„Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Drangsal; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ (Johannes 16:33).
„Denn dann wird eine grosse Drangsal sein, wie von Anfang der Welt an bis jetzt keine gewesen ist und auch keine mehr kommen wird.“ (Matthäus 24:21).
Ich erhalte regelmässig eine Frage von Leuten, die sagen, dass sie die Vorentrückungslehre nicht akzeptieren können, obwohl diese Lehre biblisch gesehen Sinn macht, weil Jesus gesagt hat, dass wir in dieser Welt Drangsal haben werden, und das muss bedeuten, dass die Gemeinde zumindest durch den ersten Teil der Drangsal gehen muss. Wenn diese Leute das sagen, dann denken sie an die ersten 3 ½ Jahre.
Lassen Sie uns das klären. Eine siebenjährige Drangsal wird nirgendwo in der Bibel erwähnt. Gemäss der Konkordanz erscheint das griechische Wort, das in diesen zwei Bibelstellen mit Drangsal übersetzt wird, 45 Mal im Neuen Testament, und davon wird es 21 Mal mit dem deutschen Wort Drangsal übersetzt, inklusive den zwei obigen Bibelstellen. Es kommt von einer Wurzel, die „pressen“ bedeutet, wie zum Beispiel Trauben gepresst werden. Wenn es metaphorisch gebraucht wird, kann es Unterdrückung, Bedrängnis, Drangsal, Leiden, Elend oder Probleme bedeuten. Aber obwohl Drangsal das Wort ist, das in beiden Versen erscheint, ist ihre Bedeutung trotzdem völlig unterschiedlich.
Was bedeutet das?
In Johannes 16:33 hat Jesus in Wirklichkeit gesagt, dass ein Gläubiger zu werden nicht bedeutet, dass alle Probleme und Leiden damit vorbei sind. Leiden sind eine Eigenschaft dieser Welt, und solange wir in der Welt sind, werden wir sie haben. Aber Er hat diese Welt überwunden, und durch den Glauben an Ihn werden auch wir sie überwinden.
Er hat sich auf die Tatsache bezogen, dass wir aufgrund unseres Glaubens auch in schwierigen Zeiten Frieden haben können (Philipper 4:4-7). Erstens, weil wir wissen, dass Er alles in unserem Leben zu unserem Besten geschehen lässt (Römer 8:28), und Zweitens, weil dies alles eines Tages vorüber sein wird und wir in einem Zustand des ewigen Friedens und Freude mit Ihm leben werden. Darum sollten wir uns auf diese zukünftige Welt fokussieren, und nicht auf die momentane Welt (2. Korinther 4:16-18). Wenn Sie die Bibelstelle im Zusammenhang lesen, können Sie erkennen, dass Johannes 16:33 für das ganze Gemeindezeitalter gemeint ist und Einzelpersonen und unsere individuellen Leben anspricht.
Etwas anderes
Aber Matthäus 24:21 ist etwas völlig anderes. Es bezieht sich auf eine spezifische Zeitperiode, die nach dem Gräuel der Verwüstung beginnt (Matthäus 24.15) und unmittelbar vor dem 2. Kommen endet (Matthäus 24:29). Und Jesus hat dem Wort Drangsal noch das Wort „grosse“ hinzugefügt, womit Er sagt, dass in der Geschichte der Welt noch nichts Vergleichbares stattgefunden hat oder jemals wieder stattfinden wird. Aus anderen Bibelstellen wissen wir, dass die grosse Drangsal 3 ½ Jahre dauern wird und viel härter sein wird, als sich das jemand vorstellen kann. So sehr, dass kein einziger Mensch überleben würden, wenn der Herr nicht zurückkommen und dem ein Ende setzen würde (Matthäus 24:22).
Was die Bibel betrifft, gibt es also zwei Arten von Drangsal. Die Erste ist der allgemeine Zustand unserer gefallenen Schöpfung. Bedrängnis, Krankheiten, Verfolgung, andere Arten von unfairer Behandlung und ein allgemeiner Zustand der Unsicherheit charakterisieren unsere Welt. Das sind Tatsachen des menschlichen Lebens, die alle Menschen in allen Zeitaltern mehr oder weniger betroffen haben. Das ist die Drangsal, von der Jesus in Johannes 16:33 gesprochen hat. Von den 21 Mal, in denen das Wort Drangsal im Neuen Testament erscheint, sind 16 von ihnen in diesem Zusammenhang.
Dann ist da noch die grosse Drangsal. 3 ½ Jahre der extremen Gerichte, die nur über eine Generation fallen werden, die Generation, die unmittelbar vor dem 2. Kommen von Jesus Christus am Leben ist. Das ist der Fokus von Matthäus 24:21 und nur noch vier anderen Versen (Matthäus 24:29; Markus 13:24; Off. 2:22, Off. 7:14). Wir können erkennen, dass die Bedingungen dieser zwei Arten der Drangsal sehr unterschiedlich sind. Wann immer das Wort Drangsal erscheint, bezieht es sich auf eine dieser zwei Arten, und Sie wissen, um welche es sich handelt, wenn Sie den Zusammenhang betrachten, in welchem das Wort gebraucht wird. Aber dieses Wort beschreibt nie die ganzen 7 Jahre vor dem 2. Kommen von Jesus Christus.
Woher kommt das?
Woher kommt dann das Konzept einer siebenjährigen Drangsal? Nun ja, wenn es nicht von Gott kommt, dann muss es von den Menschen kommen. Als ich das recherchiert habe, konnte ich nicht herausfinden, wer dieses Konzept als erstes gelehrt hat, aber ich glaube, dass es in der Zeit begonnen hat, in der auch die belesensten Gelehrten nicht realisiert haben, dass Israel wiedergeboren werden würde. Und sie haben auch nicht verstanden, dass das Zeitalter der Gnade nicht dem Zeitalter des Gesetzes gefolgt ist, sondern dass es das Zeitalter des Gesetzes sieben Jahre vor deren Vollendung unterbrochen hat. Darum hat es keinen Sinn gemacht, die letzten 7 Jahre mit ihrem alttestamentlichen Namen – 70. Jahrwoche von Daniel – zu nennen, weil das bedeutet hätte, dass Israel aus den Toten zurückkommen und ihre Rolle in der Endzeit spielen würde. Das ist etwas, wovon die meisten Gelehrten geglaubt haben, dass es nicht passieren würde.
Trotzdem gab es 7Jahre, die benannt werden mussten. Die letzten 3 ½ Jahre waren einfach, Jesus hat sie bereits die grosse Drangsal genannt (Matthäus 24.24). Das hat dann nur noch die ersten 3 ½ Jahre übriggelassen. Diese wurden unterschiedlich genannt, zum Beispiel Beginn der Leiden oder falscher Frieden oder Drangsalsperiode, aber schliesslich haben Gelehrte fälschlicherweise begonnen, die ganze siebenjährige Zeitperiode Drangsal zu nennen, mit der zweiten Hälfte als grosse Drangsal. Da die Entrückung stattfindet, bevor die 7 Jahre beginnen, wurde dies auch falsch bezeichnet. Anstatt vor der Drangsal ist es in Wirklichkeit vor der 70. Jahrwoche.
Was ist nun das Problem?
Andere Fragen, die ich erhalten habe, betreffen die Folgen dieser fehlerhaften Interpretation. „Warum spielt es eine Rolle“, fragen sie. Es spielt eine Rolle, weil es nicht biblisch ist. Und zudem ist es verwirrend, wie Fragen, die ich bezüglich der Endzeit erhalte, zeigen. Viele Leute unterscheiden nicht zwischen diesen zwei Anwendungen des Wortes Drangsal und gebrauchen Johannes 16:33 und ähnliche Bibelstellen fälschlicherweise, um die Vorentrückung zu verneinen.
Apostelgeschichte 14:21-22 ist zum Beispiel eine weitere Bibelstelle, die manchmal benutzt wird, um die Vorentrückung in Frage zu stellen: „Und nachdem sie in dieser Stadt das Evangelium verkündigt und eine schöne Zahl Jünger gewonnen hatten, kehrten sie wieder nach Lystra und Ikonium und Antiochia zurück; dabei stärkten sie die Seelen der Jünger und ermahnten sie, unbeirrt im Glauben zu bleiben, und [sagten ihnen,] dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen müssen.“ (Apg. 14:21-22).
Paulus und Barnabas haben neue, heidnische Konvertiten ermutigt, den Glauben trotz der Leiden und der Verfolgung, denen sie ausgesetzt waren, zu bewahren, wodurch sie gesagt haben, dass es etwas ist, das sie als Folge ihrer Bekenntnis des Glaubens erwarten sollten. Die Berichte über die momentane Bedrängnis der Christen in Indien, Indonesien oder China zeigen uns, dass diese Dinge immer noch in der Welt geschehen. Sogar in Amerika gewöhnen wir uns daran, zwei Dinge zu sehen, die die Verfassung verbietet: Verfolgung von Christen und die Förderung von anderen Religionen. Aber genauso wie es in den Tagen von Paulus war, hat das nichts mit der grossen Drangsal zu tun, sondern mit der religiösen Verfolgung.
Wenn man sich auf die 70. Jahrwoche von Daniel (welche Israel betrifft) als die Drangsal (welche weltweit ist) bezieht, verbirgt man dadurch die Tatsache, dass Israel und die Gemeinde während dieser Zeit nicht miteinander existieren können. Deshalb realisieren viele Christen nicht, dass der Fokus von Gott während der Drangsal auf Israel sein wird, mit ihrem Tempel des alten Bundes, den Tieropfern, dem Halten der Gebote und allen jüdischen Dingen. Wie können das Zeitalter des Gesetzes und das Zeitalter der Gnade zur gleichen Zeit am gleichen Ort existieren, wenn diese zwei theologisch nicht vereinbar sind? Das ist vielleicht der zwingendste Grund für eine Entrückung vor der 70. Jahrwoche von Daniel.
Wir sind nicht mehr da
In Römer 11:25-27 sagt Paulus, dass Israel teilweise Verstockung widerfahren ist, bis die Vollzahl der Heiden eingegangen ist, aber danach wird Israel gerettet. Das griechische Wort für Verstockung bedeutet auch verblendet. Das ist ein klarer Hinweis, dass das unvollendete Werk Gottes mit Israel erst vollendet werden wird, wenn Er mit der Gemeinde fertig ist. Wir wissen, dass Er erst bei der Entrückung mit uns fertig sein wird. Bis dahin wird Israel für die Wahrheit zumindest teilweise verblendet sein, genauso wie Jesus in Lukas 19:41-44 gewarnt hat.
Diese Empfindung wurde auch beim Konzil von Jerusalem erwähnt, als Jakobus offenbart hat, dass Gott zuerst aus den Heiden ein Volk für Sich selber (die Gemeinde) annehmen wird, und danach würde Er sich wieder Israel zuwenden (Apg. 15:13-18). Im Griechischen bedeutet das Wort, das mit „annehmen“ übersetzt wurde, „annehmen, um wegzunehmen von“, und es ist ein weiterer Bezug zur Entrückung.
Diese zwei Bibelstellen werden nicht oft gebraucht, um die Entrückung vor der Drangsal zu verteidigen, weil sie von der Theologie hinter dem Verschwinden der Gemeinde sprechen, und nicht vom Ereignis selber. Aber sie sind extrem hilfreich, um die fehlende Woche von Daniel 9:24-27 in ihre richtige Perspektive zu setzen. Es sind die übriggebliebenen 7 Jahre von Gottes Auftrag an Israel, um sechs Aufgaben als Vorbereitung für das kommende Königreich zu vollenden, wie es in Daniel 9:24 aufgezeigt wird: „Über dein Volk und über deine heilige Stadt sind 70 Wochen bestimmt, um der Übertretung ein Ende zu machen und die Sünden abzutun, um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit herbeizuführen, um Gesicht und Weissagung zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.“
Die Aussage 70 Wochen bedeutet 70 Jahrwochen, oder 490 Jahre. Einige dieser Aufgaben wurden zumindest teilweise in den ersten 483 Jahren zum Zeitpunkt der Kreuzigung vollendet. Aber die Ablehnung des Messias durch Israel hat die Uhr 7 Jahre vor der Vollendung angehalten, und so sind die restlichen Dinge noch unvollendet. Diese 7 Jahre müssen erst noch vollendet werden, aber wie es Paulus und Jakobus beschreiben, wird die Uhr erst wieder zu laufen beginnen, wenn die Gemeinde verschwindet. Darum ist es für die Gemeinde so wichtig, alles über die 70. Jahrwoche von Daniel zu wissen. Es hilft uns zu verstehen, warum die Entrückung nicht während der 70. Jahrwoche stattfinden kann.
Die Bibel ist kein Buch von Allgemeinheiten, sie ist ein Buch der Details. Diese letzten 7 Jahre fehlen noch und müssen vollendet werden. Wenn Sie die Bibel wörtlich lesen, so wie es beabsichtig ist, dann gibt es keine Möglichkeit, dass diese 7 Jahre in der Vergangenheit platziert werden können. Sie sind ein Teil der Zukunft und werden nicht Drangsal genannt; sie werden die 70. Jahrwoche von Daniel genannt.
Von Jack Kelley