14.06.2011

Die Rückeroberung Jerusalems im Licht biblischer Prophetie

Dieses Jahr im Juni findet der vierundvierzigste Jahrestag eines aus biblischer Sicht wichtigen Ereignisses in der Weltgeschichte statt. Am 7. Juni 1967 fiel zum ersten Mal nach der Zerstörung Jerusalems 70 n.Chr. mit dem Tempelberg (oder dem «Zion») das Herzstück Israels wieder dauerhaft in die Hände eines unabhängigen jüdischen Staates.
In den Endzeitreden des Herrn Jesus können wir neben verschiedenen anderen Zeichen zwei herausragende Kennzeichen der letzten Zeit vor Seiner Wiederkunft erkennen. Einmal geht es um das Wiedererwachen oder Blühen des Feigenbaums (Mt 24, 32-33; Mk 13,28-29; Lk 21,29-32). In der biblischen Symbolbedeutung steht der Feigenbaum für das nationale Israel. Das erste herausragende Kennzeichen der letzten Zeit ist damit das Wiedererwachen oder die Wiedergeburt des jüdischen Staates. Dieses Ereignis fand 1948 statt. Nur fünf Jahre zuvor hätte wohl jeder die Staatsgründung Israels angesichts der Schoa und der Wirren des Zweiten Weltkrieges für ein absolutes Hirngespinst gehalten. Das zweite herausragende Kennzeichen hängt mit dem ersten untrennbar zusammen. Dabei werden wir bildlich gesprochen vom Körper zum Herzen geführt. Es geht dabei um die Entwicklungen in der Jerusalemfrage, die mit der Israelfrage eng verwoben ist.
Die Ereignisse um Jerusalem spielen aus prophetischer Sicht eine ganz entscheidende Rolle in Bezug auf die endzeitlichen Entwicklungen. Die weltpolitischen Ereignisse um Jerusalem deuten nicht nur das Ende des Zeitalters der Nationen und damit die bevorstehende Wiederkunft Jesu an. Sie werden in der Zukunft auch einmal in direktem Zusammenhang mit dem sichtbaren Kommen des Herrn für alle Menschen stehen (Sach 12,1-10). Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Artikel mit der Bedeutung Jerusalems für die endzeitlichen Entwicklungen beschäftigen.
Die Zertretung Jerusalems durch die Nationen
a)     Die Belagerung und Zerstörung Jerusalems 70 n.Chr. Was der Herr Jesus in Lukas 21, 20-24 voraussagte, hat sich im Jahr 70 n.Chr. in wörtlicher Präzision erfüllt. Die Belagerung und Eroberung Jerusalems durch Titus dürfte zu den grauenvollsten Stadtbelagerungen in der ganzen Weltgeschichte zählen.
Als Jesus rund vierzig Jahre zuvor der Prozess durch Pilatus gemacht wurde, wollte die aufgeheizte Menge Freiheit für Barabbas statt für Jesus. Nach den biblischen Angaben kann Barabbas eindeutig den Zeloten zugeordnet werden (Mk 15,7; Lk 23,19; Joh 18,40). Diese jüdische Untergrundtruppe terrorisierte die römischen Besatzer und wollte mit Gewalt das Reich Gottes herbeizwingen. Anstelle des sanftmütigen Königs des Friedens wählte das Volk den Zeloten Barabbas.
Während der Belagerung von 67-70 n.Chr. war Jerusalem nicht nur von den Römern eingekesselt. Im Zusammenhang mit der Wahl des Barabbas statt Christus und der mahnenden Prophetie aus Lukas 21 ist es geradezu erschütternd, was der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet. Innerhalb der umzingelten Stadt kämpften die Aufständischen nicht nur gegen die Besatzer. Vielmehr standen auch die rivalisierenden Zelotengruppen miteinander im Konflikt. Dabei wurde die Bevölkerung in furchtbare Mitleidenschaft gezogen. Obwohl die Stadt von aussen belagert war, steckten die Zeloten in ihrer Verblendung die eigenen Vorratshäuser in Brand. Die Priester und Opfernden im Tempel wurden mit Wurfgeschossen der rivalisierenden Zelotengruppen eingedeckt, sodass viele während des Gottesdienstes ihr Leben liessen. Während die römische Belagerung immer erdrückender wurde, nahmen der Hunger und das Elend in der Stadt dramatisch zu.
Titus dagegen wollte Jerusalem, die Bevölkerung und den Tempel so weit wie möglich schonen. Aber der Starrsinn und die Hinterlist der Zeloten führten dazu, dass die Wut der römischen Soldaten bei der schrittweisen Eroberung Jerusalems immer mehr gesteigert wurde. Als sich am Ende die Widerstandskämpfer in den gut befestigten Tempel zurückzogen, gab Titus noch einmal den ausdrücklichen Befehl, den Tempel zu schonen. Über den Kampf auf dem Tempelberg berichtet Josephus Folgendes: «Und als nun die römischen Soldaten den Juden, die sich absetzen wollten, nachdrängten, und zwar bis zum Tempelgebäude selbst, da packte einer von ihnen ohne Befehl und ohne Rücksicht auf die Tragweite seines Handelns, wie von einer höheren Macht getrieben, eine Brandfackel, liess sich von einem anderen in die Höhe heben und warf sie durch das goldene Fenster, wo von Norden her der Weg in die äusseren Tempelräume führt. Und als jetzt die Flammen emporschlugen, da schrien die Juden so furchtbar auf, wie es dieses Unheil verständlich machte, und jetzt gab es für sie keine Gefahr mehr, sondern sie eilten von überallher herbei, um zu löschen; denn nun stand das Heiligtum vor dem Untergang, wovon sie bisher das Schlimmste hatten abwenden wollen (…) Man konnte meinen, die Tempelhöhe stehe von unten nach oben in einer einzigen Glut, denn der Brand hüllte sie gänzlich ein. Aber noch verschwenderischer als das Feuer flossen die Ströme von Blut, und die Zahl der Hingeschlachteten war wohl noch grösser als die der Schlächter. Vor lauter Leichen bot sich nirgends mehr der Erdboden den Blicken, und über Berge von Toten drängten die Verfolger den Fliehenden nach.»
An dem Ort des Heiligtums wurde der römische Legionsadler aufgerichtet. Für jeden gottesfürchtigen Juden war dies ein unvorstellbarer Gräuel und eine Lästerung. Damit haben wir eine erste Vorerfüllung von dem prophezeiten Gräuel der Verwüstung aus Daniel 9,27. Die endgültige Erfüllung dieser Stelle steht aber wohl noch aus. Nach dem Fall Jerusalems gab Titus den Befehl, die Stadt und den zerstörten Tempel schleifen zu lassen. Allein einige Türme, sowie die westliche Umfassungsmauer sollten erhalten bleiben. Mit erschreckender Genauigkeit traf ein, was Jesus in Seiner Endzeitrede über den Tempel vorausgesagt hatte: «Seht ihr dies alles? Wahrlich ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird» (Mt 24,2). Der römische Feldherr Titus wurde gegen seinen Willen ein Werkzeug Gottes, damit sich die biblische Prophetie über die Zerstörung des Tempels und die Zertretung Jerusalems wörtlich erfüllte.
b)     Der Bar-Kochba-Aufstand (132 – 135 n.Chr.). Etwa sechzig Jahre nach der Tempelzerstörung trat in Israel ein Mann namens Simon Bar Koseba auf. Er war eine heldenhafte Erscheinung, strahlte Mut aus und hatte strategisches Geschick. Die Juden wurden durch ihn in den Bann gezogen, was zum Aufstand gegen Rom führte. Rom wurde unter dem Statthalter Quintus Tineius Rufus immer weiter zurückgeschlagen. In einem wahren Siegesrausch gelang es dem Aufrührer sogar, Jerusalem zu befreien. Selbst der Opferdienst wurde wieder eingeführt, obwohl es keinen Tempel mehr gab. Nach weiteren schweren Niederlagen gelang Rom trotz Verstärkung erst unter dem Feldherrn Julius Severus die Wende.
Simon Bar Koseba war ein Abkömmling des Hauses David. Der Volksführer Rabbi Akiba proklamierte ihn als den «messianischen König». Daher wurde sein Name in «Bar Kochba» umbenannt, was zu Deutsch «Sternensohn» bedeutet. Damit erfüllte sich zum ersten Mal, was Jesus in Johannes 5,43 vorausgesagt hatte: «Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen.»
Nachdem sich das Blatt gewendet hatte, ging der römische Kaiser Hadrian resolut vor. Werner Keller schildert die Lage so: «Erez Israel bot einen gespenstischen Anblick. Es war völlig verwüstet und nahezu menschenleer. Der Modergeruch des Todes verpestete die Luft. Die Leichen durften nicht in die Erde gebettet werden. Ihr Anblick sollte als Warnung und Abschreckung dienen. Alle Dörfer, Flecken, die Widerstand geleistet hatten, lagen in Asche. In dem früher von Olivenhainen und Weingärten bedeckten Galiläa gab es kaum noch einen Ölbaum, kaum noch einen Rebstock. Noch einmal nach den ungeheuren Verlusten des Jüdischen Krieges waren die im Lande verbliebenen Überreste der früheren Bevölkerung aufs Schrecklichste dezimiert. Die gefangenen Aufständischen, mit ihnen Frauen und Kinder, hatten die Römer auf dem Markt an der ‹Terebinthe Abrahams› zu Mamre und auf dem Sklavenmarkt in Gaza verkauft. Viele von ihnen waren nach Ägypten getrieben worden. Monatelang noch machten römische Kommandos Jagd auf Geflüchtete und Versprengte, die sich in Tälern und Höhlen verborgen hielten.»
Der Aufstand kostete ca. 530 000 Juden das Leben. An den Folgen des Krieges sind schätzungsweise weitere 500 000 Juden gestorben. Hadrian liess den Tempelberg umpflügen, damit jede Erinnerung an das Heiligtum erstickt werden würde. Ohne sein Wissen erfüllte er so die Vorhersage des Propheten Micha: «Darum wird euretwegen Zion als Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden» (Mi 3,12).
Auf dem Platz des früheren Heiligtums wurde ein Jupitertempel gebaut. Jerusalem wurde von Hadrian in Aelia Capitolina umbenannt. Einem Juden wurde es unter Todesstrafe verboten, den Boden Jerusalems zu betreten. Gleichzeitig setzte eine schwere Glaubensverfolgung ein. Hadrian wollte mit der Ausrottung des jüdischen Glaubens auch die Existenz des auserwählten Volks beenden. In dieser Zeit wurde der Begriff «Palästina» geboren. David Dolan schreibt dazu: «Judäa erhielt den lateinischen Namen ‹Syria Palaestine›, woraus später die uns geläufige Bezeichnung ‹Palästina› wurde. ‹Palästina› heisst ‹Land der Philister›. Mit dieser Bezeichnung sollte jede jüdische Beziehung zu dem Land, das der Gott Israels sein Eigentum nennt, ausgetilgt werden.»
c)    Die Zertretung Jerusalems in den Zeiten der Nationen. Damit begann für Jerusalem eine nahezu 2000-jährige Geschichte der Zertretung und Verwüstung. Obwohl auch während dieser Zeitspanne Juden in Jerusalem wohnten, wurde es buchstäblich von den Nationen zertreten:
70: Zerstörung Jerusalems durch Titus.
135: Zerstörung Jerusalems durch Hadrian. Die Stadt wird gepflügt.
614: Die Perser verwüsten Jerusalem.
629: Byzanz erobert Jerusalem zurück. 638: Eroberung durch muslimische Araber.
1071: Eroberung durch die Seldschuken.
1099: Eroberung durch die Kreuzfahrer.
1187: Eroberung durch Sultan Saladin.
1244: Eroberung durch die Tataren.
1250: Mamelucken erobern Jerusalem.
1517: Eroberung durch das Osmanische Reich.
1917: Eroberung durch die Briten im Ersten Weltkrieg.
1948: Ost-Jerusalem wird von Jordanien erobert.
Es gibt wohl keine vergleichbare Stadt in der Weltgeschichte, die so viel an Leid und Krieg erlebte wie Jerusalem. 1852 stellte der Geograf Arthur Stanley fest, dass die heutige Stadt auf Ruinen und Trümmern gebaut ist. Diese Trümmerschicht reicht 30 bis 40 Fuss (9–12 m) unter die heutigen Fundamente. Aber schon seit dem Jahr 1844 waren die Juden nachweislich die grösste Bevölkerungsgruppe in Jerusalem. Damit steht unumstösslich fest, das Jerusalem selbst während seiner Zertretung durch die Nationen nie eine echte arabische Stadt gewesen ist, sondern nur unter arabischer Besatzung stand.
1948 wurde Israel ein unabhängiger Staat. Entgegen der Zusicherung Jordaniens blieb den Juden aber der Gang in die Altstadt und zur Klagemauer verwehrt. Die Jordanier verwehrten aber nicht nur Israel den Zugang zur Klagemauer, sondern schändeten auch bewusst jüdische Einrichtungen. Leonard J. Davis schreibt dazu: «Jordanien hat in Wirklichkeit diese Stätten entweiht. Um den Tourismus zu fördern, genehmigte König Hussein den Bau einer Strasse zum Hotel ‹Intercontinental› quer über den Ölberg-Friedhof. Hunderte von jüdischen Gräbern wurden wegen einer Schnellstrasse zerstört, die ebenso gut anderswo hätte gebaut werden können. Die Grabsteine, die man einst zu Ehren von Rabbinern und Weisen gesetzt hatte, wurden von der jordanischen Arabischen Legion zu Fundamenten, Mauern, Pflaster und Latrinen einer Militärstation verarbeitet (Inschriften auf diesen Steinen sind heute noch lesbar). Einige der Steine wurden auch für den Bau der Gartenmauer um das Hotel herum benutzt. Über einigen Gräbern baute man eine kleine Moschee. Auf ähnliche Weise wurde der jüdische Friedhof in Hebron zerstört. Die alten jüdischen Viertel Jerusalems wurden verwüstet. Dabei wurden auch 34 Synagogen zertrümmert, von denen einige mehrere Jahrhunderte alt waren. Arabische ‹Hausbesetzer› kamen von Hebron und verwandelten die jüdischen Viertel in einen Slum. Die Westmauer (Klagemauer) wurde durch Elendsquartiere und Latrinen entweiht. Zwei grosse Einrichtungen – das Hadassah-Hospital und die Hebräische Universität – blieben auf der Spitze des Mont Scopus 20 Jahre unbenutzt.»
Jordanien eroberte und besetzte im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 Ostjerusalem zusammen mit der Westbank völkerrechtswidrig. Trotzdem forderte bis 1967 niemand einen «unabhängigen Palästinenserstaat» mit der Hauptstadt Jerusalem. Diese Forderung wurde erst erhoben, nachdem die Altstadt Jerusalems wieder unter jüdischer Kontrolle war.
Das aufleuchtende Ende der Zeiten der Nationen
a)     Die Rückeroberung Jerusalems 1967. In den Morgenstunden des 7. Juni 1967 drangen die israelischen Truppen unter grossen Verlusten mit einem Zangenangriff immer tiefer in die Altstadt von Jerusalem vor. Die eigene Absicherung vergessend fühlten sich die kämpfenden Soldaten plötzlich zum Tempelberg hingezogen. Zum ersten Mal seit der Tempelzerstörung fiel dieses Herzstück Jerusalems wieder dauerhaft in jüdische Hände. Es sind tief bewegende Filmaufnahmen und Bilder, wie dort junge Soldaten tränenüberströmt an der Klagemauer standen und beteten. Obwohl viele von ihnen noch niemals an diesem Ort waren, wussten sie doch, dass er untrennbar zu ihrem Volk und der Geschichte Israels gehört. Nach nahezu zwei Jahrtausenden ertönte vor den Resten der westlichen Tempelumfassungsmauer wieder das Schofarhorn und mitten in den Kampfhandlungen wurde die israelische Hymne angestimmt.
Genauso wie ein römischer Soldat 70 n.Chr. den Tempel gegen den Willen seines Feldherrn in Brand steckte, eroberte Israel auch 1967 die Altstadt Jerusalems gegen die eigene Planung zurück. L.J. Davis schreibt dazu: «Am zweiten Tag des Sechstagekrieges ignorierte Hussein die israelische Auffassung, sich aus diesem Krieg herauszuhalten. Schliesslich eröffnete er das Feuer auf Jerusalem und verlor beim Gegenangriff der Israelis die Altstadt.»
Gershon Solomon, Professor für orientalische Studien an der Hebräischen Universität in Jerusalem, gehörte zur ersten Fallschirmspringereinheit, die im Sechstagekrieg auf den Tempelberg vorstiess. Er erzählt, wie er als erstes zum Felsendom (wo das Zentrum des Tempels war) ging und dort wie ein Kind zu weinen anfing. Die anderen Soldaten, die um den Felsen herumstanden, taten dasselbe. Dann berichtet er: «Wir konnten uns nicht mehr beherrschen. Wir standen während Stunden auf dem Tempelberg – wir konnten nicht mehr weggehen. Man kann das nicht nachvollziehen, welch ein Moment das für uns war! Dieser Ort ist der Ort des Tempels. Der Tempel ist das Herz und die Seele des jüdischen Volkes. Ich fühlte mich so nahe bei Abraham, Isaak, Jakob, König David und bei den Propheten. Es war der wichtigste Tag meines Lebens, und dieses Erlebnis prägt nun jeden Augenblick meines Lebens. Ich fühlte, dass wir eine ganz besondere Mission erfüllt hatten, eine Mission, auf die alle Generationen, seit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70, gewartet hatten, dass wir sie erfüllen würden.»
Mit der Rückeroberung Jerusalems beginnt das Ende der Zeiten der Nationen aufzuleuchten. Obwohl Jerusalem nun wieder in jüdischer Hand ist und 1980 durch Israels Parlament zur ewigen Hauptstadt erklärt wurde, bleibt es im gewissen Sinn doch noch durch die Nationen zertreten. So liess Moshe Dayan am 7. Juni 1967 die israelische Fahne, die Soldaten auf dem Felsendom gehisst hatten, wieder einholen und unterstellte später den Tempelberg aus pragmatischen Überlegungen der Hoheit Jordaniens. Damit trug er ohne sein Wissen zur Erfüllung der Worte Jesu bei. Auch die antichristliche Entweihung des dritten Tempels (Dan 9,27; Offb 11,2) und das Eindringen feindlicher Heere in Jerusalem auf dem Höhepunkt der grossen Trübsal (Sach 14,1-2) wird ein letztes Aufbäumen der Zertretung Jerusalems durch die Nationen sein. Abgeschlossen wird diese Zertretung mit der sichtbaren Wiederkunft Jesu und der damit verbundenen Errettung Israels.
b) Die Rückeroberung Jerusalems und die endzeitlichen Entwicklungen. Wie erwähnt beginnt mit der Rückeroberung Jerusalems durch Israel das Ende der Zeiten der Nationen aufzuleuchten. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, welche weltweit endzeitlichen Entwicklungen um das Jahr 1967 einsetzten. Kurz vor oder nach diesem Datum wurden das Ausreifen des Bösen und der damit verbundene endzeitliche Abfall weltweit so deutlich, wie noch nie zuvor. Alexander Seibel zählt dazu folgende Fakten auf:
Moralischer Abfall
1965: Zeit der Beatlemania.
1966: Beginn der Sexwelle in Kalifornien.
1968: Studentenunruhen, Sexualerziehung als Programm der Neomarxisten an deutschen Schulen.
1968: Gründung der NARAL zur Legalisierung der Abtreibung in USA.
1969: Beginn der homosexuellen Lobby in den USA mit dem «Christopher
Street Day».
Okkultismus, fernöstliche Einflüsse, Drogen
1966: Die Gesellschaft für internationales Hare-Krishna-Bewusstsein wird gegründet.
1966: In Kalifornien wird die erste Satanskirche gegründet.
1966: Die TV-Serie Raumschiff Enterprise startet, die das Interesse für die Begegnung mit Ausserirdischen (Geistern) weckte.
1967: «Psychodelic Summer» in England, angeregt durch die Beatles begann eine psychedelische bzw. die Drogenwelle (Bewusstseinserweiterung und Meditation).
1967: Das Pop-Musical Hair (Beschwörung des Wassermanzeitalters) ist wegweisend für New-Age-Bewegung.
1967: Vermutlich das erste Mal wurde durch das kanadische Fernsehen amerikaweit eine spiritistische Sitzung übertragen. In dieser Zeit begann die okkulte Welle.
1968: Der Film Rosemaries Baby wurde gedreht (handelt von Besessenheit).
1968: Doktorarbeit von Carlos Castanedas über die Bewusstseinserweiterungs- Kenntnisse der indianischen Ureinwohner Mexikos (Kultbuch der Hippiebewegung).
1968: Im Umkreis der Protest- und Hippiebewegung kommen Tolkiens Fantasybücher zum Durchbruch.
Rebellion und politische Umwälzungen
1966: Havanna: Trikontinentale Konferenz zur Internationalisierung des Terrorismus.
1966: Beginn der grossen proletarischen Kulturrevolution in China.
1967: Albanien erklärt sich zum ersten atheistischen Staat der Welt.
1967: Geburtsstunde des deutschen Terrorismus.
1968: Gründung der Roten Brigade in Italien.
1968: Beginn des Bürgerkrieges in Nordirland.
Fromme Verführung
1967: Beginn der katholisch-charismatischen Bewegung.
1968: Die neue Theologie von Uppsala hat sich endgültig im Ökumenischen Rat der Kirchen durchgesetzt.
1968: Beginn der christlichen Rockmusik.
Feminismus
1966: Ordination der ersten Pfarrerin in Schleswig-Holstein
1966 gründet Betty Friedan NOW National Organization for Women
1969: Beginn der feministischen Bewegung in Berlin.
Psychologie und Pädagogik
1969 Durchbruch des Standardwerkes der Antiautoritären Erziehung von A. S. Neil, Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung. Das Beispiel Summerhill.
1967: Welle der Gruppendynamik breitet sich aus.
1968: Verlagerung in der Seelsorge/ Pastoralpsychologie von der Christusverwirklichung zur Selbstverwirklichung.
Die Auflistung dieser Fakten soll uns nicht lähmen oder zur geistlichen Resignation führen. Vielmehr wird daran deutlich, dass wir mit der Rückeroberung Jerusalems und den damit verbundenen Endzeitentwicklungen wirklich kurz vor dem Abschluss der «Zeiten der Nationen» stehen. Zugleich wird damit auch deutlich, wie die internationale Völkergemeinschaft um dieses Datum herum in einer noch nie vorher da gewesenen Weise für das göttliche Gericht reif wurde.
c)    Jerusalem im Zentrum des Weltgeschehens. Wie schon erwähnt, werden die letzten Ereignisse um Jerusalem auch einmal in Zusammenhang mit der sichtbaren Wiederkunft Jesu stehen. In Sacharja 12,1-3 steht: «Ausspruch, Wort des Herrn über Israel. Es spricht der Herr, der den Himmel ausspannt und die Grundmauern der Erde legt und den Geist des Menschen in seinem Inneren bildet: Siehe ich mache Jerusalem zu einer Taumelschale für alle Völker ringsum. Und auch über Juda: Es wird in Bedrängnis geraten zusammen mit Jerusalem. Und es wird geschehen an jenem Tag, da mache ich Jerusalem zu einem Stemmstein für alle Völker: alle, die ihn hochstemmen wollen, werden sich wund reissen. Und alle Nationen der Erde werden sich gegen es versammeln.»
Mit der Altstadt Jerusalems hat 1967 nicht nur das jüdische Volk sein Herzstück zurückgewonnen. Jerusalem ist seither für die arabisch-islamischen Völker zum Ärgernis geworden, da es nicht mehr unter ihrer Kontrolle oder der Verwaltung der UNO steht, sondern von den «jüdisch-zionistischen Feinden» kontrolliert wird.
Im Islam gilt Jerusalem als das drittwichtigste Heiligtum nach Mekka und Medina. Im 7. Jahrhundert wurden die Al-Aqsa-Moschee und der Felsendom auf dem ursprünglichen Tempelplatz gebaut. Allerdings wird Jerusalem kein einziges Mal namentlich im Koran erwähnt, auch nicht mit seiner arabischen Bezeichnung Al Quz. Im Gegensatz dazu finden wir es in der Bibel über 800-mal namentlich erwähnt. Mohammed soll nach der islamischen Überlieferung seinen im Koran beschriebenen Himmelsritt von dem Felsen im Felsendom aus begonnen haben. Faktisch hat aber Jerusalem unter islamischer Herrschaft niemals als Reichs- oder Provinzhauptstadt gegolten. So wurde dort auch keine bedeutende islamische Schule errichtet, obwohl es die Moslems als Heiligtum verehren.
Vor 1967 lehnte Jordanien eine Internationalisierung Jerusalems ausdrücklich ab. Am 6. Dezember 1949 gab der jordanische Delegierte folgende Information an das UN Ad Hoc Political Commitee: «Meine Delegation glaubt, dass keine einzige Form der Internationalisierung (…) irgendeinen Sinn hat, dass die heiligen Stätten unter dem Schutz und der Kontrolle meiner Regierung absolut sicher sind. Es besteht durchaus keine Notwendigkeit für ein eigenständiges Regime.» Die Internationalisierung Jerusalems wird erst von den Arabern und Muslimen eingefordert, seit die Altstadt wieder in jüdischer Hand ist. Und dies, obwohl die Muslime freien Zugang zu ihren Heiligtümern in Ostjerusalem haben.
1967 war die westliche Stimmung insgesamt noch sehr proisraelisch. So wurde die Jerusalemfrage zunächst nur zu einem Ärgernis für die arabischislamischen Nachbarvölker. Und damit wurde Wirklichkeit, was der Prophet Sacharja in seinem 12. Kapitel vorausgesagt hat (V 2). Jerusalem wurde nach dem Sechstagekrieg zur Taumelschale für die arabischen Völker (ringsum). 1994 bekam Jassir Arafat zusammen mit Shimon Perez und Jitzhak Rabin den Friedensnobelpreis verliehen. Im Dezember 1994 erklärte der Friedensnobelpreisträger Arafat in Gaza: «Wir werden auf jeden Quadratzentimeter palästinensischen Boden, den wir von den zionistischen Feinden zurückerobert haben, unseren Palästinenserstaat errichten, doch Jerusalem ist das Hauptziel unseres Heiligen Krieges.»
Der Islam wird seinen Anspruch auf Jerusalem niemals aufgeben. So versuchen islamische Geistliche bis heute, die geschichtliche Tatsache des jüdischen Tempels auf dem Tempelberg zu leugnen. Während eines Israelaufenthaltes, ich glaube es war im Jahr 2000, konnte ich in einer Zeitung lesen, wie der Grossmufti von Jerusalem schamlos behauptete, dass kein Stein der Klagemauer auch nur irgendetwas mit jüdischer Geschichte zu tun habe. Vielmehr sei es die Mauer gewesen, an der Mohammed vor seinem Himmelsbesuch sein Pferd festgebunden habe.
Al Quz (arabischer Name für Jerusalem) wurde seit dem 7. Juni 1967 zu einer Taumelschale oder Schwelle des Strauchelns (siehe Fussnote in der rev. Elb. Übers.) für die islamischen Nachbarvölker.
Am 8. Oktober 1990 kam es zu dem blutigen Zusammenstoss zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften auf dem Tempelberg. Zweiundzwanzig Menschen wurden dabei getötet. Ausgelöst wurde dieser Zusammenstoss durch Palästinenser, die vom Tempelberg aus Steine und mit Rasierklingen gespickte Kartoffeln auf die betenden Juden vor der Klagemauer warfen. Wie man im Nachhinein festgestellt hat, wurden diese Unruhen vom Irak aus inszeniert, um von der Golfkrise abzulenken. Als Folge davon wurde Israel zum ersten Mal in seiner Geschichte durch eine UNO-Resolution vollständig isoliert. Selbst die USA stimmte nicht gegen diese Resolution. Spätestens dadurch wurde offensichtlich, wie Jerusalem nicht nur eine «Stolperschwelle» für die islamischen Staaten, sondern auch zum Stemmstein für alle Völker wird.
Dies schlug sich dann auch in den Friedensgesprächen von Madrid nieder (30.10. – 03.11.1991), die auf Druck der USA und ihrer Alliierten als Folge des II. Golfkrieges zustande kamen. Im Oslo-Abkommen 1993 wurde die Jerusalemfrage ebenfalls wieder berührt. Die Verhandlungen über den endgültigen Status von Jerusalem sollten drei Jahre später beginnen. Obwohl diese Verhandlungen bis heute nicht stattgefunden haben, wird dadurch trotzdem deutlich, welche zentrale Bedeutung und welche Sprengkraft die Jerusalemfrage für den Nahen Osten und die gesamte Welt innehat. Auch der Ausbruch der zweiten Intifada im Herbst 2000 stand in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Tempelberg.
In Micha 4,11-12 lesen wir: «Aber jetzt! Da haben sich viele Nationen gegen dich versammelt, die sagen: Sie werde entweiht! und: Unsere Augen sollen an Zion (Jerusalem) ihre Lust sehen! Aber sie kennen nicht die Gedanken des Herrn und verstehen seinen Ratschluss nicht, dass er sie gesammelt hat wie Garben auf der Tenne.» Jerusalem rückt immer mehr in den Brennpunkt des Weltgeschehens. Ob sich die Ereignisse um die Stadt Gottes weiterhin beschleunigen oder noch einmal verzögert werden, müssen wir unserem Herrn überlassen. Nach dem prophetischen Zeugnis wird im Konflikt um diese Stadt aber letztendlich die sichtbare Wiederkunft Jesu stattfinden.
Jerusalem, der Stemmstein für alle Völker. Das soll uns nicht lähmen oder ängstigen. Vielmehr soll es uns dankbar machen, dass wir Augenzeugen von Gottes Handeln mit Seinem Volk Israel inmitten einer gottfeindlichen Menschheit werden. Wir wollen nicht spekulieren, wie und was alles kommen wird. Aber Gott steht zu Seinem Wort. Seine unverbrüchliche Treue zu Seinem Wort können wir auch an der Jerusalemfrage erkennen. Es ist offensichtlich, wie sich in unserer Zeit Jahrtausende alte Prophezeiungen zu erfüllen beginnen. Weil Gott so treu zu Seinem Wort und zu Seinen Verheissungen steht, können wir selbst nichts Besseres tun, als uns mit unserem ganzen Leben unter Sein Wort zu stellen. Dann stehen wir unter Seiner Treue!
Die Ereignisse um Jerusalem seit 1967 wollen uns aber aus biblischer Perspektive auch einen wachsamen Blick schenken, damit wir den endzeitlichen Abfall und die damit verbundenen Verführungen als solche erkennen können und uns nicht davon mitreissen lassen. Und schliesslich leuchtet hinter dem nahenden Ende der Zeiten der Nationen die Wiederkunft Jesu auf. Deshalb wollen wir angesichts der Entwicklungen nicht die Flinte ins Korn werfen, sondern in Vorfreude auf Sein Kommen Ihm treu dienen und Ihn durch unser alltägliches Leben ehren. So wie es unser Herr Jesus in Lukas 21,28 Seinen Jüngern angesichts der endzeitlichen Entwicklungen gesagt hat: «Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blickt auf und hebt eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht.» Deshalb haben wir als Nachfolger Jesu allen Grund dazu, uns gegenseitig mit dem Zuruf zu ermutigen: «Kopf hoch, unser Herr kommt bald!»
Von Johannes Pflaum