippus, die beide in grosser Freimütigkeit ihren Glauben bezeugten. Sicher ist auch Redefreiheit damit verbunden, was anzeigt, dass Diakone auch im Verkündigungsdienst stehen können. Durch einen aktiven und treuen Dienst erhält der Diakon automatisch mehr Freiheit, Autorität und Vollmacht. Somit ist Vollmacht nicht bloss vom Gebet abhängig, sondern von ganz praktischen Dingen. Dies gilt aber auch im umgekehrten Sinn: Ist ein Mitarbeiter beispielsweise doppelzüngig, geldgierig, vom Alkohol abhängig oder lebt unehrenhaft, dann stimmt seine Lebensführung nicht mit der Glaubenslehre überein, die er vertreten soll, und dadurch beraubt er sich automatisch der Vollmacht.
Von Norbert Lieth